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Barkerville

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Cariboo Highway - Quesnel

Ausflug in eine Goldgräberstadt

Forstwirtschaft

Am nächsten Tag fahren wir bis nach Prince George, besuchen allerdings das Railway Museum auch diesmal nicht, da wir keine Lust haben, in die Großstadt hineinzufahren. So biegen wir nach Süden ab, und fahren über den Cariboo Highway, um nach Quesnel zu fahren. Quesnel, ein ganz normales, durchschnittliches Städtchen, interessiert uns nicht weiter, aber an dieser Stelle geht es ab zu der alten Goldgräberstadt Barkerville.

Auf dem Weg nach Barkerville bleiben wir an einer alten historischen Stätte stehen, dem Cottonwood House, einer ehemaligen Poststation. Für fast ein halbes Jahrhundert hat an dieser Stelle die Familie Boyd dafür gesorgt, dass Mensch und Tier ordnungsgemäß versorgt wurden. Reisende fanden hier Unterkunft, Essen und Trinken. Im Stall standen immer frische, ausgeruhte Pferde bereit, und auch Ausrüstungsgegenstände für Minenarbeiter waren vorhanden. Schon 1864 wurde dieses „Road House“ gebaut, und auch heute sind viele Gebäude noch voll funktionsfähig und eingerichtet, wie zum Beispiel die Küche oder der Stall. Alte Kutschen und uralte landwirtschaftliche Geräte, deren Verwendungszweck man manchmal nur erahnen kann, stehen einfach auf der Wiese. Nachdem wir alles besichtigt haben fahren wir weiter zu der legendären Ortschaft Barkerville.

Wir kommen im Laufe des Nachmittags an, rechtzeitig genug, um noch in aller Ruhe die Goldgräberstadt zu besichtigen. Auf einem mehrere Hektar großen Areal stehen die alten, aber schön restaurierten Gebäude der Gründerzeit. Fast alle sind entsprechend eingerichtet, ob Post oder Bank, und können von innen besichtigt werden. Manche kann man nur von der Tür oder von einem Fenster aus begutachten, aber auch diese sind komplett eingerichtet. So betrachten wir verschiedene Läden, alte Goldgräberhütten, Post- und Bankgebäude und natürlich auch einen Saloon und eine Schmiede. Es ist höchst interessant zu sehen, in welchen Verhältnissen die Leute früher gelebt haben. Vor den Häusern sind überall „Step-walks“ angebracht, das sind Wege aus Holzbrettern, damit die Menschen trockenen Fußes von einem Haus zum anderen gehen konnten. Nur wenn sie bei schlechtem Wetter die Straße überqueren mußten, hatten sie zum Teil durch wadenhohen Schlamm zu waten. Eine recht eigentümliche Vorstellung, vor allem bei den langen Kleidern der Damen, die damals üblich waren. In Barkerville gab es auch damals schon ein Chinatown, in dem viele Handelsgeschäfte ihren Platz hatten. Dort nehmen wir die Gelegenheit wahr, uns ein richtig gutes chinesisches Essen zu gönnen. Nach dem Essen etwas träge geworden, besichtigen wir noch einige alte Schürfplätze und untersuchen die Gerätschaften, mit denen man früher versucht hat, möglichst viel Gold aus den Minen zu fördern.

Dann machen wir uns mit unserem Camper wieder auf den Weg, um einen netten Camp Ground zu finden, und fahren dabei über die Anlage einer Minengesellschaft, deren Gerätschaften natürlich wesentlich monströser aussehen als die altertümlichen Anlagen in Barkerville. Wir finden zwei Commercial Camp Grounds, die uns aber nicht besonders gut gefallen. Es sind viele Leute dort und es ist einfach zu laut. Wir befinden uns im kanadischen Hinterland und wollen die Ruhe genießen. Nachdem noch ein weiterer Camp Ground, der etwas außerhalb liegt, angeschrieben ist, machen wir uns dorthin auf den Weg. Es ist der große Barkerville Provincial Camp Ground, auf dem eigenartigerweise kein einziges Fahrzeug steht. Es gibt Toiletten mit fließendem Wasser und Waschräume, auch Feuerholz in ausreichender Menge. Diesen Platz finden wir besonders reizvoll, hier haben wir wirklich unsere Ruhe, auch wenn noch ein paar wenige Leute kommen sollten. Auf einer Anzeigetafel finden wir die Erklärung dafür, warum der Camp Ground nicht besetzt ist. Die Minengesellschaft, über deren Anwesen wir fahren mussten, um auf den Camp Ground zu kommen, hat das Recht, die Stromleitung dieses Camp Grounds zu benutzen. Das heißt, der Strom wurde hier kurzerhand abgestellt und steht nun ausschließlich der Minengesellschaft zur Verfügung, mit dem Erfolg, dass die Duschen nur kaltes Wasser liefern. Wir finden das nicht allzu tragisch, meistens suchen wir sogar absichtlich kleine Camp Grounds ohne fließendes Wasser auf, da diese viel origineller und ruhiger sind. Alle paar Tage fahren wir dann einen größeren Camp Ground mit Warmwasser und Duschen an. Im Zweifelsfall könnten wir auch die Wasserheizung im Camper anwerfen, die mit Gas betrieben wird und in der Naßzelle des Campers duschen. Es ist zwar ein bißchen eng dort, aber man kann sich damit durchaus behelfen.

