Letzte Worte

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Abschied nehmen von Peru, revisited

Ein kurzes Danke an alles

Abschied nehmen von Peru, revisited ...

Du virtuelle Energie, du schwarzmagischer Fundus, Geld genannt, heiß begehrt und am letzten Abend noch mal so richtig von mir weggeflogen, nehmt ihr´s ruhig, ihr Abzocker, ihr Falschgeldgeber und ihr falschen Ticketverkäufer. Hinterher ist man immer klüger und trotzdem muss jeder ein bisschen was bezahlen in diesem rot-weiß-rot beflaggten Staate. Da ein kleiner Betrug, hier ein herber Verlust, dann ärgern, weil das Zimmer kaltes statt warmes Wasser hat, weil der Bus kein Bett hat wie versprochen und deswegen so teuer war, weil das Leben hart ist. Saugt sie ruhig auf diese schwarze Energie, ein Überlebenskampf wie im Dschungel soll das sein, so hart kann Peru sein ...

Und du Mann in Huaraz, willste ne Frau werden? Oder warum läufste mit drei silbernen Tabletts durch die Straßen und verkaufst diese herrlichen leckeren Salchipapas (Pommes Frites mit paar Würstchenstücken) für wenige Cent? Jedes Tablett vollbeladen mit den kleinen Tüten, wodrin sich der schnelle Gourmetgenuss befindet. Eins in der linken Hand, eins in der rechten Hand, immer schön laut Salchipapas, Salchipapas rufen, und eins, mein lieber Mann, trägst du auf dem Kopf. Hut ab!

Und du, liebes Cuzco, machst große Freude. Hast die herrlichste Umgebung, die schönste Geschichte, die bunt verkleidersten Lamas, manchmal sogar ein Schaf im Tragetuch, wo sich normalerweise die Kinder befinden. Macht gar nix Cuzco, dass hier Touristen wie Ameisen im Dschungel herwuseln und überall angelabert werden, macht gar nix, dass die Dinge hier teurer sind als anderswo und der Eintritt in die Kirche zwölf Dollar kostet, nee Cuzco, is gar nicht schlimm, denn du regierst immer noch und hast ein Herz aus Sonnengold.

Auch du Chincheron machtest Laune, nicht unweit von Cuzco gelegen, präsentiertest du uns auf 3700 m Höhe eine Inka-Steinpyramide in den Abhang eingebaut, die sprachlos macht. Auch deswegen, weil zwischen diesen Felsspalten ein weiterer Koloss von Grünberg wie gemacht für den Zauberberg herauslugte. Du weißt schon, was ein Platz der Kraft ist, was, Inkamann?

Und du kleiner Junge, der mit dem Fahrradunfall in irgendeinem Inkadörfchen, hast dazugelernt, als du dich auf diesem Transportgerät, dass hinten wie ein Velo daherkommt und vorne ne riesige Tragefläche plus zwei weiteren Reifen präsentiert und mit dem man als Händler hier so wunderbar herumfahren und seine Angebote preisen kann (es sei denn, man kann sie auf dem Kopf tragen). Du kleiner Junge, wolltest einfach nur schnell fahren und bist vor uns den Abhang hinunter gesaust, und irgendwie konnte man es schon merken, dass dir die Pfütze da Probleme macht, und dann biste gegen den Bordstein geklatscht, das Vehikel zur Seite gekippt, du vom Rad in die Pfütze geflogen und zu allem Überfluss dir der schwere Holz-Stahl-Vorbau auch noch voll auffen Kopf geknallt. Hättest ne schwere Gehirnerschütterung haben können und hast dementsprechend mächtig geweint.

Deine Mutter, die genau wie wir, das Spektakel von hinten beobachtet hatte, hat nur mit dir geschimpft, sollst nicht so rumweinen, lebst ja schließlich noch und war deine eigene Schuld. So ist das also mit der Bemutterung hier, Natur ist hart, Junge ...

