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Tourismus

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Korsika und der Fremdenverkehr

Ein wenig Statistik

Dreieinhalb Milliarden Francs und knapp anderthalb Millionen Besucher jährlich – im Sommer bevölkern sechsmal mehr Touristen als Korsen die Insel – deuten auf den Fremdenverkehr als Haupteinnahmequelle hin. Siebzig Prozent der Besucher entscheiden sich für die Monate Juli/August; gleich dahinter auf der Beliebtheitsskala rangieren Juni und September. Sechsundfünfzig Prozent dieser Urlauber sind Franzosen, dreiundzwanzig Prozent Italiener und »nur« zwölf Prozent Deutsche. Gut zu wissen für alle, die sich nicht so gerne unter ihresgleichen tummeln: lediglich ein Urlauber von fünfen verläßt den Küstenstreifen und wagt sich ins Landesinnere vor.

Sicherheitsprobleme

Nach der Statistik möchten wir gerne etwas ausführlicher auf die Beziehung der Korsen zu ihren Touristen eingehen ... Entgegen einem weitverbreiteten Vorurteil gibt sich die große Mehrheit der Inselbewohner überaus gastfreundlich. In der Regel wird man durchaus warmherzig und nicht mit Maschinengewehrsalven empfangen, es sei denn, man richtet größere Verwüstungen in der Macchia an. Direkte Zielscheibe des Terrors sind zwar selten die Urlauber selbst – eher die »Symbole«, wie wir im Abschnitt über die FNLC festgestellt haben – doch scheint das Klima der politisch bestimmten Gewalt auch die Hemmschwelle bei der Bedrohung von Menschen niedriger zu legen. Wir erinnern an den von einem Zeltplatzbesitzer erschossenen Spätheimkehrer, an die von bewaffneten Männern ausgeraubten Wohnmobiltouristen ...

Als Fremder sollte man daher äußerste Vorsicht walten lassen und vom Zelten außerhalb umfriedeter Campingplätze absehen. Auf die weitgehend machtlosen Behörden braucht man dabei nicht zu hoffen: die verkünden zwar regelmäßig harte Strafen gegen illegalen Waffenbesitz und führen neuerdings sogar Kontrollen durch, doch als besonders wirkungsvoll gelten diese Maßnahmen nicht. Zudem ist die Aufklärungsquote gering. Wie meinte doch ein städtischer Abgeordneter aus Bastia ironisch? »Man müßte die ganze Insel ins Gefängnis sperren«.

Abhängigkeit und Gastfreundschaft

Dabei ist Korsika, das außer Wein und landwirtschaftlichen Erzeugnissen nur seine Schönheit anzubieten hat, auf den Fremdenverkehr angewiesen, der ja die Haupteinahmequelle der Insel bildet. Den Korsen schmeichelt es übrigens ungemein, wenn man von ihrer wunderschönen Insel schwärmt, und es ist einfach, mit ihnen über dieses Thema ins Gespräch zu kommen.

Aus verständlichen Gründen mag einem der Umgangston in den Küstengegenden herzlicher vorkommen. Aber Vorsicht: ein Lächeln wird Urlaubern gerade in den gut besuchten Gegenden oft nur aus Geschäftsinteresse entgegengebracht. Dagegen sind Kontakte zu den Korsen im Inneren des Landes, auch wenn anfangs schwieriger zu knüpfen, weitaus ehrlicher. Ist das Eis erst einmal gebrochen, erweisen sich die Dorfbewohner als nette Zeitgenossen, für die Gastfreundschaft kein Fremdwort ist. Wir sind immer wieder verblüfft, wieviele Reisende restlos begeistert vom herzlichen Empfang durch die Korsen zurückkommen.

Touristen ohne Gespür und Takt, die sich als Kolonialherren aufspielen und keinerlei Mühe geben, die Korsen und ihre Eigenarten zu verstehen, werden als einzige andere Erfahrungen machen. Auf Korsika werden Stolz und ein legitimer Anspruch auf Respekt höher bewertet als das Geld des Touristen. Eigentlich lobenswert.