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Daytona

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Daytona (Vorwahl: 904)

Ein Name, der Musik ist in den Ohren aller Auto- und Motorradnarren sowie aller Rolexanbeter wie uns, natürlich (Schwarzmarktpreis 5-6000 €). Berühmte Rennstrecke an der 95, wenn man aus Richtung Orlando kommt.

Während der Rennen verwandelt sich die Stadt in ein Tollhaus, Hotelzimmer kosten das Dreifache, wenn überhaupt noch erhältlich.

Zweimal im Jahr bricht in Daytona das Autorennfieber aus: Anfang Februar, wenn Daytona 500, das wichtigste Rennen, und Sportsman 300 angesagt sind.

Mitte Februar, Anfang März dreht sich hier alles ums Motorrad. Motorradfahrer aus aller Welt strömen zusammen, und in der Stadt geht es heiß her. BBB oder BBT lautet das: »bikes, beer and boobs« oder »tits«, was dasselbe ist. Man kann Zeuge wunderbar primitiver, vulgärer Szenen und Spiele werden. Da werden Brüste gewogen, harte, halbnackte Weiber verkeilen sich ineinander in einem schönen Bassin voller öligen Sauerkrauts (kraut wrestling), während die Kerle sich daran aufgeilen. Beim »Motorradrodeo« ziehen Motorräder an einem Seil einen Biker auf einem Reifen hinter sich durch den Dreck, beim »demolition race« fährt man auf japanischen Maschinen, gegen die alle einen Haß hegen, gegeneinander an, bis alle zertrümmert oder zumindest unbrauchbar sind – die Reste werden in einem Baum gehängt.

Hier hat nur eine Marke Bestand vor dem Publikum: die Harley selbstverständlich. Und dann natürlich Exhibitionismus in allen Formen sowie der ganze Kult mit Totenschädeln, Amuletten, Trapper- bzw. Cowboyausrüstung, Fransen, »Easy Rider« und was dergleichen Schnickschnack ist und Männlichkeit, Freiheit und weiß der Teufel noch was unter Beweis stellen soll. Da fallen uns grad Klaus Theweleits »Männerphantasien« ein, erschienen beim Pleiteverlag Roter Stern bzw. Stroemfeld des Ex-SDSlers K.D. Wolff, ferner verweisen wir wieder auf den bereits erwähnten Thomas Wolfe.

Und dann gibt´s da eine Kneipe, Bootleg Bar oder ähnlich, wo alle mal anzutreffen sind und wo die Polizei an einem Tag 60.000 Gäste zählte. Trotz der verhältnismäßig lockeren Atmosphäre erfolgen täglich bis zu vierhundert Verhaftungen in der Stadt, denn der Suff ist heftig, und da schlägt so mancher über die Stränge.

Bedeutendstes Rennen ist das Daytona 200. Anfang Juli, meist am 4. Juli. Firecracker 400 beschließt als abschließender Höhepunkt die Saison. Auskünfte und Buchungen über das Verkehrsbüro oder Speedway, T. 254-6767.

Warum eine derartige Leidenschaft für Rennwagen hier? Nun, am Ormond Beach wurde 1903 ein Geschwindigkeitsrekord von sage und schreibe 109 km/h aufgestellt, und auch heute noch pflegt der außergewöhnlich harte, weiße Sandstrand seine enge Beziehung zum Automobil. Man kann mit dem Wagen bis ans Wasser fahren, wo sie die Jugendlichen mit den Reifen im Wasser parken, gemäß Überlieferung. Dies scheint außerhalb der Rennsaison untersagt zu sein, denn Leser berichten, nichts von Autos am Strand bemerkt zu haben. Zugang zum Strand kostenpflichtig.

Ein weiterer verrückter Höhepunkt ist die Zeit der Ferien im Frühjahr während der zweiten Märzhälfte. Dann gibt´s ein Massenstelldichein mit Besäufnis, Ausfällen aller Art, Wettbewerben mit nassen T-Shirts und anderen hübschen Einfällen und Schwänken. Wettkampfbegeisterte melden sich lange vorher in einem Hotel an. Andernfalls meide man diese Zeiten – die Geldbörse wird´s danken.

Außerhalb der Rennsaison ist Daytona höchstens noch für einige wenige reizvoll. Der Strand ist in Ordnung, die Stadt häßlich. Sie erstreckt sich ohne eigentliche Mitte über rund zehn Meilen, gesprenkelt von Ansammlungen von Motels und Hotels.