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Die Korsen

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Sitten und Verhalten

Die Einwohner Korsikas

»Der Korse spricht ein verderbtes Italienisch; er ist unbändigen Charakters, und der Verbrecher flüchtet sich, vom Volke geschützt, in die Wildnisse, die wie in Sardinien von der struppigen Macchie gebildet werden, nach deren Duft der größte Sohn Korsikas auf seiner einsamen Insel vor seinem Ende ein menschliches Sehnen fühlte.« Verbrecher schützen ... so etwas mußte dem guten alten Seydlitz kurz nach der Jahrhundertwende ja ungeheuerlich vorkommen! Der griechische Geograph Strabo (63 v.Chr. bis 20 nach) berichtete bereits von den Korsen auf den Sklavenmärkten von ihrer unbezähmbaren Wildheit, ihrem Trotz, wie sie passiven Widerstand leisteten oder eher Selbstmord verübten, als sich ihrem Schicksal zu ergeben. Seneca behauptet, dass sie wegen ihrer Starrköpfigkeit nicht einmal den niedrigsten Preis lohnen.

Strabo lobt nicht nur die korsische Landschaft, sondern hebt auch die Gerechtigkeit der Korsen untereinander hervor und meint, ihr Leben sei menschlicher als das der Barbaren andernorts. Dieses korsische Volk, das ebenso hassen wie Treue beweisen kann, das stets fremder Macht und Willkür ausgesetzt war und ständig von Freiheitsgedanken beseelt war, konnte nur durch stetiges Festhalten an Tradition, Treue zu seiner Insel und in Mißtrauen gegenüber Fremden leben, um die angestrebten Ziele von Freiheit und Selbständigkeit nicht aus den Augen zu verlieren.

Aber nun erst mal hübsch der Reihe nach: wir haben es also mit einer Insel zu tun. Einer schönen Insel zwischen Himmel und Meer, einer Insel mit Inselbewohnern. Wenn wir weit zurückblicken, so entdecken wir sie zunächst in den Bergen. Das Verhältnis der Korsen zu ihrer Küste war immer gespalten zwischen Furcht und Liebe. Sie zogen ihre hochgelegenen Adlerhorste jedenfalls dem Strand vor. Wohl verbrachten die Familien samt ihrem Vieh einen Teil des Jahres im Tal. Aber mit der ersten Hitzewelle trieb es sie wieder ins Gebirge hinauf

Unnahbarkeit, Verschlossenheit, ja Schroffheit sagt man den Korsen nach. Verstehen sie sich nicht vielmehr als die Hüter ihres angestammten Landes, dessen jahrhundertealte Geschichte zur Vorsicht und Zurückhaltung mahnt? Ein jeder Korse stecke im Korsett, behauptet ein billiges Wortspiel, nämlich in einem Korsett aus Stolz und Hochmut. Von Menschenkenntnis zeugen dergleichen Äußerungen nicht. Die Korsen sind seit jeher Insulaner und Bergbewohner zugleich. Sind sie deshalb finster und hochfahrend? Nicht mehr als andere Mittelmeervölker auch.

Aber kompliziert sind die Korsen doch sicherlich. Korse ist, wer Berber zu seinen Vorfahren zählt, eine Urgroßmutter in Genua und einen Cousin in der Pariser Verwaltung hat – jedenfalls ist so etwas nicht ungewöhnlich. Die korsischen Eliten wandern nämlich ab. Gegenwärtig leben rund 800.000 Korsen auf dem europäischen Festland, andere in den USA und in Südamerika (zwei ehemalige Präsidenten Venezuelas waren korsischer Herkunft).

Man schmäht sie, die Korsen, als düsteres und abweisendes Volk. Aber wieso sollten sie sich eigentlich jedem Fremden an den Hals werfen? Noch ist der Käse korsisch, der Wein korsisch und die Wurst ebenso. Anders gesagt, die Korsen existieren und das soll auch so bleiben.