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Religion

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»Feuerwehr« des Papstes

Jesuiten: der bewegliche Orden

Hinter den Kulissen

Gegründet wurde der Jesuitenorden 1540, entstanden aus einer kleinen Gruppe, die Ignatius von Loyola in Paris um sich gescharrt hatte. Sie beschloß in Armut und Ehelosigkeit – die Weiber sind bekanntlich des Teufels – nach Abschluß ihrer Studien nach Jerusalem zu pilgern und dort unter den Moslems zu »wirken«. Sollte der Plan sich nicht binnen eines Jahres erfüllen lassen, so wollte sich die Truppe dem Papst zur Verfügung stellen. So geschah es dann auch 1538, da wegen Kriegsausbruchs keine Schiffe mehr nach Palästina segelten. Die generelle Verfügbarkeit für die Kirchenführung gilt bis heute. Sie findet ihren Ausdruck in einem besonderen Gehorsamsgelübde gegenüber dem Papst. Diese Verfügbarkeit macht die Stärke des Ordens aus. Da die Jesuiten quasi stets im Auftrag des Papstes handelten, entzogen sie sich weitgehend der Macht der Bischöfe und waren auch gegen die Inquisition gefeit, obwohl man Ignatius mehrmals vorlud. Zur Erfüllung seiner Aufgaben als »Feuerwehr« des Papstes mußte der Orden beweglich bleiben. Das bedeutete: kein Chorgebet, kein fester Wohnsitz (stabilitas loci), keine bestimmte Kleidung. Der Orden brach mit allem, was den Klöstern bisher heilig galt. Er kennt keine gemeinschaftlichen Gebetszeiten, keine herkömmlichen Klöster. Ihre Häuser, in denen sie wohnen und arbeiten, nennen die Jesuiten auch so. Der Papst konnte seine Truppe also an den verschiedenen Brennpunkten der Welt einsetzen, und derer gab es einige. So die Reformation, das Konzil von Trient und schließlich die Entdeckung ferner Erdteile. Besonders rege waren die Jesuiten auf dem Gebiet der Erziehung und der »Mission«, von gemeinen, mißgünstigen Kritikern auch Indoktrination, Zerstörung der eigenen Kultur und Brechen der Identität genannt. Überall gründeten sie Schulen, Kollegien und Internate für die – männliche – Jugend. Die weibliche, nur einer Rippe Adams entsprungen, soll gebären und kochen. In Lateinamerika bewirkten ihre wirtschaftlich erfolgreichen Indianersiedlungen, die »Reduktionen«, Neid und Feinseligkeit der spanischen Kolonisatoren und verwickelten sie in Auseinandersetzungen zwischen Spanien und Portugal.

Die Jesuiten: Forscher und Wissenschaftler

Eloquenz und Rhetorik der Jesuiten sind berühmt. Ein bemerkenswertes Exemplar mit derartigen Qualitäten brachten die Jesuiten gleich hier bei uns in der Nähe in St. Blasien hervor. Joseph hieß der fromme Zögling mit Vor- und Goebbels mit Nachnamen. Die starke Abhängigkeit vom Papst war zugleich auch eine Schwäche des Ordens, denn Klemens XIV. hob ihn 1773 aufgrund des Drucks der katholischen Länder kurzerhand auf. Kurioserweise überlebte er bis zu seiner Wiederherstellung 1814, weil das nichtkatholische Rußland die Inkraftsetzung des Aufhebungsdekrets untersagte oder auf – schlechtem – Deutsch: das Verbot verbot. Voilà. Die Abhängigkeit zeigte sich auch 1981, als Johannes Paul II. den schwer erkrankten Ordensgeneral dadurch brüskierte, dass er die Ernennung dessen Stellvertreters für nichtig erklärte und selbst einen ihm genehmeren Delegaten einsetzte. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Ordens, aber die Jesuiten fügten sich. Das wirft die Frage nach dem vielzitierten »Kadavergehorsam« auf, von dem die »Regel« der Jesuiten spricht. Als vor einiger Zeit eine Schülergruppe den Nestor der katholischen Soziallehre, Oswald von Nell-Breuning, besuchte, damals immerhin schon im biblischen Alter von hundert Jahren, bezeichnete dieser den Gehorsam als Grundvoraussetzung für das Ordensleben. Auf die erstaunte Frage der Schüler, ob denn noch eine Freiheit im Orden möglich sei, antwortete der Greis, das sehe man ja an ihm. Diese undemokratische, autoritäre Haltung, der Eid auf eine Person und die Verwandtschaft zu bestimmten politischen Systemen dürfte wohl einem jeden bekannt vorkommen. Aber im Grunde spiegeln die Jesuiten nur die allgemeine autoritäre Struktur der Kirche wider. Wir verweisen an dieser Stellen nochmals auf das Buch »Die Missionare« von Norman Lewis.

Neben Unterricht und Mission waren Forschung und Wissenschaften Domänen der Jesuiten. In der Astronomie verzeichnet die Mondgeographie 32 Namen von Jesuiten. In der Physik entdeckte F.M. Grimaldi (1613-1663) die Beugung des Lichts und die Brechung der Sonnenstrahlen durch das Prisma. Lorenzo Gusmao ließ noch vor Montgolfier einen Ballon steigen, ein unerhörtes Teufelswerk, für das die Inquisition ihn dann in den Karzer steckte. Die Erforschung Hinterindiens, Chinas und Tibets war großenteils Werk der Jesuiten. P. Barnabas Cobo (1582-1657) brachte die Vanille und die als Grundstoff für das Malariamittel Chinin dienende Chinarinde, damals auch Jesuitenrinde genannt, nach Europa.

Eine heikle und oft unrühmliche Tätigkeit der Gesellschaft Jesu war die an den europäischen Fürstenhöfen als Beichtväter. Im Spannungsverhältnis als »Agenten« des Papstes, Übernahme von geheimen diplomatischen Missionen für die Fürsten und Erlangung von Kenntnissen, die ihnen nicht zuletzt in der Beichte zu Ohren kamen, blieb das Beichtgeheimnis häufig auf der Strecke.