Kommunismus

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Neue Herrscher

Kommunistische Machtübernahme

Nach ihrem Erfolg bei Kjachta fiel die sowjetische Armee in die Mongolei ein und rückte mit ihren Verbündeten in Richtung Urga vor. Die Hauptstadt, von ihren Verteidigern entblößt, fiel den Invasoren im Juli 1921 fast kampflos in die Hände. Am 10. Juli bildeten die Roten eine Volksregierung.

Um die Unterstützung der Araten nicht zu verlieren, wurde zunächst die konstitutionelle Monarchie mit dem Bogdo-Gegeen als Khan beibehalten. Das Oberhaupt der lamaistischen Religion wurde am 11. Juli feierlich in sein Amt eingeführt, mußte aber schon am 1. November unter dem Zwang der Invasoren einen »Eidvertrag« eingehen, der unter anderem festlegte, dass er sich nicht um staatliche Angelegenheiten kümmern dürfe.

Damit lag die politische Macht uneingeschränkt in den Händen der Kommunisten, obgleich sie damals nur eine verschwindend kleine Minderheit unter den Mongolen bildeten.

Die Jahre bis 1924 waren eine Übergangszeit, in der es schien, als könnte an der 1917 abgebrochenen Entwicklung angeschlossen werden. Doch wurden die Mongolen von den Sozialisten getäuscht. Schon im September 1922 wurden zahlreiche Notabeln als Konterrevolutionäre hingerichtet, und als das Staatsoberhaupt, der Khutukhtu, im Mai 1924 starb, wurde die Suche nach einer neuen Inkarnation verhindert.

Im August 1924 wurde der den Sowjets gegenüber kritische stellvertretende Ministerpräsident Danzan als Konterrevolutionär hingerichtet. Tage später legte der dritte Parteitag der Revolutionären Volkspartei eine neue Generallinie fest. Sie beschloß, auf der Basis von Lenins Lehre der Entwicklung eines Landes »zum Sozialismus unter Umgehung der kapitalistischen Entwicklungsepoche«, die Volksrepublik auszurufen.

Mongolische Volksrepublik

Die Parteitagsbeschlüsse bildeten die politische Plattform für den ersten Volkschural, der vom 8. bis 26. November 1924 in Urga tagte. Hier wurde am 25. November die Mongolische Volksrepublik (Bügd Nairamdach Mongol Ard Uls) proklamiert und die erste Verfassung des Landes verabschiedet. Ihr erster Artikel lautete: »Die Hauptaufgabe der Mongolischen Volksrepublik besteht in der Vernichtung der Reste der feudal-theokratischen Ordnung und in der Festigung der Basis der neuen, republikanischen Ordnung auf Grund einer völligen Demokratisierung der Verwaltung.«

Grund und Boden des Landes wurden enteignet und zum »Volkseigentum« erklärt. Gleichzeitig wurde die Hauptstadt Urga in Ulaan Baatar-Choto (»Stadt des Roten Helden«) umbenannt.

Unter Führung der MRVP, die zu dieser Zeit noch eine reine Partei der Viehzüchter war, wurde die Äußere Mongolei Schritt für Schritt in eine sozialistische Diktatur umgewandelt. Als erster Staat erkannte die Sowjetunion, die bei der Entstehung des zweiten kommunistischen Staates der Erde entscheidend mitgewirkt hatte, die neue Regierung in Urga an und schloß mit ihr einen Freundschaftsvertrag.

1925 zogen sich die sowjetischen Truppen zurück. Sie hatten ganze Arbeit geleistet, in der Volksrepublik war die innere Umwandlung angelaufen. Dem provisorischen Parteiprogramm folgte 1925 die Gründung von Gewerkschaften und 1926 die Trennung von Kirche und Staat.

Machtkämpfe

Zugleich entwickelte sich aber innerparteilicher Streit über den richtigen Weg zum Sozialismus. Er endete zunächst 1928 mit der Vernichtung der »Rechten«, die für einen mongolischen Weg und die Verständigung mit China eintrat, und führte gleichzeitig zur Unterdrückung des religiösen Lebens wie auch nahezu der gesamten alten Intelligenz. Bis 1938 wurden nicht weniger als 80.000 Lamas von ursprünglich 95.000 »ausgeschaltet«.

