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Dorsoduro-Viertel

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Dorsoduro-Viertel in Venedig

Entdeckungsreise und Sehenswertes per pedes

Hier bereitet das Erkunden, bei einem schönen Spaziergang, mit am meisten Vergnügen. Es geht ruhiger zu - eine Ausnahme bildet tagsüber freilich die Umgebung der Accademia und des Peggy Guggenheim-Museums - und es atmet sich freier. Die Zattere im Süden, im Sonnenlicht dösende breite Kais, laden mit ihren zahlreichen Pontons zum Siestahalten oder Bräunen ein.

Galleria dell-Accademia: Campo della Carità; Vaporettolinie 1 (Station »Accademia«); T. 522 22 47; Einlaß unter der Woche von 9-14h, sonn- und feiertags von 9-13h. Nur wer jünger als achtzehn Jahre ist, kommt um den hohen Eintritt herum. In der Hauptsaison darf man sich auf lange Warteschlangen gefaßt machen, da aus Sicherheitsgründen immer nur ein bestimmtes Kontingent an Besuchern durchgeschleust wird. Aber nur nicht den Mut verlieren: das schönste Museum Venedigs weist einige Preziosien der Kunstgeschichte auf, die sich gegenseitig geradezu erschlagen. Ein Glück, dass immer ein paar Säle vorübergehend geschlossen sind - etwa um gegen eine Überfütterung vorzubeugen

Gleich am Eingang stolpert man über den »Politico con scene vita di Gesu« (1333), ein Polyptychon Paolo Venezianos und zugleich eines der allerersten datierten Werke überhaupt. Es folgt die »Krönung der Jungfrau im Paradies« von Michele Giamboni: hier die sichtlich bewegten Heiligen auf den Flügeln würdigen. Sehenswert auch das Retabel von Lorenzo Veneziano.

Weitere herausragende Gemälde: »Madonna dell'Arancio« von Cima da Conegliano;, »Madonna in trono con bambino e santo Sebastiano« von Giovanni Bellini - das goldene, diffuse Licht erinnert an den Markusdom von Giorgione »Das Gewitter« - mit seiner erotisch-rätselhaften Atmosphäre, welche die sonderbar und entfremdet wirkenden Personen ganz umhüllt - und »Die Alte«. Eine Aufzählung der Werke Bellini;s würde den Rahmen unserer Beschreibung sprengen. Erwähnt sei noch Hans Memlings »Bildnis eines jungen Mannes« und Mantegnas »San Giorgio«. Von Gentile Bellini »Ansichten von Venedig«, namentlich eine »Prozession vor dem Hintergrund des Markusdoms«.

In der Großen Kapelle, der ehemaligen Kirche Santa Maria della Carità, das bemerkenswerte Oeuvre »San Girolamo e San Agostino« von Carlo Crivelli und die dahinter nicht zurückstehenden Werke »St. Matthäus«, »Madonna mit Kind und der Hl. Anna« usw. von Alvige Vivarini. Noch ein Vivarini, diesmal aber mit Vornamen Bartolomo, hat der Nachwelt eine faszinierende »Madonna mit Kind und Hl. Andreas, Johannes dem Täufer, Hl. Ambrosius, Hl. Petrus« hinterlassen. Sodann vier Triptychen von Giovanni Bellini und Bottega.

Tiepolo, einer der namhaftesten venezianischen Maler im 18. Jh., ist u.a. vertreten mit »Diana und Aktäon«, der »Entführung der Europa« ' einem ausgezeichneten Jugendwerk - sowie mit »Diana und Callisto«. Gegenüber einer der wenigen Guardi, die Venedig erhalten geblieben sind: »Incendio a San Marcuola«.

Mehrere Porträts Tintorettos, eine »Madonna mit Kind« von Tizian; und Gemälde Bassano;s, darunter die überraschend naturalistische »Anbetung der Hirten«. Auch »Das Gastmahl im Hause des Zöllners Levi« von Veronese lasse man sich nicht entgehen. Mit viel Sinn für die bunte Kulisse inszeniert, läßt es mondäne, prächtig gewandete Figuren ebenso zur Wirkung kommen wie groteske Kreaturen. Der Hund, angeblich ein Symbol für den Satan, trug Veronese eine Vorladung vor die Inquisition ein - wegen Gottlosigkeit.

Im langen Korridor zu Saal 11 fallen die »Entführung der Europa« von Francesco Zuccarelli; neben mehreren Landschaftsidyllen voller Poesie ins Auge.

In Saal 11 angelangt, bietet sich wieder die ganze Palette markanter Malkunst: großformatige Tiepolo;s, darunter eine »Kreuzaufrichtung« - die himmelangerichtete Bewegung übt auf die umstehenden Personen einen richtigen Sog aus. Veronese, der überragende Kolorist im 16. Jh., glänzt seinerseits mit Werken wie »Stigmatisierung des Hl. Franziskus«, »Die Hochzeit der Hl. Katharina« oder der außergewöhnlichen »Schlacht von Lepanto«. Der Ausgang der Seeschlacht zwischen der »Heiligen Allianz« und den Türken anno 1571, die die Vorherrschaft Spaniens im Mittelmeer begründete, scheint sich im Himmel zu entscheiden. Die Spiritualität Tintorettos findet ihren Ausdruck in der »Erschaffung der Tiere« - die rhythmische Pinselführung durchdringt auch hier das ganze Gemälde - und in der Darstellung »Ludwigs des Heiligen und des Hl. Georg«. Einen Moment sollte man auch vor der »Auferstehung des Lazarus« von Bassano innehalten.

Weiterer Höhepunkt unseres Rundgangs sind sicher die Carpaccio-Säle. Hier entfaltet sich die Historienmalerei in ihrer ganzen, oftmals gigantisch anmutenden Pracht. Während die dargestellte Architektur häufig zum Fantastischen neigt, sind zeitgenössische Kostüme und Dekor von geradezu fotografischer Wiedergabetreue. Nehmen wir z.B. die »Heilung eines Besessenen« (1494): das Besondere an diesem Gemälde ist sein dokumentarischer Wert; die exakte Wiedergabe der Architektur, der Gestik und der Kleidung zu jener Zeit in Venedig sind höchst aufschlußreich. So sieht man die alte hölzerne Zugbrücke vom Rialto und die trichterförmigen Schornsteine. Im selben Saal hängt auch die »Prozession der Hl. Kreuzreliquie auf dem Markusplatz« mit ihrer authentischen Wiedergabe des berühmten Platzes um das 15. Jh. Beachtlich auch der Gemäldezyklus der »Ursulalegende«, bestehend aus zwölf Tafelbildern.

Wir stehen nun in der großzügigen Vorhalle der Galleria (mit Audiovisionszentrum) und bewundern noch das monumentale Triptychon Antonio Vivarinis - des dritten in der Familie - und die Wandmalerei Tizians »Vorstellung Marias im Tempel«.