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Die Macchia

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Korsikas Mittelmeer-Pflanzenwelt

Eichen, Myrten, Zistrosen

Korsika ohne Macchia wäre ungefähr so wie Baden ohne den Schwarzwald – oder wie die Mongolei ohne Steppe, falls man sich in der Mongolei besser auskennt als im eigenen Land (soll es ja alles geben). Die Macchia ist eines der Markenzeichen Korsikas, ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil seiner Physiognomie und, sagen wir es ruhig, seiner Seele. Die typisch mediterrane Buschvegetation mit ihrer großer Pflanzenvielfalt bildet einen riesigen, und, wegen ihrer Fähigkeit, Wasser zu speichern, zumeist grünen Mantel, der zuweilen aber auch gelbliche Töne annimmt, vor allem in trockenen und heißen Gebieten. Regelmäßig wiederkehrende Waldbrände färben die Macchia schließlich schwarz – sich an solchen Tagen besser nicht dort aufhalten ...

Das Vorkommen der Macchia ist auf die von Geobotanikern so benannte »mediterrane Stufe« beschränkt, also den Bereich von 0-600 m über dem Meerespiegel. Wie ein grüner Schal legt sie sich daher im Küstenstreifen um die Insel. Kaum ist man dem glasklaren blauen Salzwasser entstiegen, betritt man auch schon die »niedere Macchia«. Hier wachsen Pflanzen mit magisch klingenden Namen wie die Myrte, deren weiße Blüten einen süßlich betörenden Duft verströmen, die Zistrose (Ciste de Montpellier), die Korsische Zistrose (frz. Ciste de Crète, »Kretische Zistrose«) und die Baumheide (kors. Scopa), die zwar Blüten, aber keinerlei Früchte trägt – daher auch die korsische Redensart: bacciardu cume a scopa, »verlogen wie die Baumheide«.

Daneben existiert noch eine weitere, dichtere Macchia, eine undurchdringliche Welt aus Sträuchern und Dorngewächsen, die fünf bis sieben Meter hoch werden können (sich daher niemals in Badesachen dort aufhalten!). Dies ist das Reich der Erdbeerbäume (kors. Arbitru, frz. Arbousiers), die im Herbst rote Früchte tragen. Für Kühe und Wildschweine eine Delikatesse! Aus ihnen – nein, den Früchten, nicht dem Viehzeugs! – wird aber auch Likör hergestellt, der allerdings nicht für die Schweine gedacht ist. Eine andere, in der höher gelegenen Macchia weit verbreitete Baumart ist die Steineiche (frz. Chêne vert, kors. Leccia).

Die immergrüne Macchia – sofern sie nicht gerade brennt oder noch Spuren vom letzten Feuer trägt – ist im Frühjahr von einem Blütenteppich überzogen; der ideale Zeitpunkt für einen Besuch also. Ihre Früchte tragen die Pflanzen der Macchia im Winter. Man sollte während seines Korsikaaufenthaltes wenigstens einen Tag für die Macchia einplanen, dann aber eine Wasserflasche mitnehmen und unbedingt früh morgens aufbrechen, denn nachmittags herrscht dort im Hochsommer unerträgliche Gluthitze.

Wichtige Hinweise: um sich nicht in der Macchia zu verirren, sollte man sich an die vom Regionalparkbüro orange gekennzeichneten Wege halten. Es soll schon arglose Wanderer gegeben haben, die sich verliefen und an Hitzschlag gestorben sind.

Weder in der Macchia noch auf der übrigen Insel braucht man Vipern zu fürchten; dafür wimmelt es aber von Fluginsekten, emsigen Ameisen und ewig zirpenden Zikaden ...

Angeblich soll es ja keine sogenannten Bandits d´honneur (»Banditen aus Ehre«) mehr geben, die sich nach einer Missetat – im Rahmen einer blutrünstigen Vendetta etwa – im Gestrüpp der Macchia vor der Strafverfolgungsbehörden verstecken müssen. Falls einem unserer Leser doch ein solcher begegnen sollte, bitten wir um sofortige Nachricht (möglichst mit Bild!).