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Edelsteine

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Edelsteine

Echt oder...?!

Rubine und Diamanten

Achtung, »vermintes« Gebiet. Ist nicht gerade ein außergewöhnlicher Edelstein, der keinem anderen gleicht, die schönste Urlaubserinnerung, die man mit nach Hause bringt? Man sollte jedoch aufpassen. Der Traum nimmt dort ein jähes Ende, wo die Wissenschaft anfängt: die Märkte quellen vor Steinen »made in Occident« über. Im Unterschied zu den Imitationen besitzen manche synthetischen Steine seit Ende des 19. Jhs. dieselben physikalischen und optischen Merkmale wie die echten. Wir möchten nicht wissen, wieviele alte Erb- und Familienstücke synthetisch gefertigt wurden, ohne Wissen der späteren Besitzer ...

Manch natürlicher Edelstein wurde künstlich verändert durch Bestrahlung (blauer Topas, gelber Saphir), Ölungen, Färben, durch das Auffüllen von beim Schliff durch Splittern entstandenen Fehlern und Sprüngen (Rubine, Smaragde, Lapislazuli), durch Wärmebehandlung (Korund, Beryll), Diffusion (Saphire), Imprägnation (Türkise, Opale) oder Laser (Diamanten), um hier nur eine kleine Auswahl gängiger Praktiken zu nennen, deren Existenz kaum ein Verkäufer spontan zugibt. Die verfälschten und unechten Steine, das ist allseits bekannt, finden sich natürlich bei der Konkurrenz ...

Für den Neuling ist es somit unmöglich, den Durchblick zu bewahren. Aber keine Panik: es gibt eine Wissenschaft, die sich diesem Problemkreis widmet und dafür sorgt, dass nicht alles außer Kontrolle gerät. Bei Konsultation eines Labors decken Transmissions- oder Rasterelektronenmikroskope, Mikrosonden und andere Spektrophotometer jede noch so technologisch raffinierte Fälschung auf.

Im übrigen sind Farbe und Vorhandensein von Inklusionen (Einschlüsse) nicht ausschlaggebend für die Echtheit, sondern geben dem Fachmann gerade mal einen Hinweis. Denn abgesehen von den jüngsten Synthesen und Behandlungen, gibt es in der Natur grüne Granate und Saphire, orangefarbene Opale, gelbe Turmaline usw. Es handelt sich hier um natürliche oder künstlich hervorgerufene Fallen, die oft den Rat des klassischen Juweliers, der in der Edelsteinkunde nicht hundertprozentig bewandert ist, zu einem Zufallsprodukt werden lassen.

Amerikaner, Deutsche, Thailänder und Japaner haben in den Erzeugerländern regelrechte Netze aufgebaut, die alles zusammenklauben und aus deren Klauen lediglich jene von den Profis abgelehnten – weil überbewerteten – Steine herausfallen, die dann in die Spitzenkollektionen der auf Touristen spezialisierten Händler aufgenommen werden. Mythos oder Schicksal – es steht fest, dass Urlauber weiterhin Edelsteine an den vermeintlichen Produktionsstätten kaufen (werden). Man sollte aber wenigstens versuchen, das Allerschlimmste zu vermeiden ...

Nicht verarschen lassen

Es folgt eine Auflistung jener mehr oder weniger edlen Steine, die sich Touristen gerne andrehen lassen: Citrine oder Smoky Topaze für Topas, Water Saphir (Cordierit) und synthetisch-blauen Spinell für Saphire, Serpentin und Nephrit für Jadesteine, synthetische Rubine und Granate für Rubine, wertlosen grünen Beryll für Smaragde sowie Aquamarine ohne irgendwelche blaue Farbschattierung. Hauptherkunftsort: Brasilien, Absatz ... weltweit. Was die australischen Saphire, die von Thailand aus vertrieben werden, anbelangt: diese sollte man wie ein Dia betrachten, um nicht vor lauter Blau seine Geistesgegenwärtigkeit zu vergessen ... Die Steine werden zu leblosen Untertassen und in Granatenform geschliffen, damit sie kein Gewicht einbüßen. Den Vogel schießt jedoch der »Alexandrit aus Kairo« ab. Die Ägypter tun sich nämlich mit der Kunst des Verkaufs von synthetischen Saphiren, die ihre Farbe je nach Lichteinfall verändern, an leichtgläubige Reisende hervor. Verhökert werden diese unter dem schillernden Namen Alexandrite, der übrigens nicht von der ägyptischen Hafenmetropole Alexandria herrührt – wie es einem die ägyptischen Ladenbesitzer weismachen wollen – sondern an den Geburtstag des russischen Zaren Alexander II. erinnert.

Was die exotischen Zertifikate anbelangt, so stellen diese eher eine Verkaufshilfe dar, als den Ausdruck irgendwelcher Kenntnisse oder Garantien des Händlers. Wer einen Kauf tätigt, bei dem es um eine beträchtliche Summe geht, sollte diamantenhart bleiben und auf einem Analyse-Zertifikat eines anerkannten Edelsteinlabors bestehen. Es käme ja auch niemand auf die Idee, bei den Gemälden Amsterdamer Antiquitätenhändler handele es sich um echte Van Goghs, nur weil sie zufällig in Holland verhökert werden.

Ein Klassiker bei ahnungslosen Reisenden: das Netz »guter Adressen«. Es fängt alles harmlos mit einem eigentlich recht sympathischen Händler an, einem gemütlichen Plausch bei einer Tasse Tee ...

Wichtig ist auch zu wissen, dass ein Edelstein einen Markt haben muß, soll er den Gegenwert eines Teils der Ersparnisse darstellen. Wieviele echte Qualitäts-Edelsteine verkommen als Ladenhüter, weil ihre Farbe, ihre Schattierung, ihr Gewicht oder ihre Form gerade nicht gefragt sind? Das zu beurteilen, ist eine wahre Kunst.

Ob man ihn nun in der Hosentasche verschwinden läßt, an sein Herz drückt, in den dreckigen Socken versteckt oder achtlos in den Koffer schmeißt – jeder Edelstein, den man aus sonnigen Gefilden mitbringt, ist beim Kauf garantiert ein Vermögen wert und am Zoll nur noch ein Bruchteil (»22 % Mehrwertsteuer? Der Stein ist totsicher unecht, Herr Oberzollinspektor ...«). Egal, was das gute Stück wirklich taugt: spätestens bei Übergabe als Geschenk nähert sich sein Wert wieder dem einer seltenen Trophäe.

Mitbringsel und Kapitalanlage – unmöglich, mit einem Edelstein zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Man kaufe, weil man sich in den Stein verliebt hat und nicht wegen irgendwelcher finanzieller Überlegungen.