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Ardèche

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Im Département der Kastanien

Zu Besuch in der Ardèche

Schutz der Ardècher Kastanienbäume durch einen Naturpark

Im Départment Ardèche, in dem sich die Ardèche durch tiefe Schluchten gräbt, in braunen Wäldern der Cevennen, dreht sich im Herbst alles um eine Frucht. Nach einem Spaziergang durch die größten europäischen Kastanienwälder macht man es sich am Kamin gemütlich und genießt den Zauber der braunen Köstlichkeit: Kastanienpralinen, Kastaniensuppe, kandierte oder geröstete Maronen, Kastanienhonig, Kastanienkuchen, Kastanienlikör, Kastanie in Zuckerkruste …

Was seit langer Zeit keinen ausländischen Hahn zum Krähen brachte, wurde in den letzten Jahren plötzlich zum Trend. Nun pilgern Touristen nicht mehr nur im Sommer zur Ardèche, um sich in Kanus und Kajaks auf dem Fluss zu tummeln, sondern auch in der kalten Jahreszeit.

Ein rauer Wind geht, während man durch nasses Laub stapft und stachelige grüne Hülsen einsammelt. Kastanienbauern verdienen inzwischen daran, dass Touristen ihre Arbeit erledigen. Sammeln diese gemeinsam mit dem Bauern die Früchte und verarbeiten sie anschließend, so machen die Bauern mehr Verdienst als beim Verkauf auf dem Markt.

Dort kauft man das Kilo für ein bis vier Euro, ein Pleitegeier. Kein Landwirt lebt nur von den dickschaligen Früchten, was allerdings nicht nur am Preis, sondern auch an der geringen Zeitspanne liegt, in der die Früchte gesammelt werden müssen, bevor sie verderben.

Unterstützung bei der Ernte erhalten Bauern theoretisch durch Traktoren, die Kastanien vom Baum saugen und selbstständig Schale vom Kern trennen. In der Praxis sieht man meist nur menschliche Erntehelfer, denn auf den hügeligen Kastanienfeldern können die technischen Wunderwerke kaum eingesetzt werden.

Selbst als kulinarische Köstlichkeit sind Châtaignes neuerdings "in". Früher bestellten sie nur Feinschmecker in Restaurants, da sie jeder Normalsterbliche ohnehin im heimischen Ofen röstete. Dies hat noch immer Tradition, doch sind die köstlichen Früchte nun auch in Gaststätten gefragt.

Begründer des Trends ist vermutlich das Touristenamt, das Besucher auch nach dem Sommer noch in die Ardèche locken wollte. Übernachtungsmöglichkeiten gibt´s in den Clèdes, den Steinhütten in den Bergen, wo man Kastanien einst über Rauch trocknete, oder auf Bauernhöfen.

Ein Gütesiegel bezeichnet Herkunft und Qualität der Ardècher Kastanienwaren. Dies wird leider manchmal zur Farce, wenn Riesenunternehmen Kastanien billig in Italien kaufen und sie in der Ardèche nur verarbeiten.

In Joyeuse erfährt man im Esskastanienmuseum die Bedeutung der Frucht für die Region und ihre Verarbeitung. So bezahlte man z.B. im Mittelalter seine Steuern mit diesem Grundnahrungsmittel, lange Zeit die bedeutendste Nutzpflanze der Ardèche. Aus ihr gewann man Mehl, weshalb man den Baum auch "Brotbaum" oder "Baum des Lebens" nennt. Entsprechend wertgeschätzt ist die braune Frucht noch heute. Wer sah schon einmal einen Franzosen, der sie hastig hinunterschlang?

Natürlich sind Einrichtungsgegenstände und Balken der alten Bauernhäuser aus Kastanienholz.

Nicht ganz fünfzig Prozent der französischen Esskastanien (Maronen) stammen aus der Ardèche (5500 Tonnen). Ungefähr zwanzig verschiedene Esskastanien finden sich hier; Experten unterscheiden sie natürlich anhand des Geschmacks.

Der Lehrpfad im Naturpark bei Ribes weist auf die Bedeutung der Kastanie hin. Landflucht, Abholzungen und Krankheiten bedrohten einst die Bäume, doch nun schützt sie der Park.

Um auf die Kastanie aufmerksam zu machen, gründete man außerdem die Bruderschaft der Esskastanie.

Im Herbst, passend zur Erntezeit, jubeln die Einheimischen ihrer Lieblingsfrucht in Festen zu. Jedes kleinste Dörfchen veranstaltet seine eigene, mehrtägige Castagnade. Der Duft erinnert an Weihnachtsmärkte, auf den Straßen liegen knackende Kastanienschalen.

Doch die Ardèche wäre auch ohne ihre Kastanien eine abwechslungsreiche und aufregende Region. Am Ufer des Flusses, auf Felsen, in mittelalterlichen Städten, weitab von jeder Großstadt … Ein bäuerlicher, rauer Charme zeichnet die Region aus und fasziniert ihre Besucher. Hartes Leben, schweigsame Bewohner … Man wähnt sich in einer Welt aus dem Bilderbuch.

Weitere Köstlichkeiten der Region:

  • Rotwein "Chatus" mit Geschmack nach Mispel, Sauerkirsche, weißem Pfeffer
  • Ziegenkäse Picodon mit Rinde aus Edelschimmel (weiß oder bläulich)
  • Oliven. Zwar produziert die Region hiervon vergleichsmäßig wenig, doch bietet sie die größte französische Artenvielfalt.