Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Levie

Body: 

Hotels, Schmaus und Kultur (20170)

Neun Kilometer östlich von Sainte-Lucie und zehn Kilometer südlich Zonzas an der D 268. Uns gefällt dieses 600 m hoch thronende Bergnest weitab vom Trubel an der Küste, im Herzen der Alta Rocca. Nach Meinung der Archäologen wird die Gegend schon jahrtausendelang von Menschen bewohnt, die ihr Auskommen in der Macchia fanden. Einen Eindruck davon kann man sich in Cucuruzzu verschaffen (s. »Sehenswürdigkeiten«).

  • Verkehrsamt Alta Rocca (Syndicat d´initiative): an der Dorfeinfahrt bei Anäherung an Levie von Zonza her, T. 95 78 41 95.

    Sich betten und speisen

  • Gîtes Ruraux: Auskunft im Rathaus von Levie, T. 95 78 00 00.
  • Privatzimmer: bei Annie de Peretti, Restaurant Les Gourmets am Dorfeingang. T. 95 78 41 61. Schlichte Zimmer.
  • Restaurant La Pergola: rue Sorba, vis-à-vis vom Museum. T. 95 78 41 62. Im Oktober geschlossen. Man erkennt es gleich an seiner schattigen Terrasse. Wer sich dort niederläßt, wird freundlich begrüßt und mit Hausmannskost zu sympathischen Preisen verwöhnt. Der Inhaber Jean-Paul Maestrati kennt die Region wie seine Westentasche. Er versorgt seine Gäste auch mit köstlichen Coppa-Sandwichs.

    Anspruchsvoller

  • A Pignata:
  • an der Straße nach Pianu. T. 95 78 41 90. Ganzjährig geöffnet; Bewirtung nur nach Tischvorbestellung. Schwer zu finden: von Levie aus drei Kilometer weit der Straße nach Sainte-Lucie folgen, rechts in Richtung Cucuruzzu abbiegen, dann nach zwei Kilometern auf den Weg zur Linken einbiegen. Nach einer kleinen Steigung fahren wir durch das zweite Portal links. Die Herberge im Bauernhof hält sich vornehm zurück: kein Schild, kein Hinweispfeil, nichts! Die Ritter der Gralsburg wollen eben unter sich bleiben, und nur selten verirrt sich ein Auserwählter zu ihnen.

    Hat man aber erst einmal die Schwelle des äußerlich unscheinbaren Hauses überschritten, beginnt das Reich der Gastlichkeit. Die korsischen Leckerbissen genießen bei Kennern den Ruf, die besten weit und breit zu sein: Cannelloni mit Brocciu, gefüllte Auberginen, Wildschweinschmorbraten u.a. Keine Speisekarte. Zieht politische Prominenz aus ganz Südfrankreich an, darunter den französischen Innenminister Charles Pasqua und den zeitweiligen Adidas-Besitzer Bernard Tapie (Stichwort: Olympic Marseille). Die schweben natürlich mit dem Hubschrauber ein, auf Neudeutsch seit »Apocalypse Now« auch "Helikopter", was ersteren zu einem bloßen Spielzeug für Dreijährige degradiert.

    Sich umschauen

  • Musée Départemental de Levie: unter dem Rathaus, in der Hauptstraße; T. 95 78 46 34. Von Juli bis Ende September Einlaß von 9.30-18.30h, in der übrigen Jahreszeit von 10-12 und 14-17.30h (im Winter nur bis 16.30h) außer sonntags (und samstags von Oktober bis Mai). Eintrittspflichtig.

    Hier sind alle Funde ausgestellt, die bei den Ausgrabungen im Pianu di Levie (Capula, Cucuruzzu, Caleca und Curacchiaghiu) gemacht wurden. Eignet sich als Einführung in die Ur- und Frühgeschichte Korsikas seit dem 7. Jahrtausend v. Chr., als die ersten Stämme auf der Bildfläche erschienen. Werkzeuge, Keramik, Waffen und Küchengeräte lassen uns das harte Leben der ersten Inselbewohner erahnen, sowie die damalige Fauna, zu der auch ein heute ausgestorbenes Mischwesen von Hase und Ratte gehörte. Hauptattraktion des Museums ist das über 8.000 Jahre alte Skelett der berühmten »Dame von Bonifacio«, ältestes Zeugnis menschlicher Anwesenheit auf Korsika. Der desaströse Zustand des Unterkiefers der jungen Frau (sie war damals gerade mal dreißig) führt uns wieder einmal die Bedeutung einer sorgfältigen Mundhygiene vor Augen. Ein weiteres Kleinod ist der kostbare, fein gearbeitete Elfenbeinchristus aus dem 16. Jh., auch wenn er mit Archäologie nichts zu tun hat. Bei ihm handelt es sich um eine Stiftung für die Kirche von Levie.

  • Castellu di Cucuruzzuund Ausgrabungsstätte von Capula: an der Straße nach Pianu, nach vier Kilometern rechts, wenn man von Levie nach Sainte-Lucie fährt; gut ausgeschildert. Von Mai bis Ende September täglich von 10-18h (im Juli/August von 9-20h) zu besichtigen. Eintrittsplichtig.

    Neben Filitosa wohl die bedeutendste frühgeschichtliche Fundstätte auf Korsika. Am Eingang bekommt man einen Wegeplan samt Walkman – Pardon, Herr Kulturminister: Baladeur meinen wir natürlich! – mit Kassette ausgehändigt (im Hintergrund erklingt mehrstimmiger korsischer Gesang). Der gut anderthalbstündige Rundgang durch den gepflegten Parcours lohnt sich schon allein wegen der geheimnisvoll anmutenden Festungsruinen – wohl in der frühen Bronzezeit zu Mauern (Castellu) zusammengefügte, mächtige Felsbrocken – inmitten eines unüberschaubaren Dickichts aus Bäumen und Macchiabüschen, das sich soweit das Auge reicht ins Rizzanese-Tal ausdehnt. Hinter dem Castellu setzen wir unsere Besichtigung fort mit der historischen Stätte von Capula, die von der Bronzezeit bis ins Mittelalter besiedelt war. Sie beschert uns mittelalterliche Ruinen in einer traumhaften Landschaft.

  • San Gavino de Corbini: war zu Beginn des 14. Jhs Hauptsitz der Giovannali, einer »kommunistischen« Sekte, die gegen die gottgewollte Ordnung aufbegehrte: »In ihr, erzählt der Chronist, waren die Weiber wie die Männer, und ihr Gesetz schrieb vor, dass alle Dinge gemein sein sollten, sowohl die Weiber als die Kinder und jedes andere Hab und Gut. Diese Giovannalen übten gewisse Büßungen auf ihre Weise aus und kamen nachts in den Kirchen zusammen, um ihre Opfer zu verrichten, wobei sie denn gemäß gewisser abergläubischer Vorstellungen und falscher Zeremonien, die sie verrichteten, die Lichter verlöschten und auf die schmutzigste und unanständigste Weise sich ergötzten, der eine mit dem anderen, so mit dem Weibe wie mit dem Manne, je nachdem sie Lust hatten.

    Der Papst, damals in Frankreich residierend, exkommunizierte die Sekte; er schickte einen Commissarius mit Soldaten nach Korsika, und dieser schlug die Giovannalen im Pieve Alesani, wo sie eine Veste angelegt hatten, aufs Haupt. Und wo man einen Giovannalen antraf, ward er totgeschlagen.« (Gregorovius, 1854).