Unser Camp Ground liegt völlig abgelegen an einem fast trockenen Flussbett. Wir wandern daran entlang und sehen rundum nur bewaldete Berge. Und natürlich machen wir uns Gedanken, ob es hier wohl außer den Schwarzbären auch Grizzlies gibt. Das ist vielleicht auch der Grund, warum wir dieses Mal ein größeres Campfeuer machen, während gerade ein weiteres Auto mit einem Zelt im Gepäck hereinfährt. Es ist eine Frau mit drei Kindern, die eilig das Zelt aufstellen, weil es schon dämmerig wird. Als alle gegessen haben und die Kinder in den Schlafsäcken liegen, kommen wir schnell mit der Frau ins Gespräch, und sitzen noch bis in die Nacht zusammen am Lagerfeuer. Die Frau hat, wie oft hier, Verwandte in Deutschland und spricht auch etwas gebrochen deutsch. Wir sprechen schon besser amerikanisch, und es ist kein Problem, sich angeregt zu unterhalten. Man erfährt durch die Einheimischen vieles, wozu man sonst keinen Zugang hätte. Über Land, Leute, Mentalitäten, Regierung und anderes mehr, wie Versicherungsmöglichkeiten und Hausbau.

Forestry Road*

Am nächsten Tag stellen wir fest, dass es durch die Berge eine „forestry road“ gibt, das heißt, eine Forststraße, die allerdings nur eingeschränkt befahrbar ist. Auf einem großen Warnschild steht angeschrieben, dass die Strasse nur mit Funk zu befahren sei, beziehungsweise im Convoy mit einem mit Funk ausgerüsteten Auto vorneweg, und da wird uns doch etwas mulmig bei der Vorstellung, dass uns auf diesem Schotterweg, auf dem es nur wenige Ausweichbuchten für den Gegenverkehr gibt, auf einmal ein riesiger Logtruck in vollem Tempo entgegenkommen würde. Unschlüssig stehen wir herum und wissen nicht, was wir tun sollen. Da kommt ein einheimisches Auto des Weges, der Fahrer sieht uns ratlose Touristen herumstehen, hält an und fragt, ob er helfen könne. Er klärt uns rasch auf, dass diese Warnung nur für Wochentage gelte, heute ist Wochenende, und es würden keine Logtrucks fahren. Wir könnten somit unbesorgt weiterfahren.

Gesagt, getan – so geht es weiter ins kanadische Hinterland. Es ist eine grandiose Strecke. Inmitten der Cariboo Mountains ist stundenlang nichts anderes zu sehen als Berghänge, entweder im Urzustand oder teilweise abgeholzt. Da die Berge weit genug auseinanderliegen, hat man zu jeder Zeit einen weiten Blick, so dass man selbst die angelegten Forststraßen, auf denen die abgeholzten Bäume wegtransportiert werden, auf große Entfernungen hin sehen kann. Es ist offensichtlich, dass hier nicht einfach ein Kahlschlag der Wälder vorgenommen wird, sondern ganz gezielt Partien aus dem Wald genommen, abgeholzt und wieder aufgeforstet werden. Dabei achtet man darauf, dass diese Rodungen immer weit genug auseinanderliegen, so dass zum einen die Ursprünglichkeit der Wälder bestehenbleibt und auch ihre Schutzfunktion gegen Wind und Schnee. Ein eindrucksvolles Beispiel für durchdachte Fortwirtschaft. Stundenlang fahren wir durch die Berge, hinauf und hinunter, und wissen irgendwann gar nicht mehr, wo wir sind. Da die Straße nur langsam zu befahren ist, haben wir uns in der Entfernung beziehungsweise der dafür benötigten Zeit ordentlich verschätzt. Irgendwann treffen wir ein älteres Ehepaar, welches ein halbes Jahr mit dem Camper unterwegs sein will und die uns bestätigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Mitten in den Bergen finden wir verfallene Cabins und sogar einen alten Traktor, den wir uns näher ansehen müssen. Am Nachmittag merken wir, dass es langsam nur noch bergab geht und die Gegend nicht mehr so karg wirkt: Wir scheinen uns wieder der Zivilisation zu nähern. Es dauert noch geraume Zeit, bis wir in der Ortschaft Likely eintreffen. Von dort aus fahren wir auf einen Camp Ground, der am Quesnel Lake liegt, um Pause zu machen. Nachdem wir uns ausgeruht und etwas gegessen haben, beschließen wir, noch ein Stück weiterzufahren. Wir kommen jetzt in die Region, die wir schon von früher kennen.