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Grizzlygebiet

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Bear Paw Ranch Lodge und lustige Bootsfahrt

Verräterische Bärenfährten, Rast in Iskut

Viel Ruhe - Serengeti des Nordens*

Ab dieser Kreuzung gibt es nahezu keinen Verkehr mehr. Alle Stunde kommt uns ein Auto entgegen, mehr nicht. Die Straße wird immer enger und schlechter befahrbar, die uns umgebende Wildnis immer größer. Wir werden stiller und stiller und genießen die Ruhe der nahezu unberührten Wildnis. Die ganze Zeit halten wir nach einem Bären Ausschau, aber je mehr wir suchen, desto weniger läßt sich wohl einer finden. Allmählich fahren wir ganz offensichtlich innerhalb einer Baustelle. Wir wundern uns, dass alles so verlassen ist, und als wir nachrechnen, stellen wir fest, dass heute Sonntag ist. Also auch in Kanada gibt es am Sonntag, zumindest bei staatlichen Angestellten, einen freien Tag. Das ist allerdings nicht immer so. Aber es ist eine Erklärung, warum noch weniger los ist auf dem Highway als sonst. Die Straße wird immer enger und immer schmieriger von der Bodenbeschaffenheit her. Sie ist durch orangefarbene Marker gekennzeichnet, damit man den kurvigen Weg findet. Aber auch diese Baustelle ist zu bewältigen, und gegen Mittag kommen wir an der einzigen Versorgungsstelle gen Norden an, genannt „Bell II“.

Die Versorgungsstation besteht aus einer Tankstelle und einer für diese Gegend großen Raststätte, die auch über einen Auto-Reparaturservice verfügt, sowie ein paar Camper-Stellplätze und wenige Hütten. Das ist alles für eine weitere lange Strecke. Wir tanken und da es Mittagszeit ist, gehen wir noch einen Burger essen. Kein Vergleich mit deutschen Fast Food-Burgern. Es fällt uns wieder einmal die große Gastfreundschaft auf, mit der wir hier behandelt werden, und stellen fest, dass sich die Menschen verändern, je weiter wir gen Norden kommen. Sie werden stiller, aber auch gelassener, als ob sie nichts in der Welt aus der Ruhe bringen könnte. Hier scheint es keine Hektik zu geben, egal ob ein Trucker unterwegs ist oder ein Urlauber. Aber es gibt überall eine große Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit.

Nach dem Mittagessen machen wir uns wieder auf den Weg, ohne genau zu wissen, wo wir heute Abend übernachten sollen. Wild zu campen inmitten eines Grizzlygebietes ist uns nicht geheuer, aber Campplätze gibt es nicht allzuviele auf der Strecke. So fahren wir erst einmal gemütlich weiter und lassen die Dinge auf uns zukommen. Immer wieder bestaunen wir die einfachen Holzbrücken, über die wir fahren, meist sind sie ohne Geländer. Oftmals steigen wir aus, um uns die Brücken von nahem anzuschauen, und die großen Logtrucks, die selbst auf diesen Straßen fahren, über die kleinen Brücken donnern zu sehen. Ein Logtruck hat einfach immer Vorfahrt hierzulande.

Dazwischen bleiben wir immer wieder einmal stehen, um an einem Flußufer entlang zu laufen oder irgendwelche Hinweistafeln zu studieren. Es ist Nachmittag, und allmählich schauen wir uns nach einer Übernachtungsmöglichkeit um. Im Übrigen sei angemerkt, dass endlich auch die ersehnten Bären auftauchen. Meist dann, wenn kein Mensch mit einem rechnet, stolpert ein Schwarzbär aus dem Gebüsch und versucht schnell die Straße zu überqueren. An einer Stelle steht hinter einem Baum ein ängstlicher Schwarzbär, will über die Straße, traut sich aber offensichtlich nicht. Wir beobachten ihn längere Zeit, haben dann aber ein Einsehen mit ihm und fahren langsam weiter. Im Rückspiegel sehen wir, dass er zögernd die Straße überquert. Am Eastman Creek halten wir an und machen eine kleine Pause. Auf einer Hinweistafel in einiger Entfernung stehen die nächstmöglichen Übernachtungsmöglichkeiten angeschrieben, und wir studieren die vielen Informationen.

Überall stehen Bärenwarnschilder. Eigentlich überlegen wir gerade, ob wir nicht an diesem Rastplatz einfach übernachten sollen, da erblicken wir just unter einem Bärenwarnschild die Kratzspuren eines Grizzlys. Kurioserweise reichen sie bis fast an das Bärenwarnschild hinauf, das weit über zwei Meter hoch hängt. Wir schauen uns daraufhin etwas genauer um und finden noch viele verräterische Spuren in der Umgebung, wie zum Beispiel umgekippte und ausgeräumte Mülleimer. Keine Frage, das ist sicherlich nicht der richtige Ort zum Übernachten. Schweren Herzens fahren wir weiter, denn wir sind allmählich müde. Die Gegend wird etwas offener, und es tauchen einige größere Seen am Rand der Straße auf. Auch ein paar Häuser sind wieder zu sehen. Wir überlegen schon, ob wir hier einfach stehen bleiben sollen, aber als wir auf der Karte nachschauen, stellen wir fest, dass die Lodgeempfehlung in der Nähe von Iskut, die uns die Kanadierin, die wir an der Fähre getroffen haben, gab, nicht mehr weit ist. Und so ein richtiges gutes Essen, das würde uns jetzt sicherlich gut tun. Wir wollen versuchen, so weit zu kommen.

