Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Ismails Prunksucht

Body: 

Ismails Prunksucht

Der Widerstand gegen die Verwestlichung ist ein Dauerbrenner in der ägyptischen
Politik. Unter Vizekönig Abbas (1849-1854), dem Nachfolger Mohammed Alis, wurde
er zum Regierungsprogramm erhoben, nach Abbas´ Ermordung allerdings schnell
wieder fallengelassen.

Der Enkel Mohammed Alis, der Khedive Ismail, vollendet das kolossale Kanalprojekt
zwischen Port Said und Suez; über die beiden Bitter-Seen verbindet er das Mittelmeer
mit dem Roten Meer und darüberhinaus dem Indischen Ozean. Initiator dieses Bauvorhabens
ist der französische Architekt Ferdinand de Lesseps, ein früherer Anhänger Saint-Simons,
der sich weder von den technischen, noch von den finanziellen oder politischen
Schwierigkeiten abschrecken läßt. Er gründet eine anonyme Finanzierungsgesellschaft
und erhält eine Konzession des Khediven für seine »Compagnie de Suez, trotz
des Widerstandes aus Großbritannien, das den wachsenden französischen Einfluß
auf Ägypten fürchtet. Die 1859 eingeleiteten Bauarbeiten dauern bis 1869 an.
Ismail weiht den Kanal mit großem Pomp und vielen Staatsgästen offiziell ein.
Vis-à-vis des Asbakaia-Gartens entsteht extra für diesen Anlaß ein Opernhaus,
das 1971 abbrennt. Ein Jahr nach der Eröffnung des Suezkanals – mit einiger
Verspätung also – feiert die Verdi-Oper Aida nach einer Vorlage der Ägyptologin
Auguste Mariette hier Premiere.

Der Wasserweg zwischen Afrika und Asien stellte eine erhebliche Zeit- und Geldersparnis
für den gesamten Fernosthandel dar. Als strategisch wichtige Zone wurde er zum
Zankapfel zwischen Frankreich und Großbritannien, zwischen der Aktionärsgesellschaft
und Ägypten, schließlich auch zwischen Israel und Ägypten. Dabei hatte die Geschichte
des Suezkanals gerade erst begonnen.

Hinzu kam, dass die Bauarbeiten Ägyptens Schulden so sehr in die Höhe trieben,
dass Ismail nunmehr von den europäischen Kreditgebern abhängig wurde und somit
jenen Freiraum wieder verlor, den er gerade dem Sultan in Konstantinopel abgetrotzt
hatte. Die Franzosen hielten die Mehrheit in der Suez-Compagnie, und Ägypten
mußte seine Aktien aus Geldnot an England verkaufen. Damit schwanden die Chancen
des Khediven auf Autonomie. Tatsächlich hatte sich eine anglo-französische Doppelherrschaft
in Ägypten eingerichtet.