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Die Elvis-Story

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Sexsymbol und Rock

Von schwingenden Hüften bis zur bauchigen Colaflasche

Schwingende Hüften, rebellische Haartolle, auseinander gegrätschte Beine, Mikro in Hab-Acht-Stellung, Schmollmumd ... Tiefes Luftholen ... ein Schrei ertönt: »You ain´t nothing but a Hound Dog ...«, Mädchen brechen zusammen, einige zerkratzen sich das Gesicht, andere weinen, springen, zucken, elektrisiert, hysterisch ... 1958: Elvis, genannt der »King«, bringt die Massen zum Toben. Mit dreiundzwanzig Jahren gelingt diesem großen Jungen vom Lande der phänomenalste Durchbruch in der Geschichte der Musik. Er wird zum Idol des weißen Amerika. 16. August 1977: 42 Jahre alt, 110 kg schwer, gescheiterte Ehe, 500 Millionen verkaufte Platten; Elvis stirbt an einem Herzanfall. Zuviele Sandwiches mit Erdnußbutter, zuviele Medikamente? Man wird es nie genau wissen. Der Rock hat seinen in jeder Beziehung gewichtigsten Akteur verloren. Der König ist tot, die Legende lebt weiter. Aber nun nochmal zurück zum Anfang.

1954, das ist die Zeit Eisenhowers und des Puritanismus, des Kalten Krieges, des Hasses auf alles Andersartige und vor allem auf die Schwarzen. Diese Schwarzen, die kaum irgendwelche Rechte hatten, es sei denn das Recht, die Klappe zu halten oder zu singen. Und auch das nicht allzu laut und nur unter sich. In diesem konformistisch denkenden Süden betritt Elvis eines Tages das Sun Studio, wo man für 30 $ eine Aufnahme machen lassen kann. Zwischen zwei Aufnahmen nimmt Elvis seine Gitarre und spielt die alten Songs des Rhythm and Blues. Zu dieser Zeit befindet sich die Musik der Schwarzen in einer Sackgasse. Sie tönt nur aus den »Ghetto«-Radios. Um die schwarze Musik den Weißen zu verkaufen, bedarf es eines Weißen, der sie singt. Bei Sam Phillips, dem Besitzer des Studios, macht es sofort Klick, als er Elvis hört. Das ist der Mann, den er gesucht hat: ein Weißer mit einer außergewöhnlichen Stimme, einem Klang und einer Sinnlichkeit, die an die schwarzen Sänger erinnert. Die unruhige und rebellische Jugend hat gerade ihr letztes Idol, James Dean, zu Grabe getragen. Dieser hat eine Lücke hinterlassen, welche Elvis zu füllen versteht. Er hat das Glück, im rechten Moment zur Stelle zu sein. Mit seiner außerordentlichen Stimme, seinem jugendlichen Lächeln, seiner sanften Schüchternheit und seinen provokanten Hüftbewegungen versetzt er das Publikum in Aufruhr.

Elvis the Pelvis

Zwischen 1956 und 1958 erlebt die Welt Elvis´ kometenhaften Aufstieg. Seine ersten Fernsehauftritte lösen Skandale aus. Er ist ein Bürgerschreck. Aber das, was die Familien noch viel stärker beunruhigt, ist die Tatsache, dass er ihren Kindern, und insbesondere den Mädchen, offenbar gefällt. Eine bekannte Tageszeitung kommentiert: »Wenn man Mr. Presley sieht, wird einem klar, dass seine Spezialität nicht der Gesang, sondern etwas ganz anderes ist. Virtuos geht er vor allem mit seinen Hüften um.« Es wird verboten, ihn unterhalb der Gürtellinie zu filmen.

»Colonel« Parker – der sowenig Colonel war wie wir – wird 1955 sein Manager. Er wird fortan sowohl die großen wie die kleinen Dinge im Leben des Sängers regeln. Er macht aus ihm ein vollkommenes Marketingobjekt ohne Ecken und Kanten und mit »Nebenprodukten«. Graceland ist bis heute das beste Beispiel eines »Elvis-Produkts«. Nach vier Jahren auf der Höhe des Ruhms, einer Zeit, in der seine Natürlichkeit scheinbar noch die Oberhand behält, wird eine ganz simple Strategie verfolgt: ein ständiges Hin- und Hergleiten zwischen zwei Positionen. Zum einen freundlich-sanfter Strolch und hüftschwingender Rebell, zum anderen puritanischer Konformist und überzeugter Christ. Wie die Campbell-Suppe oder die Coca-Cola-Flasche wurde auch Elvis zum Symbol für Amerika.

Kitschfilme

Von 1958-1960 geht er zur Armee und landet fern seiner amerikanischen Fangemeinde in Deutschland. Ganz der brave Junge. Bei seiner Rückkehr sorgt der schlaue Colonel dafür, dass das Publikum sich in einem Zustand ständiger Frustration befindet, denn von nun an wird Elvis vor allem durch Abwesenheit glänzen. Er wird zu einem unsichtbaren Idol. Er tritt nur in den allergrößten und populärsten Fernsehshows auf und verhält sich wie jene Spekulanten, die gerne eine künstliche Zuckerknappheit herbeiführen, um die Nachfrage anzuheizen. Elvis macht sich rar und ist mit dieser Taktik höchst erfolgreich. Es entstehen eine große Anzahl an Aufnahmen, aber auf der Bühne ist er fast zehn Jahre lang nicht zu sehen. Er dreht einunddreißig Kitschfilme, die ihm von dem Oberbonzen »Colonel« auf den Leib geschneidert sind. 1969 kehrt er in Las Vegas auf die Bühne zurück. Sein Publikum ist da, es hat zehn Jahre unermüdlich seiner geharrt. Elvis lebt von nun an in Bel-Air und verbringt seine Zeit mit der Erweiterung seines »Speck-drums«.

Anfang der siebziger Jahre: Heißhunger auf Konzerte, Kuchen ... und Medikamente. »Sag Elvis, kann es sein, dass irgendetwas nicht stimmt mit deinem Leben?« 1973: erste Krise. 1974-1975: über hundertfünfzig Konzerte, mehrere Krisen. 1977: Elvis ist tot, es lebe der King! Elvis war der erste, der Blues, Gospel und Countrymusik genial verband. Er besiegte den musikalischen Rassismus und hat die Musik der fünfziger Jahre entscheidend geprägt. Seine Bühnenauftritte bleiben unvergleichlich, wild und zärtlich zugleich.