Leben auf einer Lodge*

Die Kilometer ziehen sich reichlich in die Länge, aber am Spätnachmittag sehen wir endlich das große Hinweisschild der „Bear Paw Ranch“. Im Hintergrund tauchen ein paar Gebäude auf, und die österreichische, schweizerische und bayrische Flagge flattern im Wind. Wir biegen auf die Zufahrt ein, die sich zwischen den Bäumen hindurch auf das große Haupthaus zuschlängelt. In der Nähe stehen ein paar Pferde, und ein paar wenige Camperstellplätze sind zu sehen.

Fürs erste checken wir einfach ein und werden gefragt, ob wir zum Abendessen kommen wollen, was wir erfreut bejahen. Dann versorgen wir unseren Camper und gehen eine Runde auf dem Areal der Lodge spazieren. Es gibt mehrere kleine Holzcabins, die von Urlaubern gemietet werden können, einen Westernsaloon, der zwar im Moment nicht geöffnet ist, alles in allem eine schöne Anlage. Nachdem wir uns etwas erholt haben, ist auch die Zeit fürs Abendessen gekommen, und wir gehen ins Haupthaus. Dort wundern wir uns, wo auf einmal die vielen Leute herkommen. Im Nachhinein erfahren wir, dass dies solch eine Gruppe ist, die sich hier zum Essen angemeldet hat und dafür eine Fahrzeit von jeweils fast zwei Stunden in Kauf nimmt. Wir freuen uns auf ein vernünftiges Essen und stellen fest, dass es das beste Essen seit zu Hause ist.

Nachdem die anderen Gäste weg sind, sitzen die wenigen Übernachtungsgäste der Lodge zusammen, und Toni, ein Österreicher und Besitzer der Lodge, hat die Zeit, sich ausführlich um seine Gäste zu kümmern. Später kommen auch der Schweizer Koch und noch ein paar andere Leute dazu, mit denen wir uns zur Abwechslung mal wieder in der deutschen Sprache unterhalten. Die Zeit vergeht wie im Flug, und wir erfahren bei dieser Gelegenheit auch vieles über Kanada, was nur Einheimische erzählen können. Toni ist überdies ein guter Gastgeber und versteht es, die Leute mit Späßen bei Laune zu halten. Spät in der Nacht gehen wir alle ins Bett, und beschließen, beim Frühstück am nächsten Tag zu besprechen, was man alles unternehmen könnte.

Am nächsten Tag können wir unter verschiedenen Frühstücksmöglichkeiten wählen, es gibt also nicht schon wieder Eier mit Speck, und nachdem es uns hier sehr gut gefällt, überlegen wir, wie wir unsere weitere Tour gestalten sollen. Bisher sind wir jeden Tag viele Kilometer gefahren, was zwar Spaß gemacht hat, aber inzwischen macht sich eine gewisse Reisemüdigkeit bei uns bemerkbar. Außerdem würden wir ganz gerne an einer Bootstour teilnehmen. So beschließen wir, ein oder zwei Tage hierzubleiben und mit den anderen Leuten zusammen etwas zu unternehmen.

Einer von uns fährt mit Stan, einem kanadischen Führer (Guide), und einem Schweizer Ehepaar zum Angeln, weniger wegen des Angelns, als wegen der Bootsfahrt und der Zeit, die man dabei hat, das Ufer nach Tieren abzusuchen. Wir fahren über mehrere Seen, und die Angler freuen sich über jeden Fisch, den sie an den Haken bekommen. Es sind zwar nicht die Größten, aber vier davon behalten wir, um mittags bei der Rast etwas zum Grillen zu haben. Mitten in der Wildnis landen wir unser Boot an, und an einer ungefährlichen Stelle machen wir ein Lagerfeuer und bereiten das Mittagessen zu. Wir waren den ganzen Vormittag unterwegs und haben bei der Rast viel Spaß.

Das größte Ereignis bei der Rückfahrt ist eine Elchkuh mit ihrem Kalb, die vorsichtig aus dem Wald herauskommen, um zum Trinken an den See zu gehen. Stan fährt so nahe wie möglich an die Tiere heran und stellt dann den Motor des Bootes ab; so können wir die beiden Elche in aller Seelenruhe beobachten. Weil die Tiere dennoch einen etwas verstörten Eindruck machen, startet Stan das Boot wieder, um langsam abzudrehen und sie nicht über Gebühr zu stören. Während unserer Tagestour machen wir auch einen Spaziergang durch die Wildnis zu den Kaskadenfällen, ein Wasserfall, der über große Stufen hinab rauscht.

Der andere von uns machte währenddessen mit ein paar Männern eine Kanutour bis hin zu einer alten Ghosttown (Geisterstadt). Dort stehen alte und verlassene Blockhütten, in denen man immer noch gut übernachten könnte. Sie fangen bei ihrer Fahrt einen riesengroßen Hecht, der abends in der Küche der Lodge landet.