Straßenverkauf

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Allmächtiger Fernseher

Mikrokosmos auf den Straßen Perus

Briefe schreiben, telefonieren, waschen - alles ist möglich

Auf der Straße verkauft sich seit Anbeginn der Urbanisierung die Welt. Leichte Mädchen heben den Rock für den Passanten, und schon wechseln die Moneten den Besitzer.

Nicht erschrecken!, auf solchen Straßen verkehre ich gar nicht und hab außer in Quito auch noch keine leichte Dame als solche erkennen können.

Mich interessieren vielmehr die täglichen Geschäfte der Kleinigkeiten, der Habseligkeiten und der Wunderseligkeiten. Von den unzähligen Bauchladenverkäufern mit Kaugummi, Lolli, Schokolade, Zigaretten und Bananenchips war ja schon die Rede, ebenso von Indianerinnen, die neben ihren Schafen oder Lamas auf dem Asphalt knien und Obst, Gemüse oder Gewebtes, alternativ auch Gestricktes oder Geknüpftes, feil bieten.

Neu hingegen sind lebende Schreibmaschinen, die vor allem hier in Peru ein übliches Straßendasein führen.

Gehste also über die Straße, schaust Kaugummi kauend zum Himmel, denkst an Hausarbeiten oder andere Unwichtigkeiten, da stolperst über nen Straßenmerkador, der da mit seiner Schreibmaschine steht so wie Tante Agnes mit Fiffi an der Leine neben ner Berliner Litfasssäule. Der Klient, den das interessiert, macht folgendes: Bezahlt ein paar Cent, nimmt ein Blatt Papier, legt es ein und schreibt unter Perus strahlend gleißender Sonne (na gut, nur für Schönwettertouristen - ansonsten unter Perus Wolkenmassen) die Kündigung an seinen Vermieter, den Liebesbrief an Geliebte Nummer Drei oder die Formatvorlage für die Werbung seiner Straßenmassage, die er direkt nebenan eröffnet, wo zwei weich gepolsterte Stühle auf die Kunden zum Verwöhnen warten.

Die Formatvorlage gibt er dann beim Straßendruck um die Ecke ab, muss nu aber noch mal schnell telefonieren, kein Problem, an der Kreuzung da drüben stehen die Menschen mit den Handys, bezahlen und telefonieren, einfach so geht´s. Jetzt müssen noch die Schuhe geputzt werden, klaro auf der Straße, und das Hemd gebügelt, erraten du Stadttiger, an jeder Straße.

Und wenn man mal was Größeres zu erledigen hat wie Emails schreiben, Wäsche waschen oder Haare schneiden, geht man eben in einen kleines Straßentienda, nicht größer als deine Badewanne, und erledigt dort seine Alltagsarbeit.

Gestern die dazu passende Nachricht in Perus Zeitungen: 15,5 Millionen Handy-Anschlüssen stehen 2,5 Millionen Festnetz-Anschlüsse landesweit gegenüber, so die aktuelle Statistik.

Zu Hause gibt´s keine Haushaltswaren, nur Mais, Brot und Wasser, nen Bett für vier Mann, der Rest wird draußen erledigt mit mittelalterlicher Betriebsamkeit und Handeln, Feilschen und in die Luft starren.

Ach so, der Fernseher zählt hier nicht zum Haushalt, sondern zu Gottes gegebener Natur, er ist überall, im Bus, auf der Toilette, im Friseursalon, den ganzen Rest gibt´s bei den Lamas.

Spuckend (nur den Kaugummi) grüßend ...