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Ab nach Ajaccio

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Ab Vizzavona nach Ajaccio

  • Bocognano (20136): größeres Dorf an der N 193, neun Kilometer südlich des Col de Vizzavona, umgeben von stattlichen Kastanienhainen und bekannt für sein gesundes Klima. Der Hauptort des Gravona-Tals, dessen Behausungen sich zu beiden Seiten des Bronco erstrecken, liegt näher bei Ajaccio als bei Corte und ist seit ältester Zeit einer der wichtigsten Durchgangsorte zwischen dem Inselnorden und -süden. Leider braust der Urlauberverkehr heute durch den Ort, ohne haltzumachen. Zu Unrecht, denn man speist hier gut und billig, und die Umgebung hat einige lohende Wanderwege in petto.

    Sehenswert ist die Clue de la Richiusa, ein Naturschauspiel oberhalb der Gravona am Südhang der Punta Migliarellu. Zwischen zwei 60 m hohen Wänden stürzt der Gebirgsbach hinab in eine smaragdgrüne Wasserschale. Auf der gegenüberliegenden Seite, rund vier Kilometer südlich Bocognanos, die wenig bekannte Cascade du Voile de la Mariée (Brautschleier-Wasserfall); ein idyllisches Plätzchen, über einen Fahrweg und einen viertelstündigen Fußmarsch im Schatten der Bäume zu erreichen.

    Verpflegung

  • Ferme-Auberge »A Tanedda«: von Corte her gesehen, rechts unterhalb der Straße, in Höhe des Kriegerdenkmals. T. 95 27 42 44. Täglich außer montags geöffnet. Vortreffliches Menü mit natürlichen Zutaten frisch vom Bauernhof. Freundlicher Empfang, ansprechende Einrichtung. Rechtzeitige Reservierung ist ratsam.
  • Restaurant L´Ustaria: im Dorf. T. 95 27 41 10. Nette, kleine Adresse mit kulanten Preisen.

    Unternehmungen

  • Ein ziemlich langer Ausflug zu Fuß (6 Stunden hin und zurück) begeistert die Liebhaber einer großartigen Natur und auch die Touristen, die wild auf Anekdoten sind. Es handelt sich darum, einen Wildbach entlang am rechten Ufer der Gravone aufzusteigen: die Pentica. Die anfänglich erkennbaren Pfade verlieren sich sehr rasch in Wald und Gestein; es ist daher zu empfehlen, sich von einem einheimischen Jungen oder einem Bauern begleiten zu lassen, der Maultiere vermietet. Nachdem man wilde Schluchten hinaufgestiegen ist, gelangt man in eine kleine, früher landwirtschaftlich genutzte Mulde. Hier befand sich die Besitzung der Bellacoscia (»Schöner Schenkel«), einer berühmten Familie von Banditen aus Ehre, deren Chronik sich durch das ganze 19. Jahrhundert hinzieht.

    »Am 25. Juni 1892 unterwarf sich Antoine Bellacoscia feierlich auf dem Bahnhof, von Vizzavona. Dies Unterwerfung nahmen der Präfekt des Departements, der Gendarmeriehauptmann Ordioni und der Abgeordnete Emmanuel Arène, künftiger Chefredakteur des Figaro, entgegen. Vom Schwurgericht freigesprochen, das sich damit begnügte, ihn nach Marseille zu verbannen, kehrte Antoine Bellacoscia, der letzte dieses Schlages, dennoch nach Korsika zurück, wo er 1912 im Alter von 95 Jahren und von der schönsten Legende überstahlt, starb: 64 Jahre Königtum in der Macchia!«

    Hier ein Bericht aus dem Jahre 1890:

    »...Im Jahre 1811 ließ sich ein gewisser Bonelli aus Bocognano mit einer Ziegenherde im Tal der Pentica nieder, das Gemeindebesitz war. Man behelligte ihn dort nicht. Dieser Bonelli hatte drei Schwestern verführt, die er mit sich in die Pentica brachte. Dieser ländliche Harem trug ihm achtzehn Kinder ein und den Beinamen Bellacoscia (Schöner Schenkel), den die beiden ältesten Söhne erbten, Antoine und Jacques. Der Patriarch starb 1864.

    Antoine tauchte 1848 in der Macchia unter, nachdem er einen Bürgermeister getötet hatte, der so geschmacklos war, die Gemeindeländereien der Pentica zurückzufordern. Einige Jahre später beging er, gemeinsam mit seinem Bruder Jacques, einen weiteren Mord. Als ausgezeichnete Schützen töteten sie 1855 inmitten von Gendarmen einen Schäfer mit Namen Pinelli, den diese als Führer genommen hatten ... Als eine Versteigerung für Holzeinschlag stattfand, erhielten die Bellacoscia den Zuschlag und begannen, die Bäume zu fällen. Empört hob der Präfekt den Zuschlag auf, aber es mußte ein Bataillon Infanterie in Marsch gesetzt werden, um das Fällen zu beenden, das die Banditen unter Mißachtung aller Verfügungen des Präfekten fortsetzten ließen. Während des Krieges 1870-1871 bekamen sie von der Regierung Geleitbriefe, um nach Ajaccio zu kommen und dort eine Kompanie von Freischärlern aufzustellen. Durch diese Handlung gewannen sie erheblich an Ansehen. Vielleicht stattete ihnen aus diesem Grund Danzou, Präfekt von Korsika, im Jahre 1871, einen Besuch ab.

    1888 wurden die Bellacoscias zum drittenmal innerhalb von vierzig Jahren enteignet; ihr Besitz wurde beschlagnahmt und von der Domänenverwaltung verpachtet. Nur einige Verwandte oder Komplizen wurden verhaftet ... Zu der Stunde, in der wir dieses schreiben, gehen die Bellacoscias seelenruhig in ihrer Domäne, dem »Grünen Palast« – U Palazzu Verde –, wie sie sie in ihrer Korrespondenz nennen, spazieren.«