Buddhismus

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Religion und Geisterglaube

Pfad zur Erleuchtung

Die überwiegende Mehrzahl der Landesbewohner (90%) sind Anhänger des Buddhismus. Daneben gibt es etwa 5% Moslems (Sunniten), vornehmlich die Kasachen im westlichen Aimak Bajan-Olgii, und Anhänger des Schamanismus. Seit 1990 sind erstmals seit den Nestorianern vor fast tausend Jahren christliche Missionare im Lande. Inzwischen wurden auch diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl in Rom aufgenommen, obwohl es bisher so gut wie keine Katholiken im Land gibt.

Einst waren die Mongolen ob ihrer großen Frömmigkeit in ganz Asien bekannt. In sozialistischer Zeit wurde die buddhistische Religion, die aus Tibet in die Mongolei gekommen war, brutal verfolgt. Doch auch in dieser Zeit besuchten Gläubige noch immer die Klöster, deren Zahl stark zurückgegangen war.

Seit dem Ende des Sozialismus erlebt die Religion eine Renaissance. 1993 gab es wieder 130 Tempel und mehr als 80.000 Mönche. In jedem Aimak (Provinz) steht heute wieder mindestens ein Kloster mit einer Lamaschule. Zerstörte Klöster werden wieder aufgebaut, neue eingerichtet.

Jede humanistisch gesinnte Religion habe in der neuen Mongolei ein Existenzrecht, sagte Präsident Otchirbat 1990 nach seinem Amtsantritt. Die politisch-moralische Umgestaltung des Landes erfordere auch eine Erneuerung des geistigen Lebens.

Nach der Wiedereinführung der Religionsfreiheit hat der im indischen Exil lebende Dalai Lama – geistlicher Führer nicht nur Tibets, sondern auch der Buddhisten in der Mongolei – im September 1991 mit Genehmigung der mongolischen Regierung und trotz starker chinesischer Proteste Ulaan Baatar besucht. Heute gibt es kaum noch eine Jurte, in der nicht ein Fotos des Dalai Lama hängt.

Der Lamaismus (von tibet. Lama = der Obere) oder tantrische Buddhismus war und ist die Hauptreligion der Mongolen. Er hat sich in Tibet aus dem Mahajana-Buddhismus, der Lehre vom Großen Rad, entwickelt und dabei zahlreiche Elemente der vorbuddhistischen Bon-Religion aufgenommen, in der Schamanen, Götter und Geister eine große Rolle spielen.

Buddhismus

Der Buddhismus erwuchs aus der Auflehnung gegen die erstarrten Normen des Brahmanismus (Hinduismus) und die Herrschaft der Brahmanen an der Wende vom 6. zum 5. Jh. v.Chr. in Indien. Sein Stifter, Buddha (Sanskrit »der Erleuchtete«, tibet. Sangsyas, chin. Fo), wurde im Jahre 560 unter dem Namen Siddhartha Gautama in Kapilawastu im Norden Indiens geboren. Er stammte aus dem zur Kschatrija-Kaste gehörenden Geschlecht der Sakia (Schakja) von Kapilawastu. Daher bezeichnete man ihn als Schakjamuni, den »weisen Einsiedler aus dem Sakia-Geschlecht«. Eine häufige Selbstbezeichnung in seinen Reden war Tathagata, »der auf dem Heilsweg Gegangene«.

Das Leben Siddhartas

Im Luxus lebend, beeindruckten den Buddha bei Ausfahrten aus dem väterlichen Schloß die Begegnungen mit einem Alten, einem Kranken, einem Toten und einem Mönch so sehr, dass er, um die Vergänglichkeit der Welt als Asket zu überwinden, eines Nachts heimlich seine Frau und seinen Sohn verließ. Nach der traditionellen Formulierung zog er »aus dem Haus in die Hauslosigkeit«. Strenge Askese, die ihn an den Rand des Todes führte, brachte ihn der Erleuchtung nicht näher.

Erst als er einen »mittleren Weg« zwischen Überfluß und Askese wählte, erlangte er im Alter von 35 Jahren unter einem Feigenbaum bei Bodh Gaya die Erleuchtung. Nach anfänglichem Zögern begann er seine Verkündigun mit einer Predigt im Wildpark Isipatana bei Varanasi (Benares). Die Ereignisse der folgenden Jahre, in denen der Buddha mit seinen ersten Anhängern in Magadha und angrenzenden Gebieten lehrend umherzog, lassen sich chronologisch nicht einordnen. Beim Ort Kusinara erkrankte der Buddha an Ruhr und starb.

Die Lehre Buddhas

Nicht nur dem historischen Siddhartha Gautama wurden Titel und Qualität des Buddha zuerkannt. Vielmehr kennt der Buddhismus auch andere Verkünder seiner Lehre, die aus eigener Kraft zur Erleuchtung gelangten. Nach buddhistischer Anschauung ist die Reihe der Buddhas, von denen nie zwei zur gleichen Zeit auftreten können, in Vergangenheit und Zukunft unendlich. Der Name des nächsten Buddha ist Maitreja.

Der Buddhismus beruht auf der Lehre und Ordensgründung des historischen Buddha. Die erste Predigt Buddhas, in der traditionellen Formulierung das »Inbewegungsetzen des Rades der Lehre«, war nicht allein der Anfang der Ausbreitung buddhistischer Gedanken, sondern zugleich die Begründung der Ordensgemeinschaft buddhistischer Mönche (der »Sangha«), denen Buddha nach seiner Predigt die erbetene Mönchsweihe erteilte. Nach anfänglicher Ablehnung nahm Buddha auch Frauen in seinen Orden auf. Den strengen Gesetzen des Mönchtums nicht unterworfen sind die Laienanhänger.

