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Westliche Oasen

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Die westlichen Oasen

Diese Oasen sind seit Beginn der ägyptischen Geschichte bewohnt. Ungeachtet
der Islamisierung und Arabisierung hat die seßhaft gewordene Oasenbevölkerung
einige Bräuche aus der Beduinentradition beibehalten.

Den Besuch der nördlichsten Oasen Baharia und Farafra kann man sich getrost
sparen: im Gegensatz zu ihrem bescheidenen Anblick ist die Straße, die sie mit
Kairo verbindet, ein rechtes Abenteuer.

Zum Ausgleich sind die südlichen Oasen Khargeh und Dakleh reich an archäologischen
Spuren. Man erreicht sie bequem über eine gut ausgebaute Straße, die von Kairo
über Assiut führt. Die Strecke läßt sich auch täglich mit einem Busdienst zurücklegen.
Zudem fliegt Egyptair zweimal wöchentlich den kleinen Flughafen von Khargeh
an.

Khargeh

Nachdem man den Rand des libyschen Plateaus überquert hat, zeigt die Wüste
hinter Assiut eine Vielzahl von Landschaften und Farben. Mitten in diesen steinigen,
von Sandströmen und Dünen markierten Flächen ging im 4. Jh. die Armee des Perserkönigs
Kambyses II. (anläßlich ihrer Expedition zu den Oasen) mit Mann und Maus zugrunde.

Etwa zweihundert Kilometer von Assiut entfernt tut sich in einer Senke der
Kühlung versprechende und wohltuende Anblick der Oase auf. Die Stadt verbuchte
seit dem Neuen-Tal-Projekt und der Bewirtschaftung neu hinzugekommener, bewässerter
Flächen einen gewissen Zuwachs, entbehrt aber an und für sich des Interesses:
vier- bis fünfgeschossige Betonbauten, dem im Sommer heißen, im Winter kalten
Klima schlecht angepaßt, reihen sich entlang breiter Straßen, die mit dem Lineal
gezogen wurden und sich im rechten Winkel schneiden. Zum Ausgleich retteten
der alte Teil der Stadt und die umliegenden Dörfer etwas von der einstigen Atmosphäre.

Am grün gefaßten Eingang zur Oase erheben sich die malerischen Überreste des
Hibis-Tempels, der zur Zeit Darius´ errichtet wurde. Etwas nördlicher in den
Dünen flaniert man zwischen den Gräbern des beachtlichen Christenfriedhofes
von Bagawat, wo einige kleine Gebäude aus ungebrannten Ziegeln, von Kuppeln
überragt, noch ihre ursprünglichen Wandmalereien aufweisen. So erreichte das
Christentum auch diesen entlegenen Wüstenwinkel, nahm die alten ägyptischen
Grabarchitekturtechniken wieder auf und gab sie an den Islam weiter.

Die Oase breitet sich südlich der Stadt Khargeh unregelmäßig auf einer Länge
von etwa hundert Kilometern aus. Hie und da erwecken ein paar Tempelruinen aus
griechisch-römischer Zeit unsere Aufmerksamkeit: Nadura, Kasr al-Khueta und
Dusch mit seiner Festung, dem allersüdlichsten Punkt des römischen Verteidigungssystems.

Dakhleh

Von Khargeh führt eine kümmerliche Straße etwa zweihundert Kilometer gen Westen
zur Oase von Dakhleh: eine einladende, fruchtbare, mit Palmenhainen und Obstgärten
bewachsene Stätte, von Bergen eingefaßt, die ihr den Horizont versperren. Die
Dörfer, wie z.B. Mut und Al-Kasr, haben ihre traditionellen Strukturen gewahrt:
weiß gekalkte Lehmbehausungen, deren schwere Türen mit einem mächtigen Holz
verschlossen werden und schattige Gassen, in denen Frauen in schwarzen Kleidern
umhergehen, die durch eine Vielzahl kleiner Münzen aus Silber oder einfachem
Metall und bunten Stickereien besonders schön zur Geltung kommen.

Von der Vielzahl der baulichen Zeugnisse aus dem Altertum, die sich über die
seit dem Alten Reich von einem Gouverneur regierte Oase verteilen, sollte man
zumindest den zerstreuten Überresten des Tempels von Dair al-Hagar und besonders
den bemalten Grabstätten von Muzawaka Beachtung schenken: eine überraschende
Mixtur ägyptischer Themen und griechischer Stilelemente, die mit der eher steifen
und einfältigen Ungeschicklichkeit einer entlegenen Provinz gestaltet wurden.