Zwei Schlangen

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Polarität der beiden Geschlechter

Vom Markt, auf dem es alles gab

Immer ja und Amen, aber warum?

Die südamerikanische Männlichkeits-Herrschaft ist allgegenwärtig und befremdend. Wie so oft trifft dies aber hauptsächlich aufs städtische Fernseh-Leben zu.

Der Indio-Bauer samt Bäuerin hält es da noch mit anderen Gepflogenheiten: Ist zum Beispiel eine Entscheidung über einen Einkauf, eine Reise oder was auch immer fällig, setzten sich Mann und Frau Rücken an Rücken hin, kauen gemeinsam eine ganze Nacht lang Koka-Blätter und entscheiden am nächsten Morgen zusammen!

Es gibt ein altes Inka-Symbol, eine in sich verschlungene Schlange, deren Köpfe an der Spitze in die jeweils entgegengesetzte Richtung schauen. Es symbolisiert die Polarität der beiden Geschlechter, die ohne ihr Gegenstück wertlos sind.

Dementsprechend an dieser Stelle die Präsentation der anderen Seite der Wanderung, weibliches Schriftgut als Opium fürs Volk, Auszüge vom anderen Schlangenkopf ...

Vorhang auf:

"Mir gefällt es mittlerweile richtig, die Leute sind mir meistens sympathisch und ich hab Freude daran, mit ihnen in Kontakt zu treten und zum Beispiel mit der Gemüsefrau einen kleinen Plausch zu halten. Mir macht es Spaß, mit den Klapperaltenstinkeauspuffbussen zu fahren und mich ins Getümmel auf den Straßen zu mischen, die Essensdüfte von Feuergrill, Fleisch, Mais und Kochbananen aufzusaugen und mich mit den vielen Dingen, die meine Augen erhaschen, zu beschäftigen. Die unterschiedlichen Gesichter der Menschen, ihre dunkelschwarzen Augen, ihre bunten Trachten und sauber lackierten Schuhe, ihr Reden und ihr Tun ..., die Straßenverkäufer, die tausend Mal am Tag dasselbe sagen und mit ganz viel Hoffnung und Geduld versuchen, ihre Zeitungen, ihre Schokoriegel, Schnürsenkel oder Plastikregenponchos zu verkaufen, um am Abend dann vielleicht mit zwei Dollar nach Hause kommen zu können. Sie flitzen durch die Busse, bieten ihre Chifles, Bananenchips, an, stehen am Straßenrand, verpacken Mangos und schälen Mais, tragen ihre Minibabys oder Kindergartenkinder auf dem Rücken und setzten ihre Sprösslinge auf die Verkehrsinsel, wo sie dann den ganzen Tag die pechschwarze Auspuffautoluft des ecuadorianischen Quitohupverkehrstaus genießen."

"Dennoch, wir genossen unsere Wanderung sehr und entdeckten herrlich Aussichten, viele bunte, verwachsene Dschungelpflanzen sowie kuriose Blüten und Früchte. So wusste ich zum Beispiel gar nicht, dass es auch kleine pinke Bananen gibt, oder Himbeeren, die wie Erdbeeren aussehen (oder umgekehrt?), oder Palmen die auf Palmen wachsen, und Bäume, die alle Äste vom Hauptast kerzengerade gen Himmel strecken, Orchideen, die schöner sind als es die Phantasie erlaubt."

"Nach Cuenca ging´s nach Saraguro. Wieder ein Dörfchen, voll von traditionell gekleideten Einheimischen und dieser ecuadorianischen Andersartigkeit. Ursprünglich wollten wir der "bekannten" Sonnwendfeier der Indiginas beiwohnen, aber nach dem uns wieder verschiedene wissende und unwissende Meinungen entgegentraten und wir letztendlich auf ein Motorcross-mit-Kinderfahrradrennen-und-Fussball-Turnier-und-ich-weiss-nicht-was-das -gewesen-war-Fest trafen, freuten wir uns an der tollen Aussicht, die wir nach der steilen Bergwanderung errungen hatten. Die Landschaft da unten ist wundervoll. Ne wahnsinnige Sicht; schön grün und bergig und nicht all zu karg. Und so machten wir letztendlich unser eigenes kleines Feuerchen und genossen die ruhige Nacht im Dorf. "

"Der Stopp an der Tankstelle sah ungefähr so aus: Der Fahrer hupte, sagte irgendwas und raus kam ein Mann mit Kanister und Trichter."

"Die Busfahrt von Ayabaca hinunter an die Küste ist überlebt und keiner von uns musste auf einem der gruseligsten Friedhöfe bleiben, die ich je gesehen habe. Zombiefriedhöfe, die mit ihrem verdörrten Gras, grauen Metallkreuzen und Steinen so mausetot, grau, verlassen und fern jeglicher Hoffnung aussahen, dass es scheint, dass auch der einzige Farbklecks einer pinken Blüte die Welt nicht zu retten weiß.

