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Taufe

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Das Wichtigste ist doch die Familie!

Tauffeier des kleinen Derek

Quito-Abgesang - Adieu, Pharao!

Pharao gähnt, kennt er den all die Geschichten schon? Na, die vom Haus bestimmt, da wo man lernen konnte, was Ökonomie, was Energieverbrauch bedeutet. Wenn das heiße Wasser aus einer Gasflasche kommt, die beim Andrehen der Dusche, des Lavomanos oder der Spüle, so herzergreifend rauscht, dass man weiß, hier geht kostbares Gut zur Neige, und man sich alles ganz genau überlegen tut. Auch kennt der bullige Pit wohl das Kuriosum der Hausklingel. An sich olle Plastikflächen, auf denen Name X und Herrschaften Y hausen. Dennoch sind sie genau in den Vierteln, in denen Hunde das Haus bewachen mit einer komplizierten Sicherheitstechnik abgeschlossen, für den Fall das, genau, jemand die olle Plastikklingel klauen wollte.

Ach Pharao, so ist´s nun mal, und er liegt nu auch ganz friedlich zu meinen Füßen und will nix mehr futtern. Wenn du mal alt bist, mein Guter, dann bist du alt, und mehr nicht. Ich erinnere mich gut dran, als ich dem lieben Spanischlehrer Carlos voller Inbrunst berichtete, dass Europa nicht nur das reiche, isolierte Singledasein führt, dass zum Beispiel Sizilien ähnlich marode und kaputt ist, und das die Menschen dort aufgrund des eifrigen Familienzusammenhaltes keine Altersheime benötigen. Carlos verstand mich gar nicht, denn im ecuadorianischen Sprachgebrauch gibt es gar kein Wort für Altersheim!!

Die Familie, Pharao, die Familie, ist das nicht das Allerwichtigste?, fragte ich, mit den Händen in der Luft wedelnd und die Augen verdrehend. Ich bin allein, flüsterte er mir mit einer Gewissheit und Wahrheit ins Ohr, dass ich im tiefsten Inneren das Kribbeln verspürte und wusste, ich bin es auch.

The truth, the truth, and nothing but the truth:

Damals, vor einer ganzen Woche steh ich unten in der Neustadt und such das Hauptgebäude der Fluggesellschaft Iberia. Irgendwo hier in der Gegend muss das sein, da bin ich mir sicher. Aeh, Perdon, tu sabes, donde esta la compania Iberia? - Iberia? Nee, die waren vielleicht vor Jahren mal hier, aber hier ist nix mehr, das weiß ich. - Mir hat jemand gesagt, hier wäre das. - Nee, nee, ich wohn hier seit 10 Jahren, die Iberia ist hier nicht.

Mist, den ganzen Weg zurück, im Reisebüro noch mal nachfragen. - Doch, doch, das ist da, genau an der Ecke soundso. Wieder zurück, erkennend, die Iberia sitzt in dem Riesenhochaus, 20-Meter-Luftlinie von dem Typ, der da seit 10 Jahren wohnt, und ganz oben am Hochhaus prangt ein Riesenwerbebanner!

Einfach besser zweimal fragen, denn hier in Ecuador ist das Wort nicht Gold oder Silber, sondern Luft und der Mix aus allem macht die Essenz aus. Wie lange brauchen wir bis dahin? Antwort 1: 5 Stunden, Antwort 2: 2 Stunden. Richtig waren letztlich 3,5 Stunden.

Pharao will sich trottend in seine Hütte davon machen. Eine Story noch, mein Guter, vom letzten Abend, in dem Armenviertel im Süden, wo wir zur Taufe des fünfjährigen Dereck eingeladen waren, dem kleinen schwarzen Jungen, mit der Spielzeugpistole und seiner schwarzen Familie. ERWARTE NICHTS, WAS DU GEWOHNT BIST VON ZU HAUS, mahnte mich das Herz und so hatte ich den Magen gut und gerne halbvoll gefüllt, um 4:30 Uhr war Ankunft. Vanessa, die Tante, holte uns ab, wir strollten lachend durch die Straßen, des berühmten und vor allen Dingen berüchtigten armen Südens, und dann hinein in die gute Stube.

Das Wohnzimmer, umfunktioniert in einen leeren Raum mit Plastikstühlen an drei Wänden aufgereiht und zwei fetten Boxen an den Wänden, sowie 5 Tanten und Onkels, dem Taufkind, und der schwarzen Mama, die mit ihren 55 Jahren den besten Hüftschwung westlich des Atlantik hinlegte, so bald sie aus der Küche durchs düsenjet-beschallte Wohnzimmer sauste.

Was nun? Auf die Plastikstühle setzen und abwarten, alle halbe Stunde ein Whiskey-Wasser-Gemisch angeboten bekommen, von diesem höflich, wie alle anderen, nippen, und weitergeben. Kein Wasser, kein Jacke ablegen, einfach da rumsitzen und warten. Und der Hunger kommt ja auch langsam, gut, dass da Mutter samt ein paar der 9 Kinder in der Küche werkeln und zaubern. 6 Uhr, eineinhalb Stunden später, der Raum gefüllt mit mittlerweile ca. 13 Personen, alle schön tiefschwarz zum Anstaunen, und einer Art DJ, der laut aufdreht und ab und zu auch diesen gefährlich guten Hüftschwung, samt Stakatto-Bewegung, imitiert. Hmm, was passiert?, wann gibt´s Essen?, was sollen wir tun?

Acht Uhr, am Kochen seit dreieinhalb Stunden, sieben Nippschlücke Wasser-Whiskey im Magen, das war´s. Also gut, mit den Kindern auf den Spielplatz gehen, insgesamt mittlerweile 27 schwarze Personen im Haus, jeder bringt Kinder im Alter von drei Tage bis drei Jahre mit, netter Haufen. Um neun Uhr die ersten Aussetzer, Unverständnis, überall riecht´s nach Essen, es wird gebrutzelt, doch kein Magen bekommt die Chance, lecker zu sagen. Die Stimme mahnt: ERWARTE HIER NICHTS, WAS DU VON ZU HAUSE KENNST!

Um 22:13 sind circa 45 Personen anwesend, ich hab den ersten Bissen Reis im Magen und fühl mich wohl. Kein besonderes Essen, Reis mit Huhn und Salat!!, wie indifferent geht´s eigentlich noch, bin verwirrt, macht nix, bin ja auch satt, und hab mit der schwarzen Tante getanzt, die den zweitbesten Hüftschwung westlich des Atlantiks hatte, und kam mir fast nicht bescheuert vor.

Pharao schläft, ich knuddel ihn zum Abschied, und werd ihn wiedersehen, spätestens am Himmel, wenn der kleine Hund im Dreieck Sirius - Orion zu sehen ist.

Adios Quito, wenn mir noch was einfällt, meld ich mich wieder.

Adios Pharao, Dachdoggy und Knuddelliebling eines ganzen Menschen.