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Rückweg

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Telegraph Creek

Rast in der Lodge

Schlaglöcher zuhauf

Am Abend sitzen wir wieder gemütlich zusammen und besprechen unsere Tageserlebnisse. Dabei erzählt Toni vom Telegraph Creek, einem beliebten Ausflugsziel in dieser Region, und wir beschließen, noch einen Tag hierzubleiben und am Tag darauf dorthin zu fahren. Am nächsten Morgen fahren wir mit unserem Pick up-Camper wieder auf den Cassiar Highway hinauf und tuckern, wie ursprünglich geplant, nach Norden. In der nächsten größeren Ortschaft, in Iskut, biegen wir in Richtung Pazifik ab. Eine schmale Straße führt uns an einen grandiosen Canyon heran. Am Anfang der Strecke stehen rechts und links des Weges dichte, aber niedrige Wälder. Als wir am Tuya-Aussichtspunkt stehen bleiben, haben wir einen weiten Blick ins Tal hinab und sehen in der Ferne einen kleinen Teich mit einer Biberburg. Sanft geschwungene, waldbewachsene Hügel breiten sich vor uns aus. Inzwischen sind wir es gewöhnt, auf ungeteerten Straßen zu fahren, nur ist diese hier sehr wenig geschottert.

Der Untergrund ist ziemlich erdig, und wir überlegen, wie die Straße wohl aussieht, wenn es regnet. Oder sogar im Winter? Wir fahren neben dem Tanzilla River her, den man immer wieder auch vom Auto aus sehen kann. Auch hier gibt es reichlich originelle Brücken aus Holz, und als Europäer kann man sich nur wundern, dass selbst auf diesen engen, kurvigen Straßen Tankwagen mit höherer Geschwindigkeit als die Pkws über die Brücken fahren. Mitten in den Hügeln, wir fahren steil bergab, sehen wir am Grunde des Tales, auf saftig grünen Wiesen, eine kleine Ranch mit Pferden. Viele Koppeln mit leichtem Baumbestand, im Hintergrund der Stikine River und waldbewachsene Hügel. Ein unglaublicher Anblick.

Der Weg wird immer schlechter: Auf der einen Seite kommt der Abhang mit großer Steinschlaggefahr bis an die Fahrbahnkante heran, dafür geht es auf der anderen Seite steil nach unten. Wir fahren den Grand Canyon des Stikine Rivers entlang und bleiben stehen, wo es sich irgendwie einrichten läßt, ohne andere Autos zu behindern. Der Stikine hat an dieser Stelle ein breites Flußbett ausgebildet, das sich weit in die Berge hinuntergefressen hat. Dabei sind an den Steilwänden die geschichteten Gesteinsformationen genau zu sehen. Je nachdem wie das Sonnenlicht darauf fällt, schimmern die Felswände in den unterschiedlichsten Farben. So schlängelt sich der Weg lange Zeit auf den Pazifik zu, bis wir endlich zur Ortschaft Telegraph Creek kommen. Die Straße führt durch ein Indianerreservat, und man kann schon vor Telegraph Creek viele Indianerhütten und Indianer stehen sehen. Auch hier gibt es einen langen Kanal bis zum Pazifik, dennoch kamen früher die alten Raddampfer bis hier herauf, um von hier aus das Land zu besiedeln. Die Ortschaft Telegraph Creek besteht aus ein paar Häusern, einer Kirche und einem Laden mit angegliedertem Cafe, in dem wir mal wieder unseren obligatorischen Cheeseburger verzehren. Auch eine kleine Reparaturwerkstätte gibt es hier.

Lange Zeit verweilen wir in der einfachen, aber sehr stimmungsvollen kleinen Kirche aus Holz, die einen richtigen Kirchturm hat. Sie ist mit einem wertvollen Altar aus Holz und wunderschönen Holzbänken ausgestattet und mit einem roten Teppich ausgelegt. Bleibt man eine Weile ruhig stehen, sieht man buchstäblich die Damen und Herren aus der Jahrhundertwende in ihren langen Kleidern und Gehröcken auf den Bänken sitzen. Wir schauen uns ausgiebig um, wandern am Fluß umher und beschließen dann, uns langsam auf den Heimweg zu machen, um auf dem Rückweg nochmals diesen grandiosen Canyon zu bewundern. Wenn wir gewußt hätten, dass es ein paar Kilometer hinter Telegraph Creek einen Camp Ground gibt, wären wir über Nacht hiergeblieben, aber so haben wir uns bei Toni zum Abendessen angemeldet.

