British Columbia

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Der kühle Westen

Kanada Westen, VancouverViel Regen ...

Die kanadische Provinz British Columbia, geographisch und auch kulturell eine Region ganz eigener Prägung, Tor zum pazifischen Wirtschaftsraum und zum asiatischen Kontinent, ist mit vielgesichtigen Landschaften und den stattlichsten Wälder Kanadas gesegnet. Letzteres auf lange Sicht allerdings nur, falls dem Raubbau an den Baumriesen Einhalt geboten wird (s. Kapitel „Umweltprobleme“ in der Einführung) .... Die zu tausenden Inseln und Eilanden zersplitterte Küste zeichnet sich durch hohe, zum Teil ständig schneebedeckte Berge aus, die schlagartig zum Meer hin abfallen. Das feuchte, maritim-ausgeglichene Klima und die Höhe der Niederschläge im Stau der Küstengebirge (Coast Mountains) erklären das fast tropische Wachstum der Vegetation.

Milde Sommer und der Pazifik locken jedes Jahr mehr Touristen an, nicht zuletzt aus dem nahen Vancouver, einer modernen, gleichwohl bezaubernden Hafenmetropole, die sich den Respekt vor der grandiosen Naturlandschaft rundherum bewahrt hat. Weitere touristische Anziehungspunkte bilden die Rocky-Mountains-Nationalparks von Yoho und Kootenay im Südosten (s. Kapitel „Alberta“/“Von Banff nach Lake Louise“), eine raumfüllende Seen- und Felslandschaft, erschlossen von einem weit verzweigten Netz von Wanderwegen; Victoria, die Hauptstadt British Columbias, wo sich zwischen Villen im Landhausstil und gepflegten Vorgärten ein Stück „merry old England“ gehalten hat, englischer als im Mutterland selbst; Vancouver Island mit seinen uralten Mammutbäumen und den beiden Naturparks (Strathcona Provincial Park bzw. Pacific Rim National Park). British Columbia vereinigt alle Reize Kanadas in einer einzigen Provinz: die Lebensfreude der Frankokanadier im Osten mit pazifischer Gelassenheit, Unkonventionalität und einem Hauch Pioniertum im Norden und Westen.

Gelobtes Land im Westen

Schon die indianischen Ureinwohner, ganz besonders die Stämme im Küstengebiet, hatten eine Kultur hervorgebracht, die zu den reichsten und höchstentwickelten Nordamerikas zählte. Beredtes Zeugnis davon legen die kunstvoll geschnitzten Totempfähle ab, eine Tradition, die in jüngster Zeit von namhaften Künstlern wieBill Reid fortgeführt wird. Zum Walfang benötigten die Indianer viel Mut und Geschick, und ihr Gesellschaftssystem wies interessante Züge auf: man denke nur an die zeremoniellen Potlaches, bei denen die Gäste beschenkt wurden.

Als erster Europäer erreichte der unter spanischer Flagge segelnde Juan Perez 1774 die Küste der heutigen Provinz British Columbia. Die Spanier hatten sich ja bereits in Kalifornien festgesetzt und betrachteten die ganze amerikanische Westküste als ihr Einflußgebiet. Ärgerlich für sie, dass vier Jahre später James Cook auf den Plan trat, um im Auftrag der britischen Krone die Küstengewässer zu erforschen, damals gleichbedeutend mit „in Besitz nehmen“. Bis die erste feste Siedlung errichtet wurde, sollten aber noch Jahre vergehen: Fort Victoria wurde erst 1843 gegründet, fast zweihundertfünfzig Jahre später als Quebec, die erste Stadt auf kanadischem Boden.

Die Europäer suchten in British Columbia, was sie überall in Kanada begehrten: Pelze. Nach den Pelzhändlern strömten 1858 zehntausende Goldsucher ins gelobte Land, und Fort Victoria mauserte sich zum Versorgungshafen. Die Situation schrie förmlich nach staatlichen Strukturen, und so entstand die Kolonie „British Columbia“, die sich 1871 dem neugebildeten Kanadischen Bund anschloß. Die schlauen Vertreter der Provinz hatten der Zentralregierung zuvor allerdings das Versprechen abgerungen, eine Eisenbahnstrecke zum Pazifik zu bauen, um die langen Seewege nach England zu verkürzen. Als die Canadian Pacific Railway 1886 dann fertig war, stand dem wirtschaftlichen Aufschwung British Columbias nichts mehr im Wege. Rohstoff Nummer eins war damals Holz, neben Bodenschätzen (Kupfer, Gold, Zink, Schwefel, Kohle, Erdöl und Erdgas) und dem Fremdenverkehr bis auf den heutigen Tag ein Standbein des Wohlstandes im äußersten kanadischen Westen, der sich von der Öffnung zur blühenden Wirtschaft im Pazifikraum einiges verspricht.

Die Einwohner British Columbias

Die Bewohner British Columbias gelten zugleich als gemütlich und rastlos, eher freisinnig und unkonventionell sowie neuen gesellschaftlichen und politischen Dimensionen stets zugetan. Angeblich zeigen sie eine Vorliebe für populistische Politiker, vornehmer ausgedrückt: starke Persönlichkeiten. Kunst und Kultur sollen sie besonders zugetan sein: die Zahl der pro Kopf erworbenen Bücher stellt alle anderen kanadischen Provinzen in den Schatten (ob die auch wirklich alle gelesen werden?), die öffentlichen Bibliotheken erfreuen sich eines regen Zuspruchs und an Verlagen herrscht kein Mangel. Aber mit Klischees erleidet man ja häufig Schiffbruch. Fest steht, dass die British Columbians überwiegend britischen Ursprungs sind. Seit den Anfangszeiten der Provinz hat sich die ethnische Zusammensetzung aber stark gewandelt: 1880 strömten Tausende von Chinesen als Arbeiter für den Bau der transkanadischen Eisenbahn ins Land. Inzwischen beherbergt Vancouver die zweitgrößte asiatische Gemeinde Nordamerikas. Im Straßenbild fallen auch Bürger indischer und japanischer Abstammung auf. British Columbia hat seine Anziehungskraft für Einwanderer aus der ganzen Welt nicht eingebüßt, und seine Bevölkerung ist bereits auf über drei Millionen angewachsen. Größter Ballungsraum sind die Städte Vancouver und Victoria.

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