Fremde Herrscher

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Unterwerfung unter die Mandschu

Die vollständige Vernichtung des mongolischen Reiches

Die vollständige Vernichtung des mongolischen Reiches wurde durch das sich rasch entwickelnde Mandschurische Kaiserreich fortgeführt. Die Mandschus oder Dschurdschen, alte Feinde der Mongolen, schufen nach dem Sieg über die Ming-Kaiser die Qing-Dynastie, die von 1644 bis 1911 regieren sollte.

Immer weiter auf ihre Siedlungsgebiete in Zentralasien zurückgedrängt, brachen unter dem mongolischen Adel erneut Machtkämpfe aus, so dass die Wirtschaft noch mehr zerrüttert wurde. Die Rivalität der Fürsten um die Macht nutzten die Herrscher der Mandschus für ihre Expansionsabsichten aus. Im Verlaufe von 150 Jahren machten sie sich durch Waffengewalt, Betrug und Bestechung ein Fürstentum nach dem anderen gefügig. Entscheidend aber war, dass die mongolischen Reiter den Kanonen und Musketen der Mandschus nichts entgegensetzen konnten.

Zuerst wurde die Südmongolei erobert, die 1636 die Mandschu-Herrschaft anerkennen mußte. In der Schlacht bei Olegoi 1688 mußte das nordmongolische Heer eine vernichtende Niederlage hinnehmen. Um den Angriffen der Oiraten zu entgehen, unterwarf sich 1691 der Herrscher der ostmongolischen Chalcha und ihr geistliches Oberhaupt, der Dschebtsundaniba Khutukhtu, den Mandschu-Kaisern. (Khutukhtu ist die Bezeichnung für die Reinkarnation eines Heiligen, daher vulgo »Lebender Buddha«, eigentlich »Gesegneter und Heiliger«.) Damit waren die nordmongolischen Fürstentümer nur noch halbkoloniale Außenbesitzungen des chinesischen Reiches geworden. Der Kampf der Mandschu-Dynastie gegen die Westmongolen endete 1758 mit deren völliger Zerschlagung und Massenvernichtung.

Damit begann der dritte Akt der neuen mongolischen Geschichte: die Oberherrschaft (Suzeränität) der Mandschu-Kaiser. Es enstanden nun die »Innere Mongolei« mit den südlichen und östlichen Mongolen, die unmittelbar an der chinesischen Grenze siedelten und unter strikter Kontrolle gehalten wurden, und die »Äußere Mongolei«, in der sich die Mandschu mit der Oberherrschaft begnügten und die daher in ihrer Lebensgestaltung freier blieb.

Chinesische Fremdherrschaft

Obwohl bis 1906 verboten, unterlag die Innere Mongolei vom 19. Jh. an einer intensiven chinesischen Einwanderung und Besiedlung. Zum Teil durch die mongolischen Fürsten aus Eigennutz begünstigt, führte sie zur Vertreibung der Mongolen von den guten Weideplätzen und damit ihrer Verarmung. Die rücksichtslose Ausbeutung durch die Chinesen bewirkte mehr als die im allgemeinen zurückhaltende Herrschaft der Mandschu eine Entfremdung zwischen Chinesen und Mongolen, die im Laufe des 19. Jh. in Haß umschlug.

Nach der vollständigen Unterwerfung der Nordmongolei, die sich etwa mit dem Staatsgebiet der heutigen Mongolei deckt, erhielten die wichtigsten Siedlungszentren des Landes, wie Urga (heute Ulaan Baatar), Chowd und Uliastai, chinesische Garnisonen. Für das mongolische Volk begann die über 150 Jahre andauernde chinesische Fremdherrschaft, eine der schwersten Zeiten seiner Geschichte.

Die Viehzüchter (Araten) besaßen keinerlei Rechte und mußten Frondienste verschiedenster Art leisten. Bereits vom einheimischen Adel ausgebeutet, wurden sie nun auch noch von den chinesischen Eindringlingen zum Heeres- und Kriegsdienst, zum Festungs- und Straßenbau herangezogen. Transport- und Zugkräfte mußten ebenso kostenlos geliefert werden wie lebendes Vieh für die Versorgung der Garnisonen. Chinesische Händler, die nach der Besetzung zahlreich ins Land gekommen waren, verlangten von den verarmten Araten für Anleihen Wucherzinsen.

Die nach wie vor bestehende Zersplitterung in kleine, rivalisierende Fürstentümer wurde von der Zentralregierung in Peking gefördert, um die Nordmongolei besser beherrschen zu können. Auch erhielt der mongolische Adel von den chinesischen Herrschern weitgehend freie Hand bei der Ausbeutung des eigenen Volkes.

Die Stämme der Äußeren Mongolei wurden vornehmlich dadurch bewogen, sich um die Anlehnung an die Russen zu bemühen, die seit dem 17. Jh. südlich des Baikalsees auftraten.

Buddhismus

Im 16. Jh. war aus Tibet der Buddhismus in der besonderen Form des Lamaismus eingeführt worden. Von Erdene Zuu (»Kostbarer Herr«) aus begann sich die lamaistische Religion über die ganze Mongolei auszudehnen. Das wichtigste Kloster, das innerhalb kurzer Zeit zum religiösen und politischen Mittelpunkt des Landes werden sollte, entstand im Tal des Tuul im südlichen Chentii-Mittelgebirge. Es bildete den Kern der Klosterstadt Urga, die sich darauf allmählich entwickelte, und wurde vom Bogd-Gegeen, dem Oberhaupt der lamaistischen Kirche der Mongolei, bewohnt.

Der Bogd-Gegeen (»der heilige Erleuchtete«) von Urga war nach dem Dalai Lama in Lhasa und dem Pantschen Lama in Shigatse der Dritte in der lamaistischen Hierarchie. Er galt als ständige Wiedergeburt des heiliggesprochenen tibetischen Lamas Taranatha. Der erste mongolische Großlama wurde 1604 eingesetzt. Hatte die Seele des verstorbenen Bogd-Gegeen die irdische Hülle verlassen, dann irrte sie in unbekannten Räumen umher, bis sie in einem neugeborenen oder minderjährigen Knaben wieder ihre Ruhestätte fand. Das war dann der neue, wiedergeborene Bogd-Gegeen, der nach Urga gebracht wurde.

Die neue Religion, die den bis dahin unter den Nomaden verbreiteten Schamanismus ablöste, trug durch ihre weltabgewandte, zur Inaktivität und Bedürfnislosigkeit erziehenden Lehre zur Stagnation bei. Ihre Ausbreitung wurde von Peking mit allen Mitteln gefördert, denn sie verwandelte die Steppe der Kriege in eine Steppe der Klöster und Gebetsmühlen. Ein ganzes Volk wurde nun in den Glauben an eine Belohnung im zukünftigen Leben versetzt. Sie nahm dem mongolischen Volk jene Kraft, vor der im Mittelalter unter Dschingis Khan und seinen Erben Europa und Asien gezittert hatten. Bereits zu Beginn des 19. Jh. konnte als Ergebnis dieser Entwicklung ein chinesischer Chronist schreiben:

»Die Schwäche ist eine Wohltat für China, und die Beherrschung der Mongolei durch den Buddhismus ist eine der wichtigsten politischen Regeln Chinas.«