Freiheitsbewegung

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Beginn der Freiheitsbewegung

Wunsch nach Unabhängigkeit

Nach der Beseitigung der Zentralgewalt und der starken territorialen Zersplitterung gerieten die Araten mit der Einführung des Lamaismus in immer größere Armut. Sie waren meist nur noch Viehhirten der mongolischen Fürsten, der lamaistischen Klöster oder der chinesischen Kaufleute. Politisch waren sie rechtlos und standen auf der Stufe der Naturwirtschaft.

Doch trotz Fremdherrschaft und Unterdrückung durch die eigenen Fürsten verlor das Volk nicht den Glauben an Freiheit und Unabhängigkeit. Die Sehnsucht der durch Steppen, Wüstensteppen und Wüsten nomadisierenden Araten nach einem glücklichen Leben kommt vor allem in der Volksdichtung, in Sagen, Märchen, Liedern und Sprichwörtern zum Ausdruck, die von Generation zu Generation überliefert wurden.

Von der Freiheitsbewegung zeugen aber auch die zahlreichen Aufstände gegen die Mandschu-Dynastie, die im 18. Jh. einsetzten und sich bis zur Wende des 19. Jh. weiter verschärften. Diese Erhebungen wurden vom zaristischen Rußland, das seinerseits in der Nordmongolei Einfluß zu gewinnen suchte, in vielfältiger Weise unterstützt. Dadurch kam es zu Spannungen zwischen Rußland und China.

Schon 1811 wurde das Niederlassungs- und Handelsrecht für Russen mit der Pekinger Regierung vereinbart, so dass seit dieser Zeit der wirtschaftliche Einfluß durch russische Händler und auch Kolonisten rasch anwuchs. 1860 wurden die bis dahin geschlossenen Grenzen der Nordmongolei geöffnet.

Nach der Jahrhundertwende wuchs der Volkswiderstand gegen die verhaßte Mandschu-Dynastie immer stärker an, und als 1900 in China der Boxeraufstand gegen die europäischen Eindringlinge tobte, leistete die Mongolei wider Erwarten der Regierung in Peking keinerlei Hilfe. Statt dessen kam es in Uliastai unter den zwangsrekrutierten mongolischen Soldaten zu einer Erhebung gegen die Fremdherrschaft. Die Regierung in Peking schickte daraufhin weitere Truppen in die Nordmongolei und verschärfte die Unterdrückung noch. Der 1905 vom Nationalhelden Ajusch geführte Volksaufstand wurde blutig niedergeschlagen.

Da jedoch mit Gewalt allein die Nordmongolei nicht einzugliedern war, verstärkte Peking die Einwanderung von chinesischen Kolonisten, ähnlich wie man es bereits früher mit Erfolg in der Südmongolei praktiziert hatte. Proteste der Mongolen gegen diese Einwanderungsbewegung blieben erfolglos. Erbitterung und Haß steigerten sich noch, als 1910 ein junger Gouverneur nach Urga entsandt wurde, der mit brutaler Gewalt alle freiheitlichen Regungen erstickte.

In dieser Zeit begannen sich erste illegale Kampforganisationen zu bilden. Der Ausbruch der Revolution in China und der damit verbundene Sturz der Mandschus 1911 kam den Freiheitsbestrebungen sehr entgegen.

Weg in die Unabhängigkeit

Mit der Ausrufung der Chinesischen Republik betrachteten die mongolischen geistlichen und weltlichen Führer das Abhängigkeitsverhältnis als erloschen. Jedoch waren die innermongolischen Volksstämme nicht in der Lage, den Anspruch auf Selbständigkeit durchzusetzen. Von nun an entfernte sich der Weg der Inneren von der Äußeren Mongolei.

Erstere beschränkten sich auf den Ruf nach innerer Autonomie, zu deren Erzwingung sich 1934 unter Führung des Dschingiskhaniden Te Wang der »Innermongolische Politische Rat von Bailingmiao« bildete. Ihm gehörten neben modern eingestellten jüngeren Fürsten, zumeist Nachfahren Dschingis Khans, auch Intellektuelle an. Seine Bestrebungen wurden aber von Peking durch die Aufteilung der Inneren Mongolei in vier Provinzen und durch Ausstattung der Stammesfürsten mit erheblichen Vollmachten (Jurisdiktion, Schuldeneintreibung, Ausnutzung chinesischer Truppen) unterlaufen. Erst nach der japanischen Besetzung im Zweiten Weltkrieg und der Bildung einer »Föderativen Autonomen Regierung« durch die Japaner gestanden die Chinesen 1947 die Bildung des »Autonomen Gebietes Innere Mongolei« zu.

Ganz anders verlief die Entwicklung in der Äußeren Mongolei. Am 1. Dezember 1911 begann in Urga der Aufstand gegen die Fremdherrschaft. Kurz darauf wurden auch die chinesischen Verwaltungen und Kolonisten in anderen Städten Siedlungen, so in Uliastai und Chowd, des Landes verwiesen. Teilweise kam es zu regelrechten Austreibungen, die von Rußland unterstützt wurden.

Am 21. Dezember 1911 erklärte die Nordmongolei unter Führung der Chalcha ihre staatliche Selbständigkeit. Zum uneingeschränkten Herrscher (Khan) wurde am 29. Dezember 1911 das Oberhaupt der lamaistischen Kirche in der Mongolei, der achte Bogd-Gegeen. Dieser Bogd-Khan, Javdzandamba Khutukhtu (1870-1924), war ein hochgebildeter Mann und modernen Bestrebungen durchaus aufgeschlossen. Seine Regierung wurde 1914 durch ein Zweikammerparlament ergänzt.

Ein aus selbständigem Entschluß geborener, mit 1000 Reitern unternommener Vorstoß des burjatischen Kosaken-Atamans Semjonow vertrieb die chinesische Garnison von Urga. Dem Ersuchen einer mongolischen Delegation um russischen Schutz entsprach die Regierung des Zaren nach einigem Zögern durch den am 3. November 1912 in Urga unterzeichneten Autonomievertrag. Er wurde im November 1913 durch eine russisch-chinesische Deklaration und im Juni 1915 durch den russisch-chinesisch-mongolischen Vertrag von Kjachta bestätigt – auch wenn formal die chinesische Suzeränität fortbestand. Anfang 1917 wurde die chinesische Besatzung von Chowd durch mongolische Krieger beendet.