Und ihr Krebse am Strand von Huanchaco, macht ihr das eigentlich extra, mit euren wuseligen Stielaugen und euren Spinnenbeinen so vor uns herzulaufen, dass man sich vorkommt wie Mister Stenmark auf der Skipiste. Genau, Barfuß-Slalom am Strand, um die armen Tierchen nicht zu erwischen. Schön und lebendig, da am Wasser ...

Und sag mal, Peru, wie gegensätzlich willste denn noch sein? Einmal kaputte Busse samt Fahrer und Musik und dann auf einmal Luxuspedanterie. Sitzen wir grad im Büsschen, Schuhe aus, und Taschenbuch draußen, da kommt der Ticketmann mit ner Videokamera und filmt alle Passagiere! Zur Sicherheit!! Nee so was ...

Und ihr Urus, seit ihr denn noch normal? Baut euch ne Insel aus Schilf und Binsen, lebt in der wohl wunderbarsten Wasser-Mensch-Symbiose, die es überhaupt gibt, habt Häuser, Boote, ja alles aus Schilf, seid dafür weltberühmt, sprecht nicht son überrumpeltes Spanisch sondern Aymara und lasst dann jeden Tag tausend Touristen kommen, die euch fotografieren. Gegen Bares, versteht sich. Ach Urus, toll ist´s trotzdem und außerdem habt ihr ja auch keine Angst vor Kälte, denn wie ihr sagt, habt ihr schwarzes Blut und das gefriert nicht. Aufheizend Urus, richtig schön aufheizend ...

Und ihr 57 Pyramiden im Jequetepeque-Tal seid das wohl erstaunlichste Abbild für antike Totenstätten, oder? War die Pacatyamnu-Kultur wirklich größer samt Stadt und Kunstwerken als Rom? Wir gehen davon aus, erst recht ein Leichtes, wenn man bedenkt wie du Peru, ja wie du Südamerika, von der westlichen Wissenschaft klein gehalten wirst, damit der Eine seinen Status behält ...

Und sag mal Bohne, Erbse, Kartoffel und Mais, wer hat euch eigentlich die Fähigkeit geschenkt auf 4000 Metern Höhe zu wachsen und Leben zu schenken? Ich wette mal, das war der Jeist der Erde ...

Respekt dem alten Indio

Und du Gustavo, bist der König des Dschungels, der Mann der Narben und der fehlenden Zähne. Werd wohl nie dein Staunen und dann dein Lächeln vergessen, als ich auf dem heißen Amazonas-Nebenfluss meine Zahnseide auspackte, um mich nach Tagen des Schmutzes zu säubern und du mir wirklich zu verstehen gabst, dass du sowas noch nie gesehen hast.

Ich auch nicht.

Und du Reinhold Messner, was haste eigentlich in Peru verloren? Nix, wissen wir, aber wenn du eben im Deutsche-Welle-TV auftauchst, nur wenige Kilometer vom berühmten Machu Pichu entfernt und uns dann erzählst, dass der Mount Everest heute so touristisch ist, dass täglich!!! 60 Menschen den Gipfel erklimmen, geleitet von Führern und Snackbars wie an der Autobahn, dann wird schnell klar, warum man Machu Pichu auch schon mal links liegen kann!

Und ein letztes Geleit dir, alter Indio, der du vor Jahrhunderten die Anden durchstreift hast. Das ist doch heute mit Bus und Straßen, mit Nestle-Schokolade und Fernglas, schon der helle Wahnsinn, Klüfte, Spalten, Bergriesen, Abhänge und Bergmacht, vor der wir still werden. Wie zum Himmel hast du das gemacht, ganz ohne Pferd, ohne Rad, nur mit Esel und Naturliebe? Ich glaub, alter Indio, du hast dich mit der Kraft der Erde verbunden und dich mir ihr vereinigt, dass sich Schluchten aufgetan, Wolken aufgerissen und Kräfte offenbart haben, denen wir heute in unseren Träumen noch begegnen. Derbe Respekt dafür, alter Indio ...

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