Gewässer
Geteiltes Land
2500 Flüsse und 4000 Seen
Mitten durch die Mongolei verläuft die Hauptwasserscheide Asiens, vom Mongolischen Altai über den Tannu-Ola und den Changai quer durch die Ostmongolei zum mittleren Chingan. Sie teilt das Land in ein abflußloses zentralasiatisches Gebiet im Süden und in Abflußgebiete, die zu den Einzugsbereichen des Nördlichen Eismeeres und des Pazifischen Ozeans gehören. Die abflußlosen Becken nehmen etwa zwei Drittel der gesamten Landfläche ein.
Da der Boden die intensiven Sommerniederschläge gut aufzusaugen vermag, bestehen vergleichsweise große Flüsse. Insgesamt gibt es 2500 Flüsse und über 4000 Seen, viele davon Salzseen.
Die Hauptflüsse sind Selenge (593 km in der Mongolei/992 km insgesamt), Orchon (1124 km) und Cherlen (1090/1254 km). Die Selenge mit ihrem verzweigten Flußnetz und relativ großer Wasserführung macht das Zentrum der Nordmongolei zum wirtschaftlich wichtigsten Landesteil. Mit Ausnahme von Selenge, Orchon und Onon (über den Amur in den Pazifischen Ozean) enden die Flüsse in den Salzsümpfen und Salzseen der Senken. Ein Teil der Flüsse führt nur saisonweise Wasser.
Entwässerung in Nordmeer und Pazifik
Die Nordhänge von Changai und Chentii verfügen über ein gut entwickeltes und verhältnismäßig dichtes Flußnetz. Hier entspringen die südlichsten Quellflüsse des Jenissei- und die westlichen des Amur-Stromsystems. Die Täler sind oft weitläufig angelegt und auf große Strecken hin versumpft oder werden von Niedermoortorf bedeckt. Die Überfeuchtung der Talauen wird in vielen Fällen durch unterlagernden Frostboden gefördert. Trockentäler treten in der Regel nur in den niedrigen Gebirgsteilen auf, die bereits der trockenen Kurzgrassteppe angehören.
Der wasserreichste Fluß, die Selenge, entspringt im Westchangai und im Gebirgsland von Chöwsgöl und mündet in den Baikalsee. Ihr Einzugsgebiet ist über 280.000 qkm groß. Ihr größter Nebenfluß, der Orchon, entwässert nicht nur den Ostchangai und große Teile des Selenge-Orchon-Berglandes. Er sammelt mit seinen rechten Nebenflüssen Tuul (819 km), Charaa (291 km) und Jeroo (323 km) auch das Wasser des westlichen und südlichen Centii.
Die zum Arktischen und Pazifischen Ozean entwässernden Gebiete sind arm an Seen. Der bedeutendste ist der bis 239 m tiefe Chöwsgöl, der in einem tektonisch angelegten Becken 2620 qkm bedeckt und von 46 Zuflüssen gespeist wird. Seine Entwässerung erfolgt über den Eg (475 km) nach dem Selenge. Der See ähnelt in vielfacher Hinsicht dem Baikalsee und wird deshalb auch als sein kleiner Bruder bezeichnet. Die Ufer fallen allgemein steil zum Seebecken ab, und nur an den Flußeinmündungen finden sich seichte Buchten mit Deltabildungen und versumpften Partien. Die ausgezeichnete Wasserqualität gestattet Sichttiefen bis zu 25 m. Der See wird von 14 Fischarten besiedelt, wobei besonders die Lachsforelle wirtschaftliche Bedeutung besitzt. Besonders reich vertreten ist auch die Vogelwelt mit 153 Arten. Die Schönheit des Sees und seine vielfältige Fauna und Flora sollen in naher Zukunft durch einen Nationalpark geschützt werden.
Aperiodische Entwässerung
Das aperiodische Entwässerungsgebiet zum Pazifischen Ozean wird von Cherlen und Chalchyn Gol (233 km) entwässert. Beide Flüsse senden ihr Wasser in den auf chinesischem Territorium liegenden Süßwassersee Hulun, der die längste Zeit ohne Abfluß ist. Nur bei stärkerer Wasserführung durch die beiden Flüsse gibt er aperiodisch, zum Teil in Abständen von zehn Jahren, Wasser über das Trockental des Mutny Pritok an den Argun, einen Zufluß des Amur, ab.
Binnenentwässerung
Zwei Drittel des Landes sind abflußlose Gebiete. Flüsse verlieren sich in den weiten Becken, Gebirgsbäche versickern nach ihrem Austritt aus den Bergen im Sande oder fließen in kleine Seen. Der wichtigste im Altai entspringende Fluß, der Chöwd, endet ebenso in einem jener abflußlosen Seen wie der aus dem Changai kommende Zawchan. Trockentäler sind nicht selten.
