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Besichtigung

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Hearst Castle - wie der Besuch abläuft

Vier unterschiedliche, durchnumerierte Führungen werden angeboten. Sieh mal einer an... Sie finden in der Regel zwischen 8 und 16h statt, wobei die Öffnungszeiten je nach Saison schwanken. Wählen wir die Tour Nr. 1. Sie erstreckt sich, wie bereits erwähnt, ungefähr über eine und eine eindreiviertel Stunde, was vollauf genügt.

Die extravagante Residenz Hearsts kostete dreißig Millionen Dollar und ist damit wohl das teuerste Wohnhaus der Welt. Soviel sei vorausgeschickt: Wenn Geld bekanntermaßen nicht glücklich macht, so ist es zudem auch keine Garantie für guten Geschmack. Man wundert sich wirklich, wie Hearst es geschafft hat, sich mit so viel Geld ein so ungemütliches Heim einzurichten. Wenn auch die Kunstwerke, mit denen das Haus vollgestopft ist, von unschätzbarem Wert sein mögen, so wird ihre Wirkung durch das unglückliche Arrangement erheblich beeinträchtigt.

Die Besichtigung läßt sich jedoch zunächst ganz gut an, da erst der wirklich schöne, geschmackvoll ausgestattete, offene Swimmingpool vorgeführt wird. Darauf folgt das Gästehaus. Den Eingang ziert eine prächtige Keramik aus dem 16. Jh. Zimmer mit Kassettendecke und wunderbaren Möbeln. Den Garten schmückt Sekmet, die Göttin über Leben und Tod: der Frauenkörper schenkt Leben, der Löwenkopf nimmt es wieder. Ein Springbrunnen im Jugendstil, eine barocke Schranke und eine klassische Säule. Die Gästezimmer sind in einem überladenen spanischen Stil gehalten, weisen aber zumindest eine gewisse Einheitlichkeit in der Ausstattung auf. Man betritt nun das Hauptgebäude, dessen Fassade ein unsagbares Stilgemisch darstellt, ein Konzentrat der Kunstgeschichte, wobei sich das häßliche Echte mit dem schönen Falschen mischt. Man fragt sich ferner, warum wohl kaum ein einziger Gedanke an die Beleuchtung dieser Gemächer verschwendet worden zu sein scheint.

In rund hundert Zimmern gilt es, manches zu bestaunen: die dreihundert Jahre alten Tische im Speisesaal, die aus Klosterspeisesälen stammen, der gotische Schreibtisch, die mit fünftausend Bänden seltener Bücher ausgestattete Bibliothek, die Hearst nie nutzte... Na ja, Hauptsache man staubt von Zeit zu Zeit die Rücken ab, nicht wahr? Desweiteren herrliches Chorgestühl, naive religiöse Malerei, eine Canovastatue, ein riesiger Kamin, Teppiche, römische Mosaike, ein gotischer Speisesaal mit prachtvollen Silberleuchtern und ein Billardsaal, der unter dem Motto »Sport und Spiel« steht, wie z.B. an der Keramik mit Festmotiven oder den Teppichen mit Jagddarstellungen zu erkennen.

Für die Inneneinrichtung erstand Hearst in Europa das Teuerste, das Verrückteste, aber nicht immer das Žsthetischste. Wenn ihm eine Skulptur gefiel, zögerte er nicht, eine Kopie in Marmor oder auch Beton anfertigen zu lassen. Zur Ruhe bettete er sich in der Koje Richelieus. Er kaufte komplette Chöre von Kirchen und ließ Schwimmbäder ausheben, wie man sie auf keiner europäischen Messe zu Gesicht bekommt.

Wunderbare Gärten bestimmen das Bild der umliegenden Landschaft. Hearst verpulverte ein Vermögen dafür, bereits ausgewachsene Bäume zu pflanzen, da er nicht die Geduld hatte zu warten. ebaErinnnert doch irgendwie an den Kruppschen Park um die Villa Hügel in Essen.

Am Ende der Besichtigung kommt man im Theater in den Genuß eines Sechsminutenfilmes, der berühmte Besucher des Hauses zeigt, wie z.B. Charlie Chaplin, Clark Gable, Norma Sharer und viele andere. Will man sich von Leben und Umgebung Hearsts ein Bild machen, sollte man einfach nochmal »Citizen Kane« von Orson Welles anschauen.