Essenskunde

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Werthers Echte

Früchte des Landes

Gemüse wie bei Muttern

Damals, mit ungefähr fünf Jahren, steckte mir mein Opa meine erste Werthers Echte in die Hemdtasche. Iss was besonderes, mein Jung, hat er gesagt, und ich das goldene Papier fragend angestarrt und den Inhalt begierig weggelutscht.

Heute bin ich nicht der Opa, sondern um einiges klüger, dass der Inhalt mir acht falsche Zähne gebracht hat, und die goldene Verpackung die Erdölreserven der Erde schröpft und gleichzeitig den Müllhaushalt malträtiert.

Was gibt´s noch, Opa?

Zum Beispiel meine erste Maracuja.

Ich erinnere mich noch gut an den Moment in Quito vor einigen Wochen, als ich das gelbe Oval in der Mitte durchschnitt, und tatsachlich zum ersten Mal diesen orangigen Saft mit den zuckersauren Perlen innen drinnen anstaunen, anriechen und köstlichst herunter schlürfen durfte. Ein großer Moment.

(Noch größer allerdings vor kurzem im Wald, frische Maracuja vom Baum!)

Worauf will ich hinaus?

Auf die große Obst- und Gemüse-Vielfalt in der Nähe der Sonne und der Weltmitte. Es gibt, das kann man großmaracujaherrschend sagen, hier alles Obst, was es auf der Welt gibt. Zumindest alles, was ich kenne, und noch einiges, was ich bisher nicht kannte.

10fache Bananensorten, dreifache Mangoarten (Mango lutschen ist hier der Snacksport der Wahl, eine kleine orangene nehmen, ein Loch reinbeißen und dann den Saft rauslutschen, das Fleisch abkratzen, alles mit Mund und Hand, Kern und Schale auf die Straße spucken, Kostenpunkt 4 Cent, Geschmacksfaktor hoch plus Glück und oraler Befriedigung mit Dauer!), Ananas, Kiwis, Papaya, Kokos, Sternenfrüchte (melonengroß), ebensolche Melonen, dazu die bei uns wachsenden Kirsche, Erdbeeren, Pflaume, Äpfel, Birnen, Aprikosen, Pfirsiche, also wirklich alles, was man im Edeka bekommt, es wächst hier fröhlich vor sich hin, die vielen Vegetationszonen beschenken das Land reichhaltig!

Spannend ist es wie im Fall der Maracuja, wenn man Südfrüchte in den Mund bekommt, von denen man vorher nicht mal die leiseste Ahnung hatte, dass sie existieren. Mein Favorit: Granadilla, ähnlich oval wie die Maracuja oder die Baumtomate (noch so´n unbekannter Exot), aber völlig Sunkist orangig von außen, auch mit nem Mittelschnitt freizulegen, innen drin wartet so´n süßlich-fruchtiger Geschmack, der klebt, und die vielen, kleinen Kerne kann man ohne Bedenken mitessen, und das Beste, sie knistern so herrlich im Mund, dass sie ein Schokoladen-Herstellungs-Verbrecher von Nestle nicht besser hätte erfinden können - Bombig!

Dann gibt´s hier die Guayana, bekannt aus Techno-Drinks und Abdreh-Ideen, nicht so fruchtig lecker, dafür bekommt das Fleisch, es ist rosa wie ein Spielzeugelefant!!! hundert Punkte! Auch spitze: Narajitas, kleine Kaki-ähnliche Früchtchen, die, schneidet man sie auf, wie ein Gehirn aussehen, aber vierzigmal so gut schmecken, mit ihrem grün-gelben Supersüßfleisch. Dann noch die ganzen Orangen, Mandarinen plus Kreuzungen (Naranjillas), ein Fruchtfest à la Carte! Hab wahrscheinlich jetzt noch einige vergessen, der Flora-Kenner des Urwaldes weiß zu erzählen, dass dort jeder dritte Baum Früchte trägt, und nur ein geringer Bruchteil in unsre Kommerzwelt gelangt, weil sie so schnell überreifen.

Die große Überraschung erfolgt nun aber bei den Gemüsen: Auch hier gibt es alles das, was man in Deutschland oder Frankreich kaufen und ziehen kann. Aber: Nada mas!!

Abgesehen von dem Mais, der so herrlich kräftigend, fleischig im Munde zergeht, und dem Broccoli oder Blumenkohl, der groß wie kleine Hunde sein kann, gibt´s hier keine Varianten oder Extra-Leckerlis. Tomaten, Paprika, Möhren, na eben die ganze Kondom-Werbe-Palette.

Da steckt doch wohl irgendein Sinn dahinter. Ich mein, Obst variiert beträchtlich, je mehr Sonne, je mehr Obst, Gemüse ist weltweit pflanz- und züchtbar und kennt nur ein Menu.

Wenn das mal nicht ne Untersuchung für nen Ökotrophologus Biologicus wäre.

Herausfordernd Gehirne lutschend,

und ein sanfter Griff ins Fruchtfleisch

von fruta y legumbres