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Geburt der Orientalistik

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Die Geburt der Orientalistik

Vor Ort gründeten sie das Ägyptische Institut, das bis heute wie eine ägyptische
Akademie arbeitet. Hier kommen Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen
zusammen, deren Interesse über den bloßen Kulturbereich hinausgeht. So entstand
die Idee, Mittelmeer und Rotes Meer mit einem Kanal zu verbinden – ein Projekt,
das ein paar Jahrzehnte später auch verwirklicht wurde.

Die Orientalistik war geboren; Orientalistik oder Orientkunde; Orientalistik
oder das westliche Vorurteil über den Orient. Eine Orientalistik, die immer
wieder vom Studierzimmer auf die politische Bühne tritt und somit bis heute
spürbare Auswirkungen zeitigt.

Mohammed (Mehemed) Ali, oder: Die westliche Verführung

Auch Ägypten, schon lange innerlich zerrissen, geht verändert aus der französischen
und später britischen Besetzung bis 1805 hervor. Mohammed Ali, ottomanischer
Offizier albanischer Herkunft, stationiert seine Truppen in Ägypten und macht
sich die Rivalitäten der Paschas zunutze. Er übernimmt die Macht, läßt sich
als Herrscher von der Hohen Pforte bestätigen, vertreibt die Engländer und zuletzt
auch die Mameluken: sie werden 1811 in der Zitadelle von Kairo niedergemetzelt.

Als gewiefter Politiker verstand er es, seinen Vorteil aus der inneren Zwietracht
zu ziehen. Allerdings wurde ihm auch klar, dass darin eine der Ursachen für die
Schwäche Ägyptens lag. Nach seiner Ernennung zum Pascha regierte er das Land
wie ein absolutistischer Fürst. Die Minister wurden zu Befehlsempfängern degradiert.
Gleichzeitig war Mohammed Ali bestrebt, das wirtschaftlich am Boden liegende
Land neuer Blüte zuzuführen. Die bettelarmen Fellachen, die man zum Frondienst
anhielt, verspürten davon freilich wenig. Sie wurden durch Steuer und Peitsche
geknechtet. Doch gelang es dem Pascha immerhin, das Land erstmals auf den Weg
einer modernen Nation zu bringen.

Aufgeschlossen für neue Ideen, nahm er französische Spezialisten als Berater
in seine Dienste und entwickelte die nationale Infrastruktur. So betraute er
den Kolonel Sève, besser bekannt als Soliman Pascha nach seinem Übertritt zum
Islam, mit der Reorganisation des Staatsheeres. Weitere Offiziere aus dem Ausland
unterstützten ihn dabei. Jumel führte die Baumwolle ein, die später ebenso wie
das Zuckerrohr zu einem der wichtigsten Rohstoffe Ägyptens wurde. Andere landwirtschaftliche
Erzeugnisse wurden dabei vernachlässigt (der Zuckerrohrindustrie fielen überdies
zahlreiche antike Stätten zum Opfer, die zugunsten neuer Raffinerien Stein für
Stein abgetragen wurden). Clot Bey gründete Krankenhäuser; Jomard betreute das
Schulwesen. Dann entstand die Baustelle für den ersten Staudamm an der Delta-Spitze,
etwas nördlich von Kairo. Damit waren die – wenn auch mangelhaften – Grundlagen
für einen strukturierten Staat gelegt. Aus Sorge um die Erhaltung des erworbenen
Besitzstandes führte Mohammed Ali die Erbnachfolge ein und sicherte somit seiner
Familie die Macht für etwa hundert Jahre.

Außerhalb Ägyptens gebärdete er sich als Condottiere diverser militärischer
Unternehmungen mit unterschiedlichem Ausgang. Ziel war die Erweiterung seiner
Ländereien und eine größere Unabhängigkeit vom Sultan in Konstantinopel. Als
er 1849 starb, beherrschte Ägypten noch immer den Sudan und hatte sich eine
gewisse Autonomie erworben. Von einer echten Unabhängigkeit oder internationaler
Anerkennung konnte jedoch noch keine Rede sein.