Feudalkämpfe
Widerstand gegen die Sarazenen
Korsen gegen Korsen
Zurück zu Korsika: im 9. Jh. schließlich, nach einer ganzen Reihe schrecklicher Razzien, sind die moslemischen Sarazenen an der Reihe. Oder besser gesagt, sie versuchen ihr Glück. Denn im Inneren der Insel hat sich eine Art Widerstand gebildet, an dessen Spitze der Held Ugo Colonna steht, der seine Getreuen von Erfolg zu Erfolg führt. Die korsische Flagge ein schwarzer Kopf mit einem Band im Haar, das ursprünglich als Augenbinde für Sklaven gedacht war stellt angeblich einen enthaupteten maurischen Prinzen nach seiner Niederlage in Porto Pollo dar. Die Korsen liquidieren also die Sarazener. Prima: endlich können sich die Korsen untereinander bekriegen.
Eine weitere Erklärung: in der Totenkapelle Pasquale Paolis in Norosaglia kann man zwei Fähnchen aus weißer Seide sehen, die ein rätselhaften »Maurenkopf«, der den Mittelpunkt des offiziellen Landeswappens bildet, aufweisen. Niemand kann eine Erklärung dafür geben.
Aus der Vielzahl nicht nachprüfbarer Berichte ist vielleicht jener der überzeugendste, den der Aufseher in der Kirche von Norosaglia zum Besten gibt, ein höflicher junger Mann von fünfundsiebzig Jahren, dem gegenüber man jeden Versuch aufgeben sollte, ihn in der Geschichte Korsikas zu widerlegen: »Es war zu der Zeit, als der König von Aragon auf Korsika Anspruch erhob. Ein von einem der maurischen Diener aus seinem Gefolge gegen ihn geschmiedetes Komplott wurde von einem Korsen aufgedeckt. Der König war skeptisch und ließ sich erst überzeugen, als ihm der Korse, auf sein Geheiß, den Kopf des verbrecherischen Sklaven auf einem weißen Tuch lieferte. `Zum Zeichen meiner Dankbarkeit´, erkärte er ihm, `wird dieses Tuch von jetzt ab die Fahne deines Landes sein!´«
Und der Aufseher im Haus des Paoli weist auf den Unterschied hin, der zwischen den beiden Fähnchen besteht. Auf dem einen trägt der Kopf des Mauren das Stirnband zum Zeichen seiner Sklavenstellung über den Augen und Ohrringe. Diese Fahne ist älter als die zweite, die aus der Zeit Paolis stammt, der diese Symbole der Sklaverei abschaffte: das Stirnband ist hochgeschoben, und die Ohrringe sind verschwunden.
Die Feudalherren beschließen, sich Korsika untereinander aufzuteilen. Dies läuft aber den alten Sippengesetzen zuwider. Außerdem handelt es sich bei den vornehmen Herrschaften oftmals um »Reingeschmeckte« aus Ligurien oder der Toskana. Die unterschiedlichen Ambitionen können nur noch mit Waffengewalt durchgesetzt werden. Der nutzlosen Massaker müde, wählt das korsische Volk einen einfachen, freien und mutigen Mann, einen richtigen Korsen, zum Oberhaupt: Sambuccio d´Alando, der die Unabhängigkeit und eine Volksregierung ausruft, sogar mit Parlament, bitte schön.
Nach seinem Tode fällt die Insel jedoch wieder zurück ins Chaos. Diesmal dienen sich die Insulaner dem Papst an: unter Gregor VII. wird Korsika Lehnsgut des Bistums von Pisa. Eine glückliche Lösung, denn Pisa liegt in weiter Ferne und seine Führung erweist sich als wohlwollend-väterlich. Endlich können die Korsen ihr gemeinsames Haus in Ordnung bringen, Pfarreien gründen, Kirchen bauen im wunderschönen Stil der pisanischen Romanik. Ein Goldenes Zeitalter hebt an. Eine wichtige Atempause für die Insel, während der sich endlich wieder ein gewisser Wohlstand bilden kann.