Dem Sieg über die »Rechten« folgte bis 1935, analog den Vorgängen in der Sowjetunion, ein Kampf mit »abenteuerlichen Linksabweichlern«. Er schloß nach mehreren Parteisäuberungen mit der Vernichtung des noch übrigen Adels und der fortlaufenden Dezimierung der Priesterschaft. Zugleich wurden aber auch die Zwangskollektivierungen von 1934 zurückgenommen, um erst 1958 wiederaufgenommen zu werden. Ministerpräsident Gendun und sein Verteidigungsminister Demid wurden als »japanische Agenten« hingerichtet. Tschoibalsan, 1936 zum Marschall erhoben, war der Sieger.

Die radikale Umwandlung ihres Landes der Viehzüchter in einen sozialistischen Staat rief bei vielen Mongolen Empörung hervor. In den ersten Jahren kam es deshalb häufig zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen traditionsbewußten Mongolen und den jungen Radikalen in Urga. Am 19. Februar 1923 wurde Suchbaatar von einem Widerstandskämpfer mit Gift beseitigt. Doch zu stark war der Griff der Sowjets, die in der Mongolei zahlreiche Truppen stationiert hatten, mit deren Hilfe Moskau und seine Helfershelfer in Urga jeden Widerstand blutig unterdrückten.

Auch die Umwandlung der Wirtschaft kam nur langsam voran. Bis 1925 gab es keine Landeswährung. Man zahlte mit ausländischem Geld, mit Edelmetallen oder tauschte Waren. Ein beliebtes Zahlungsmittel bei den Araten war gepreßter Ziegeltee. Deshalb wurde im Dezember 1925 die Mongolische Handels- und Industriebank und als nationale Währung der Tugrig geschaffen.

Unterdrückung des Lamaismus

Unter Führung des »mongolischen Stalin« Chorloin Tschoibalsan (1895-1952) ging die MRVP zum Angriff auf die wirtschaftliche Basis der Araten und der lamaistischen Kirche über. Zwischen 1929 und 1932 wurde der gesamte Besitz des Adels und der Araten verstaatlicht, das enteignete Vieh kostenlos an treue Parteianhänger verteilt. 1930 wurde auch der gesamte bis dahin zu rund 80% von chinesischen, amerikanischen, englischen und deutschen Firmen kontrollierte Außenhandel verstaatlicht.

In ihrem Kampf gegen die Klöster erlitten die Revolutionäre anfangs empfindliche Rückschläge. Denn trotz antireligiöser Kampagnen hatte sich die Zahl der Mönche von 87.300 im Jahre 1925 auf 94.900 im Jahre 1929 erhöht, eine eindrucksvolle Demonstration der Religiosität des mongolischen Volkes, das angesichts der Rücksichtslosigkeit der Sozialisten seine Zuflucht bei Buddha suchte.

Als ihre Überredungskünste beim Volk versagt hatten, griff die Regierung im Frühjahr 1936 zu härteren Mitteln. Sie schränkte die Anwerbung von Minderjährigen in die Reihen der Lamas drastisch ein. So gab es 1936 in den Klöstern annähernd 17.000 Knaben und Jugendliche, rund 97.000 Männer im wehrfähigen Alter. Die neue Verordnung verbot nun Familien, die weniger als drei Söhne hatten, Knaben in die Klöster zu schicken. Die Klosterverwaltungen sollten Lamas unter 18 Jahren, die nach dem Dezember 1933 aufgenommen worden waren, entlassen – doch sie weigerten sich, den Befehlen der atheistischen Regierung Folge zu leisten.

Nun gingen die Kommunisten mit aller Macht daran, den Lamaismus zu zerschlagen. Nach der Aufdeckung einer angeblichen »konterrevolutionären Verschwörung« von 48 Klostervorstehern im Jahre 1937 wurden die Klöster geschlossen und ihr Besitz beschlagnahmt. Die Mönche sollten als Viehzüchter arbeiten oder in die neugegründeten Handwerksgenossenschaften oder Industriebetriebe eintreten. In der Landwirtschaft wurden die ersten Staatsgüter und Kolchosen geschaffen.