Auf dem Rückweg fängt es an zu regnen, und wir stellen fest, dass die Strasse durchaus auch bei Regen befahrbar ist. Sie ist glitschig und schmierig, aber da es kaum Verkehr gibt und es niemand eilig hat in diesem Land, spielt das keine große Rolle. Allerdings stellten wir im Nachhinein fest, dass sich die Schlösser des Campers durch den vielen hochgeschleuderten Dreck nicht mehr öffnen lassen. Nur nach großen Mühen lässt sich der Schlüssel im Schloss wieder bewegen, und vom Inneren des Campers aus sieht man nicht mehr durch die verschmutzten Scheiben. Vor einer solchen Tour sollte man besser die Schlösser von außen mit Klebeband abdichten.

Mit jedem Tag sammeln wir mehr Wildniserfahrungen. Sei es auf der Straße auf engen Gravelroads innerhalb von Baustellen und strömendem Regen, seien es Steigungen und Gefälle, die man sich zu Hause nie getrauen würde, mit solch einem großen und schweren Auto zu befahren, oder die Schwarzbären, die einem immer wieder mal vor den Camper „rollen“, wenn sie die Fahrbahn überqueren wollten.

An diesem Abend, nach einem guten Essen bei Toni und einem langen Beisammensein mit den Schweizer Angestellten und Gästen überlegen wir, wie wir unsere Tour weiter gestalten sollen. Allzuviel Zeit haben wir nicht mehr, und Toni erzählt, dass der Alaska Highway nicht gut zu befahren und auch landschaftlich nicht besonders schön sei. Unter anderem soll es dreißig Zentimeter tiefe Schlaglöcher geben, die nicht angekündigt werden, und ähnliches. Es lässt sich also schlecht berechnen, wie viele Tage wir für den Golden Circle noch brauchen würden, und so beschließen wir, den gleichen Weg zurückzufahren, um noch einen Abstecher in den Süden zu machen, wo wir vor langen Jahren schon einmal gewesen waren.

Rückweg*

Am nächsten Morgen brechen wir nach einem phantastischen Frühstück und einer herzlichen Verabschiedung auf und fahren wieder gen Süden. Es ist durchaus nicht langweilig, die gleiche Strecke noch mal zu fahren. Das gute Wetter läßt allmählich nach, erst nieselt es, dann regnet es, und so fahren wir an unserem schönen kleinen privaten See vorbei, weiter gen Süden. In der Nähe von Hazelton, zurück auf dem Yellowhead Highway, übernachten wir an einem kleinen See, am Seeley Lake, zwar nahe des Highways, aber wunderbar ruhig gelegen. Wieder einmal ein besonders schöner Provincial Park mit Feuerholz und großen, rundum eingewachsenen Campstellen. Wir wollen noch ein wenig angeln, stellen aber fest, dass die Ufer dafür zu sehr eingewachsen sind, und weil es schon spät ist und es endlich aufgehört hat zu regnen, kümmern wir uns um das obligatorische Campfeuer. Das Feuerholz ist auf diesem Camp Ground zwar umsonst, aber es muß noch kleiner gespalten werden und ist so nass, dass es eine Ewigkeit dauert, bis ein Feuer brennt und genügend Glut zum Grillen vorhanden ist.

In Nordamerika wird auf andere Art gegrillt, als wir das kennen. Bei uns zu Hause wird ein Grillfeuer entfacht und später bei hoher Temperatur knapp über der Kohle gegrillt. Hierzulande befinden sich die installierten Grillroste in für uns unüblicher Höhe. Man brät damit das Grillgut über offener Flamme kurz an. Danach kommt das Fleisch in einen Topf, wird mit Wasser und Gewürzen angegossen und gart so lange Zeit auf dem Grillfeuer. Somit wird selbst Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren, das eine festere Konsistenz hat als das Fleisch von Mastvieh, zart.

Am nächsten Tag fahren wir wieder auf dem Yellowhead Highway entlang und machen hier und da einen Abstecher ins Hinterland, zum Beispiel zu dem großen und besondern bei Anglern beliebten Babine Lake. Wir befinden uns in etwas dichter bevölkertem Gebiet, obwohl es in Deutschland immer noch als einsam gelten würde. Und inmitten dieser doch zivilisierten Landschaft trollt sich immer wieder mal ein Schwarzbär des Weges. Nachdem uns auf dem Hinweg der Beaumont Provincial Park am Fraser Lake so gut gefallen hat, beschließen wir, dort wieder eine Nacht zu verbringen und machen uns auch sogleich auf, um wieder Champignons zu ernten. Auch diesmal ist die Ernte nicht gering, anscheinend hat sich in der Zwischenzeit kein Mensch darum gekümmert. Beim letzten Mal hat der Parkwächter, der am Abend zum Kassieren kam, vor Bären gewarnt, da am Abend davor ein Schwarzbär an der Grenze des Camp Grounds gesehen wurde, aber an diesem Abend scheint alles ruhig zu sein.