Und keiner musste es sich in den Särgen bequem machen, die die Leute zuvor in die Busse luden.. Särge gibt´s eben auch ganz normal wie Brötchen und Mangos in den Straßenläden zu kaufen ... Tja, der Realität wird das Auge hier nicht verwehrt."

"Es war ein Markt wie kein anderer. Egal was man wollte, dort gab es das. Schuhe, Klamotten, Böller, Haushaltsartikel, Taschen und Kitsch, Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch (natürlich die volle Palette), tot und lebendig, Vögel, Meerschweinchen, und sogar Affen, Kräuter, Drogen, Säfte, Wachteleier, Sojakerne, Kokosnüsse ... Ein Gemache und Gebrülle noch und nöcher, denn hier hatte fast jeder einen kleinen Lautsprecher, durch den der Händler ungefähr alle zwei Sekunden das gleiche wiederholte. Phu ..."

"Naja, und da begann ich mich doch schon langsam mal zu fragen, wo die Ästhetik, das Feingefühl, die Sinnlichkeit, die Reflektion der Peruaner abgeblieben ist. Denn wenn man mit den Leuten spricht, hat man manchmal das Gefühl sie hören einem gar nicht richtig zu, denken ganz geradlinig, sie hinterfragen und zweifeln nicht, sie sagen ja, damit es dir gefällt, sie lachen dich aus, wenn du was nicht kennst, sie tatschen dich respektlos an, um ihre Ware zu verkaufen, und die Männer werfen mit ihren ekligen Schleimanmachen nur so um sich. Und in den Küstenorten und den eher touristischeren Orten begegnet man Arroganz und Machogehabe, ganz anders wie bei den Menschen in den kleinen Bergdörfern. Es gibt so viel, was die Menschen in ihrer Umgebung entdecken könnten, so viel Naturverbundenheit, die uns längst abhanden gekommen ist. Aber keiner merkt´s oder denkt darüber nach."

"Es hinnehmen, wenn der Bus vier Mal stehen bleibt weil das Öl ausläuft, und der Fahrkartenknipser sein Bestes gibt, um den Schaden zu kompensieren, Tiere in Säcken und Kisten würdelos transportieren, die Natur als Müllkippe verätzen, in Dreck hygienelos leben und vor der Haustür sinnieren, brav den Riesenjesus im Park anbeten, nicht nachfragen, sich nicht wehren, wenn einem was nicht passt (z.B. in der Politik), machen was der Herr im Hause sagt und den Denkapparat einfach ausschalten ...

Und obwohl die Peruaner was das betrifft "schlimmer" sind, strahlen einen die Menschen meistens an, begrüßen einen mit ihrem "hola" und schauen einem faszinierend hinterher. Die "gringos", weiß und hell. Und es ist schön, die Kinder in den Straßen miteinander spielen zu sehen, wie sie sich vergnügt mit ein paar Steinen, einem Fußball, kleinen Hundewelpen, den Schweinchen beschäftigen und ganz glücklich und zufrieden zu sein scheinen. Und es macht Spaß und streichelt die Seele, den großen roten Sonnenball im Meer versinken zu sehen, zu beobachten, wie sich die Landschaft von Wüste zu saftigen Obst-, Gemüse- und Reisfelder verwandelt und zu erleben, wie sich während der Fahrt in den Süden, die Anden mit ihren grünen, kargen und weißen Schneespitzen immer wieder vor einem auftürmen und ihre Beständigkeit beweisen ..."

Verschlungene Schlangengrüße ...

Drogen

Hee, ihr Drogenjunkies da draußen, mir heut auffem Markt begegnet, kommt so ne Frau an und hält mir ein Päckchen mit weißem Pulver unter die Nase, geschätzte zehn Gramm.

15 Euro!!!!!

Nur mal so, dass ihr Weißpulvergeilen wisst, was ihr hier verpasst.

Andererseits: Dankbar sein, der Hölle nicht zu nahe gekommen zu sein.

Viel besser dagegen Richtung Himmel: Kokablätter, überall und allgegenwärtig, keine Droge, sondern Kultur-, Natur- und Gesundheitsgut Nummer Eins, im Einklang mit der Kraft der Erde.

Ich glaube nicht, dass es einen Menschen hier in Cuzco und Umgebung gibt (600.000), der nicht kaut oder Tee trinkt.

Die Wirkung des Tees ist genau so zu spüren wie schwarzer Tee in Indien oder ein Kaffee in Hamburg, und wir alle glauben daran, dass es hilft die 3.300 und noch mehr Meter erschwinglicher zu machen, und das tut gut.

5-Uhr-Grüße