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Kulturschock

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Der brasilianische Kulturschock

Willkommen in der neuen Heimat

Herzliche Begrüßung und erste Eindrücke

Nach herzlicher Begrüßung bin ich froh, dass sie mich auf dem Weg begleiten. Alleine wäre ich in diesem Chaos nicht weit gekommen. Vorbei geht es an einer Vielzahl von kleinen Buden und Ständen, in denen man wohl jeden Krimskrams erstehen kann. Sogar auf winzigen Teppichen mitten auf dem breiten Bürgersteig, umringt von abertausenden Beinen, haben Kinder ihre Schätze aufgereiht. An diesen kleinen Ständen bekommt man alles spottbillig: Holzketten, Glückssteine, Batterien, Kassetten, Handytaschen, Messer, Perlen in allen Farben, Federn und vieles mehr. Gerne würde ich ein wenig verweilen, doch wir haben keine Zeit. Ab und zu flitzt ein kleiner Junge mit einem schmuddeligen Styroporkasten zwischen den Menschenmassen hin und her und bietet auf Eis gekühlte Dosengetränke oder sein selbst gemachtes Wassereis in Plastiktütchen für wenige Centavos an. Die Läden seien illegal, macht mich eine Schwester aufmerksam. Die Polizei wisse Bescheid, das mache denen aber nichts aus. Die Stände seien ein Barometer der Wirtschaft: Gibt es viele, so geht es der Wirtschaft gut.

Wir kommen zum Auto und können losfahren. Es ist ein alter VW-Bus, der liebevoll strahlend weiß lackiert worden ist. Solch ein knatterndes Ungetüm hatten wir zu Hause vor Jahren in unserer Großfamilie auch einmal gehabt. Inzwischen ist es schon halb sieben Uhr morgens. Die vier- bis siebenspurigen Autobahnen sind hoffnungslos verstopft. Es geht nur langsam durch die Vorstadt, aber das macht mir nichts aus, denn so kann ich gut das Treiben an den Straßenrändern betrachten. Vorbei geht es an Müllhaufen, Trümmergrundstücken und Schrottplätzen. Die Abwasserkanäle sind mit schwarzem, stinkendem Schlamm gefüllt. Alte Reifen und tote Fische liegen auf dem Matsch. Ein paar Menschen haben sich im Dreck am Ufer kleine Holzhütten gebaut. Die Autoabgase, der Geruch von verbrannten Gummireifen und der Lärm vom hektischen Verkehr scheint die Menschen an den Straßenrändern nicht zu stören.

Schon kommen die ersten Elendsviertel. Direkt neben der Autobahn – vielleicht zwei oder drei Meter entfernt – stehen auf Lehm und Müll die notdürftig zusammen gezimmerten Holzbaracken der Armen. Den Sperrplatten und Wellblechdächern sieht man an, dass sie kaum gegen das heiße Klima schützen können. Zwischen den Hütten hocken Menschen, die im Müll nach Nützlichem suchen. Und es sind so viele. Die dreckige Kleidung hängt zum Trocknen auf dem Stacheldraht. Die paar Lumpen hängen so nah an der Autobahn, dass sie beinahe von den vorbeidonnernden Lkws weggerissen werden. Eine unvorstellbare Armut. Ich habe noch nie so arme Geschöpfe gesehen. Ich glaube meinen Augen nicht zu trauen. Nur hilflos kann ich aus dem Auto das Elend betrachten. Ich fühle mich schlecht. Und das sollte erst der Anfang sein.

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