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Oberstadt

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In der historischen Oberstadt

In der Oberstadt konzentriert sich die Leidenschaft, aber auch das ganze Elend Alt-Salvadors, hier gewinnen Klischees und im Kopf vor unserer Brasilienreise gespeicherte Bilder eine bedrückende Realität.

Aus Sicherheitsgründen ist es ratsam, abends nicht zu weit in das Herz der Altstadt vorzudringen oder sich zumindest von einem brasilianischen Bekannten begleiten zu lassen.

Der Largo do Pelourinho

Das Herz der Altstadt bildet ein in Pastelltönen gehaltenes Ensemble von teilweise renovierten, teils verfallenen Gebäuden aus der Kolonialzeit, das ausgesprochen harmonisch wirkt. Hier residierten die früheren Zuckerbarone; von den schmiedeeisernen Balkonen aus konnten sie bequem den Torturen beiwohnen, welche die Sklaven erdulden mußten. Nicht selten wurden letztere zu Tode gepeitscht. Man geht heute davon aus, dass sich die Prangersäule oberhalb des Largos, rechts vom Museu da Cidade, an der Stelle eines platten, runden Steines befunden hat. Unter einem klaren und geschmeidigen Abendhimmel färbt sich der Platz bei Sonnenuntergang glutrot und die Kirche N.S. do Rosário dos Pretos überzieht ihre bläulich angelaufene Fassade mit einem Goldschimmer. Sie ist insofern eine besondere Kirche, als sie von den Schwarzen errichtet wurde, wenn diese ihr eigentliches Tagwerk hinter sich gebracht hatten. Konsequenterweise sind alle Heiligenfiguren dunkelhäutig.

Museu da Cidade (Stadtgeschichtliches Museum): Rua Gregório de Matos 40; Einlaß montags bis freitags von 7 bis 21 Uhr, samstags von 8 bis 12 Uhr. Den afro-brasilianischen Riten und der Volkskunst gewidmet. Unter den Ausstellungsstücken zahlreiche Kleidungsstücke und Kultobjekte der Candomblé. Gewiß einzigartig ist das in Patchwork gefertigte Banner, das mit erstaunlicher Fingerfertigkeit bestickt und mit Perlen, Perlmutt und Goldfäden verziert wurde. Es erzählt die Geschichte Salvadors. Alle Bräuche, Tänze, Gewerbe, historische Persönlichkeiten, ethnische Typen und Candomblé-Götter geben sich darauf ein Stelldichein. Gut unterrichtete Studenten begleiten Besucher auf Wunsch während ihres Rundgangs.

Fundaçao Jorge Amado (Jorge-Amado-Stiftung): neben dem stadtgeschichtlichen Museum; montags bis freitags in der Zeit von 9 bis 18 Uhr. Eintritt frei; Tel. 321-00-70. Sammlungen von Fotos, Büchern und persönlichen Gegenständen des bekannten Romanciers. Jorge Amado hat sich mit den Größen seiner Zeit aus Politik, Film etc. ablichten lassen: er ist an der Seite Fidel Castros, Sartres und dessen Freundin Simone zu sehen; aber auch neben Yves Montand, Sophia Loren, Mastroianni etc. Eine origineller Einfall war es, einmal alle für die Reklame »verbratenen« Elemente aus Amados Werken zu sammeln: Restaurants, Geschäfte, Poster usw., die sich die Namen der von Jorge Amado erdachten Helden geborgt haben.

Der Largo do Carmo

Vom untersten Teil des Largo do Pelourinho führt die schweißtreibende Rua Luís Viana Filho hinauf zum Largo do Carmo, der Eingangspforte zum Santo Antônio-Viertel.

Convento, Igreja e Museu do Carmo: Kloster, Kirche und Museum sind von montags bis freitags zwischen 9 und 18 Uhr, samstags von 9 bis 12 Uhr, in Augenschein zu nehmen. Hier unterzeichneten die Holländer, die Salvador 1624/1625 besetzt gehalten hatten, ihre Kapitulationserklärung. Die Carmo-Kirche ist gegen Ende des 15. Jahrhunderts erbaut worden. Bewundernswerter Altar, mit Gold und Silber überladen. Das Erstaunlichste an dieser Kirche ist aber doch wohl die Sakristei mit ihrem unermeßlichem Reichtum, wie er in keinem anderen brasilianischen Gotteshaus vorkommt. Vermutlich wegen Renovationsarbeiten derzeit nicht zu besichtigen. Insistiert man jedoch beim Museumsangestellten, so ist es möglich, ganz still und heimlich ein Auge ins Innere zu werfen. Behäbigkeit und erdrückende Überladenheit des Barocks kommen dort voll zur Geltung. Die Decke ist mit vergoldeten und bemalten Kassetten verziert, die das Leben des Propheten Elias nacherzählen. Holzengelchen halten und stützen die Porträts der Heiligen. Kostbare Möbelstücke mit Schubfächern runden das Bild ab.

Das Museum im ersten Obergeschoß birgt eine Sammlung kleiner Betkapellen und Nischen, aus bemaltem Holz und mit naiven Motiven. Aufwendig gearbeitete Kirchengewänder, bemerkenswerte Sammlung kleiner Heiligenfiguren aus Holz, Münzen- und Edelsteinsammlungen, kostbare Kultobjekte. Hier sind die Geistlichen so tolerant, dass sie eine der Vitrinen sogar afrikanischen Fetischen widmeten (die Betonung liegt auf afrikanischen).

Daneben die Kirche N.S. do Monte do Carmo, 1636 erbaut und 1788 zerstört. Bemerkenswerte Decke mit perspektivischen Malereien. In dem von kleinen Kapellen umgebenen Patio fällt besonders eine Skulptur, den vom Kreuz abgenommenen Christus darstellend, auf: die Blutstropfen bestehen aus zweitausend Rubinen unterschiedlicher Größe. Einlaß von 7 bis 18 Uhr.

Die Rua do Carmo entlangschlendernd, gelangt man schließlich auf die Rua Joaquim Tavora, wo noch gut erhaltene Fassaden zu betrachten sind. Dieses alte Stadtviertel scheint von der Armut weniger betroffen zu sein. Bis heute ist es den Touristen weitgehend verborgen geblieben. Anschließend erreicht man den Largo de Santo Antônio, von dem aus man einen Postkartenblick über die Baía de todos os Santos hat. Rückkehr über den Largo do Pelourinho durch die Rua Ribeiro dos Santos, die man in Höhe des Carmo-Klosters nach rechts einschlägt.