Die Lehre Buddhas war häretisch gegenüber dem Brahmanismus, weil sie mit der Autorität der altindischen Religion (Wedismus) brach. Buddha übernahm jedoch die Wiedergeburtslehre und die qualitative Bestimmung jeder neuen Existenz durch Karma (sanskrit »Tat, Werk«). Je nach gutem oder bösem Karma, das durch gute oder böse Taten angesammelt wird, kommt der Mensch nach seinem Tode in eine neue gute oder schlechte Existenz.

Dagegen distanzierte sich Buddha von der Erlösungslehre der Upanischaden. Diese erwarteten die Erlösung durch die Erkenntnis der Identität von Brahman und Atman, von Seins-Prinzip und Seele. Buddha setzte dagegen das Nirwana: Verwehen, Vernichtung des Leidens, Verlöschen der Lebensgier. Im Mittelpunkt seiner Predigt stehen die »vier edlen Wahrheiten« vom Leiden, von seiner Entstehung, seiner Vernichtung und dem zur Vernichtung des Leidens führenden Weg. Dieser Weg, der »edle Pfad«, besteht aus acht Stufen: rechte Anschauung, rechtes Wollen, rechtes Reden, rechtes Tun, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken.

Die buddhistische Ethik steht im Dienst der Selbsterlösung. Diesem Ziel dienen die Forderungen der Gewaltlosigkeit (Ahimsa), der mitleidigen Liebe (Maitri) und der Enthaltsamkeit. Da Buddha sowohl kultische Handlungen als auch metaphysische Fragen bewußt ablehnte, wurde und wird die Frage diskutiert, ob der Urbuddhismus überhaupt eine Religion ist. Schließlich besitzen Gott oder Götter darin keine absolute Qualität. Buddha hat seine/ihre Existenz zwar nicht geleugnet, sie aber als erlösungsbedürftig bezeichnet und der Existenzweise des Mönches wertmäßig untergeordnet hat.

Bereits auf dem Konzil von Vaischali (um 380 v. Chr.) traten erhebliche Differenzen innerhalb des Ordens zutage. Sie führten zur Spaltung in die beiden Richtungen (»Fahrzeuge«) des Buddhismus, Hinajana und Mahajana, die seitdem in Lehre und Ausbreitungsgeschichte unterschiedliche Wege gingen.

Mahajana

Der Mahajana-Buddhismus (Sanskrit »großes Fahrzeug«) entstand in Nordindien; daher auch »nördlicher Buddhismus«. Er zerfällt in mehrere Formen, darunter den Tantrismus, eine Strömung, die seit dem 5. Jh. n. Chr. großen Einfluß auf Hinduismus und Buddhismus gewann.

Der frühe Buddhismus war eine Religion mit stark missionarischem Drang. Die erste Expansion ging nach Norden, nach Zentralasien, wo Klöster entstanden, die sich zu bedeutenden geistigen Zentren entwickelten. Dieser Ausbreitung machte der Islam um 1200 ein Ende, indem er die Basis der buddhistischen Religiosität und Gelehrsamkeit, die Klosteruniversitäten, zerstörte.

Doch im achten Jahrhundert hatte sich Tibet, vorher wegen seiner Hochgebirgslage umgangen, dem Buddhismus geöffnet. Im 7. Jh. n. Chr. kam der Buddhismus in der Form des Tantrismus unter König Song-tsen Gampo (569-649), der die tibetische Monarchie etablierte, nach Tibet. Um 775 gründete der indische Tantriker Padmasambhava das erste tibetische Kloster Samye.

In Tibet wurde der buddhistische Pantheon um neue Gottheiten vermehrt. Neben der hohen Lehre entstand eine magische Volksfrömmigkeit. Die in den Texten des Tantra niedergelegten Lehren wenden sich von der Orthodoxie des Westens ab und heben den Unterschied zwischen Kasten und Geschlechtern auf. Die Erlösung sucht der Tantrismus auf dem Weg des Rituals mit Hilfe magischer, mitunter auch orgiastischer Praktiken. In den Geheimriten, in die ein göttliche Verehrung genießender Lehrer einführt, stehen die Rezitation mystischer Silben (Mantras; dem »Mantrajana« gilt dies als wichtiges Mittel zur Erlösung) und der Genuß der fünf mit »M« beginnenden Dinge im Mittelpunkt: »Mada« (Wein), »Matsja« (Fisch), »Mamsa« (Fleisch), »Mudra« (geröstete Körner) und »Maithuna« (Geschlechtsverkehr).

In Tibet wurde die buddhistische Lehre im 14. Jh. von dem Mönch Tsonkapa reformiert. Er paßte sie den Verhältnissen der nomadisierenden Steppenvölker an und entwickelte die buddhistische Lehre mit zahlreichen Elementen der vorbuddhistischen Bon-Religion zum Lamaismus.

Die tibetische Bon-Religion ist durch dämonische Züge gekennzeichnet. Himmel, Luftraum und Erde gelten als Aufenthaltsorte unzähliger Götter und Geister. In außerirdische Bereiche versetzen sich die Bon-Priester auf einem Seelenflug, den sie durch ekstatische Tänze oder Narkotika vorbereiten.