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Moulin Rouge

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Moulin Rouge

Luxus in Zeiten der Krise

Perfektion im Tanzlokal

Was tut der Mensch in Zeiten der Krise? Er moniert, er windet sich, er versucht mit aller Macht, die düstere Stimmung zu verdrängen. So geschehen in den Roaring Twenties, als die in ihrem Reichtum bedrohte Oberschicht sämtliche Existenzängste in Champagner ertränkte. Gold, Glitter, Glamour – je luxuriöser, desto besser!

Neue Krise, neuer Glamour – bzw. Glamour neu aufgelegt: Das berühmt-berüchtigte Nachtlokal Moulin Rouge setzt mit Tanzspektakeln, die so poetische Namen wie „Feenzauber“ tragen, gegen die von wirtschaftlichen Einbußen verursachte gedrückte Stimmung.

Und die Waffen dieses Kampfes sind wahrlich hochkarätig: 120 ellenlange Beine, sechzig makellose Gesichter, Wespentaillen und perfekt sitzende Frisuren warten auf den Besucher. Wer hier als Tänzerin auftreten möchte, muss neben einer Ausbildung im klassischen Ballett und atemberaubender Schönheit noch ein paar weitere Voraussetzungen mitbringen: Gardemaße von mindestens 1,75 Meter beispielsweise, die Bereitschaft zu regelmäßigem Training und die Verpflichtung, Frisur und Haarfarbe beizubehalten und Figur und Gewicht mit einem maximalen Spielraum von 4 Kilo zu halten.

Auf diese Weise hat der Gast die Garantie, oder zumindest die Illusion, dass die sechzig schönsten Frauen der Welt im Moulin Rouge versammelt seien, so Sprecherin Fanny Rabasse. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1889 hat das Tanzlokal eine bewegte Geschichte hinter sich, wie Rabasse erzählt. Nachdem es Ende der Neunziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts fast pleite gegangen wäre, weil es zu einem touristischen Stripclub zu verkommen drohte, zog mit dem Wechsel der Geschäftsleitung frischer Wind auf. Jean-Jacques Gailly setzte neue Standards in Sachen Professionalität und Perfektion.

Der Erfolg gibt ihm Recht: die Kunden lechzen nach dem sechzigfachen Traum der holden Weiblichkeit; zahlen ohne mit der Wimper zu zucken Preise von 550 Euro für die Silvester-Soirée, verspeisen Hummerfrikassee, Rinderfilet an Steinpilzen und Mangosorbet und sippen an sündhaft teurem Champagner, während sie den Jongleuren, Schlangenbändigern und menschlichen Paradiesvögeln zugucken.

Das Moulin Rouge schreibt mittlerweile wieder schwarze Zahlen, und neben den Touristen kehren mehr und mehr Franzosen an die mit roten Lichterketten geschmückte Bühne zurück, um mit der visuellen Hilfe der zuckenden Frauenhüften und der Salto schlagenden, wenigen auserwählten Männer den Traum einer Schönen Neuen Welt zu träumen, fern von allen Sorgen unserer Zeiten.