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Musik

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Korsische Musik

Korsika ist eher ein Land der Sänger als der Musiker. »In Korsika singt einfach jeder« meinte Hektor Zazou, ein in Frankreich populärer Sänger, als 1990 seine Platte »Nouvelles Polyphonies Corses« auf den Markt kam. Für diesen ungewöhnlichen Musiker war es daher kein Problem, mit zahlreichen Sängern zusammenzutreffen und deren Stimmen aufzunehmen. Resultat war ein Bestselleralbum, dem ein ähnlicher internationaler Erfolg beschieden war wie den »Bulgarischen Stimmen« (Voix bulgares). Die ursprünglich in einer Kirche in Bonifacio auf Tonband gebannten traditionellen Gesänge – Monodien und Polyphonien – wurden anschließend von Zazou in einem aufwendigen Verfahren mit Stimmen, Synthesizern und musikalischen Einlagen von Musikern aus aller Welt wie John Cale, Ryuchi Sakamoto, Manu Dibango, John Hassel usw. überarbeitet. Nicht nur, dass die Aufnahme in Frankreich und anderen Ländern ein Renner wurde, sie brachte in korsischen Musikerkreisen eine ganze Lawine ins Rollen.

Seither versuchen sich zahlreiche Musiker mehr oder weniger erfolgreich an dieser Mischung aus traditionellen und synthetischen Elementen: z.B. die Grands Anciens (»großen Alten«) von I Muvrini, die aus der neuen, stark nationalistisch gefärbten Folkbewegung der siebziger Jahre hervorgegangen waren (in der Tradition der Canta U Populu Corsu). Andererseits setzen sich neue Gesangsgruppen Erhalt und Pflege der alten und neuen Lieder zum Ziel (z.B. die Männer von Tavagna und die Frauen von Donnisulana). Bemerkenswert außerdem die gelungene Verschmelzung von Überlieferung und Jazz bei Michel Raffaeli und David Rueff (»Tra occhjue é mare«)

Weniger bekannt als die in den herrlichen Bergen Korsikas entstandenen Volkslieder ist das gelehrte, religiöse Gesangsrepertoire der hiesigen Franziskaner, das jetzt nach und nach auf Band aufgenommen wird, nachdem es drei Jahrzehnte lang Gegenstand musikalischer Forschung war. Im 17. und 18. Jh. wurden liturgische Gesänge in Partituren schriftlich niedergelegt. Örtliche Vereine und spezialisierte Musiker wie Marcel Péres und sein Ensemble »Organum« (aus der Abtei von Royeaumont) versuchen sich an möglichst originalgetreuen Wiedergaben.
Und Tino Rossi? Nun, das ist eine ganz andere Geschichte. Sein Stil ist wohl eher dem des exotischen französischen Chansons als jenem des traditionellen Gesangs zuzuordnen. Von den dreißiger bis fünfziger Jahren war Rossi außerordentlich in Mode. Mehr darüber im Kapitel »Porträts«

Empfohlene Aufnahmen: Les Nouvelles Polyphonies Corses (Philips 1990); Tavagna: A Capella (Silex/Audivis, 1992); Trà Ochjue é Mare: Chants Corses (Silex/Audivis, 1991); C. Bellagamba, Tel. Casalonga, N. Acquaviva, J. Casalonga: Les Chants Polyphoniques Corses (Harmonia Mundi); Chants religieux de tradition orale (Unesco/Audivis).