Zwischen den Binnenentwässerungsgebieten bestehen grundsätzliche Unterschiede. Die flachwellige Ostmongolei ist extrem flußarm. Nur gelegentlich trifft man auf Rinnsale, die bereits wenige Kilometer unterhalb ihrer Quellaustritte wieder versiegen. Weite flache Salzsenken herrschen besonders in der Gobi- und Ostmongolischen Senke vor. Grundwasser wird in größeren Tiefen fast überall angetroffen, vor allem im Schutt der Trockentäler. Die darin angelegten flachen Brunnen bilden oft die einzige Möglichkeit, Mensch und Tier in diesem Trockengebiet mit Wasser zu versorgen. Zunehmend werden jedoch durch kostspielige Brunnenbauten auch die tieferen Grundwasserhorizonte erschlossen.
Ganz andere hydrographische Verhältnisse weisen die Binnenentwässerungsgebiete der Westmongolei auf. In der alpinen Hochgebirgsregion ist noch eine ansehnliche Flußnetzdichte festzustellen. Erst in den unteren Höhenstufen ändert sich diese Struktur als Folge der zunehmenden Aridität. Die Trockentäler werden zahlreicher und überwiegen schließlich im Südchangai. Das im wesentlichen von Wüstensteppen bedeckte Tal der Gobiseen wird nur noch von wenigen im Changai wurzelnden Fremdlingsflüssen erreicht, etwa von Baidrag (310 km) und Tui (243 km). Salzseen, vereinzelt Süßwasserseen und episodisch mit einer flachen Wasserschicht bedeckte Salzsümpfe bestimmen das Bild.
Im Gobi-Altai, wo sich Gebirgssteppen nur im Bereich der höchsten Erhebungen gegen Wüstensteppe und Wüste durchsetzen, haben sich nur kleine, meist kurze Bachläufe entwickelt. Das Wasser versickert nach kurzer Laufstrecke im Schutt und speist das Grundwasser, das in den zahlreichen Salzseen und Salzsümpfen der Senken wieder zu Tage tritt. Größere Wasserläufe fehlen vollständig.
Das größte Wasserreservoir im Westen ist das Becken der Großen Seen, dem radial von den umliegenden, stark beregneten Gebirgen Wasser zugeführt wird, das sich in mehreren großen und vielen kleinen Salz- und Süßwasserseen sammelt. Das Becken selbst ist extrem niederschlagsarm und verdunstungsintensiv. Ähnlichen Charakter im kleineren Maßstab zeigen das Tal der Gobiseen, das Uldsbecken in Dornod und zahlreiche kleine Becken in der Dsungarischen und der Transaltai-Gobi.
Im Rhythmus der Jahreszeiten
Die Wasserführung der mongolischen Flüsse zeigt jahreszeitlich geprägt zwei Phasen. Der Tiefststand wird durchgehend in den Wintermonaten erreicht, da die Flüsse von Mitte November bis Mitte April unter Eisverschluß liegen. Die Eisdecke der großen Flüsse ist im März oft über ein Meter mächtig, und die kleinen Wasserläufe sind vielfach bis auf den Grund durchgeforen. Der Abfluß unter der Eisdecke wird nur durch Grundwasser gespeist und geht im Lauf des Winters wegen der zunehmenden Frosteindringtiefe kontinuierlich zurück.
Im April endet die winterliche »Wasserklemme«. Dank der einsetzenden Schneeschmelze steigen die Pegel jetzt mehr oder weniger rasch, was zum Aufbrechen des Eisverschlusses führt. Das Frühjahrshochwasser ist aber wegen der im allgemeinen geringen Schneedecke nicht stark ausgeprägt, zumal auch Niederschläge in dieser Jahreszeit noch kaum fallen. Das eigentliche Abflußmaximum, verbunden mit kurzem Hochwasser, fällt in den niederschlagsreichen Juli und August. Nun werden die höchsten Wasserstände registriert. Ab September geht die Wassermenge wieder zurück bis zum dem winterlichen Minimum. Wasserstände der Selenge am Pegel Ust-Kjachta: im Februar 23 cbm/s, im August 601 cbm/s.
Das Abflußgeschehen im Sommer und in den kurzen Übergangsjahreszeiten ist im Gegensatz zum Winter von Jahr zu Jahr unterschiedlich und hängt stark von der Niederschlagsmenge ab.
Wasserversorgung
Die Mongolei verfügt über ergiebige Grundwasservorkommen. Die Vorräte, für die Erschließung des Landes von allergrößter Bedeutung, belaufen sich nach vorläufigen Schätzungen auf über 6.000 Kubikkilometer. Sie bilden die Voraussetzung für den Aufbau zentraler Wasserversorgungsanlagen und bei der Ausstattung der Naturweiden mit Tränken für die großen Viehherden, insbesondere in den an Fließgewässern armen Wüsten und Wüstensteppen im Süden und Osten. Zunehmend werden in die Wasserversorgung auch die 1100 Süßwasserseen des Landes einbezogen.