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Landschaft und Flora

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Korsika: Natur

Geologisches

»Korsika ist ein Gebirge im Meer«, stellte schon der deutsche Geograph Friedrich Ratzel im vorigen Jahrhundert fest, und hatte mit dieser Aussage gewiß nicht unrecht. Schaut man ein wenig unter die Oberfläche, wie es Geologen zu tun pflegen, so muß man Ratzels Aussage präzisieren und von zwei Gebirgen sprechen: einem variskischen (im Karbon gebildeten) und einem alpinen. Kurioserweise übertrifft die variskische im Falle Korsikas die alpine Auffaltung an Höhe und wirkt, jedenfalls in den Augen des in Jahrmillionen rechnenden Geologen, jünger. Beide korsischen Gebirge stoßen auf der ziemlich genau über Corte verlaufenden Linie L´Ile-Rousse – Solenzara aufeinander, was bitte nicht wörtlich zu verstehen ist.

Die Beschreibung der geologischen Verhältnisse erschöpft sich damit aber noch lange nicht, im Gegenteil: Korsika gilt in Geologenkreisen als regelrechte Fundgrube, so abwechlungsreich bieten sich die Formationen dar. Da wir uns jedoch zumeist auf der Erdoberfläche aufhalten, möchten wir es bei diesen knappen Vorbemerkungen belassen. Ach ja: trockenen Fußes von Italien nach Korsika gelangte man wohl zu keinem Zeitpunkt im Quartär – der Meeresstreifen dazwischen war jeweils mindestens zehn Kilometer breit. Ein Umstand, der den Fährunternehmen schon vor der letzten Eiszeit gute Geschäfte beschert haben dürfte.

Pflanzenwelt

Im Gegensatz zu den übrigen Mittelmeerinseln, die ein trockenes, eher kahles Aussehen zur Schau tragen, gibt sich Korsika als grüne Insel. Es zählt sogar zu den grünsten Inseln des Mittelmeeres, trotz der skandalösen und kriminellen Waldbrände, die Macchia und Gebirgswald alljährlich heimsuchen. Zum Glück wächst die Macchia unglaublich schnell nach: innerhalb von zwei oder drei Jahren ersteht sie wieder aus ihrer Asche.

Auf Korsika sind Reichtum und Vielfalt der Flora augenfällig: insgesamt 2.835 Pflanzenarten wurden gezählt. Und als Folge des Inseldaseins gedeihen hier 121 Arten oder Unterarten solcher Wildpflanzen, die nirgendwo anders auf der Welt zu finden sind.

Will man die korsische Flora verstehen, muß man »etagenweise« vorgehen. Beginnen wir doch im Erdgeschoß:

Mediterrane Etage (0 bis 600 m über NN): das Reich der Macchia (s. auch dieses Kapitel) mit ihren tausend Gerüchen und betörenden Düften. Erdbeerbaum, Mastixstrauch (Lentiske), Zistrose, Baumheide, Asphodele, Myrte, aber auch die Steineiche, der einzige richtige Baum in der Macchia, gedeihen hier. Asphodelen mit ihren über einen Meter hohen Blütenständen galten den Griechen als Symbol der Auferstehung; auf der Insel standen sie im Ruf, zur Abwehr von Zauberei und Bösen Geistern nützlich zu sein. Die Steineiche (frz. Chêne vert, korsisch Leccia) sieht oft wie ein dicker Busch mit knotigem Stamm aus. Zu den exotischsten Pflanzen in Meeresnähe gehört die Agave, aus der nach ein paar Jahren ein Blütenstiel herauswächst, der bis zu zehn Meter Höhe erreichen kann; sie ist außer im Mittelmeerraum nur noch in Mittelamerika beheimatet.

Eine weitere exotische Pflanze stellt der in Nordafrika weit verbreitete Feigenkaktus dar. Schließlich wachsen Straßenrändern, Flußufern und Berghängen massenweise Eukalyptusbäume. Die exotische Pflanze mit ihrem betörenden, süßlichen Duft vertreibt angeblich lästige Moskitos; die Blätter mit dem eigenartigen Geruch stehen allerdings nur bei den Koalas in Australien hoch im Kurs. Naturschützer und Botaniker sind über das massenhafte Auttreten des Importbaumes gar nicht begeistert, zumal wenn dieser wie in Portugal als Monokultur für die Zelluloseherstellung angepflanzt wird: Eukalypten verdrängen die einheimische Flora (Blätter und Rinde sondern zu diesem Zweck ätherische Öle aus), laugen den Boden aus und lassen den Grundwasserspiegel sinken.

Obere mediterrane Etage (600-900 m): hier beherrscht die Eßkastanie, franz. »chataigner«, nicht »maronier«, das Feld. Genau wie bei der Zikorie (chicorée) und der Endivie (endive) die Bezeichnungen genau umgekehrt sind, könnt man auch hier vermuten, dass der »maronier« ein »Maronenbaum«, also eine Eßkastanie sei. Insgesamt weist Korsika ungefähr vierzigtausend Hektar mit Kastanienpflanzungen auf, den bedeutendsten Teil davon in Castagniccia (daher auch der Name). Die Kastanie wird auch Brotbaum genannt, denn lange Zeit dienten seine Früchte den Bewohnern dieser Gegend als Grundnahrungsmittel. Entweder wurden sie im Holzfeuer gegrillt (Fagioli) oder zu einer Art Brei (Balotte) oder Mehl verarbeitet, woraus dann Pulenta und Falculella fabriziert wurden. Die torta castagnina ist ein Kuchen aus Kastanienmehl, Nüssen, Mandeln, Rosinen und Pinienkernen. Die Kastanien ersetzten unter der Herrschaft der Genueser vom 13. bis zur Mitte des 18. Jhs die ursprünglichen Eichenwälder.

Bergetage (bis 1.800 m): die Vegetationszone der Laricio-Kiefern. Sie sind leicht an ihren geraden, bisweilen vierzig Meter und höher gewachsenen Stämmen zu erkennen. Baumriesen also! Das älteste Exemplar soll angeblich achthundert Jahre alt sein – gesehen haben wir´s allerdings nicht. Die rissige Rinde dieser Kiefernart weist ein rötliches Grau auf. Pinienholz ist im Tischlerhandwerk heißbegehrt. Die majestätischsten Pinienwälder sind in Aitone und Valdo-Niello (zwischen Porto und Calacuccia) sowie Vizzavona (Straße Ajaccio-Bastia) zu finden ... wenn sie in der Zwischenzeit nicht in Rauch aufgegangen sind.

Subalpine Etage (1.800 bis 2.100 m): sie hat einige ausgefallene Pflanzen wie die duftende Erle, in Korsika auch Bassu genannt, vorzuweisen, eine Verwandte der alpinen Grünerle. Bassu-Bäume treten ab 1.500 m in Erscheinung. Ihr betörender Duft erinnert an jenen der Nadelhölzer.