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Furkasattel

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Lämmergeier

Gibt´s auch einen guten Trunk? – Geklaute Monstranzen

Doch erzählten uns unsere Führer, dass sie den ganzen Winter durch drüber gingen, um Ziegenfelle aus dem Wallis auf den Gotthard zu tragen, womit ein starker Handel getrieben wird. Sie gehen alsdann, um die Lauwinen zu vermeiden, nicht da wo wir gingen, den Berg allmählich hinauf, sondern bleiben eine Weile unten im breitern Thal, und steigen alsdann den steilen Berg gerade hinauf. Der Weg ist da sicherer, aber auch viel unbequemer. Nach viertehalb Stunden Marsch kamen wir auf dem Sattel der Furka an, bei´m Kreuz wo sich Wallis und Uri scheiden. Auch hier ward uns der doppelte Gipfel der Furka, woher sie ihren Namen hat, nicht sichtbar. Wir hofften nunmehr einen bequemern Hinabstieg, allein unsere Führer verkündigten uns einen noch tiefern Schnee, den wir auch bald fanden. *

Unser Zug ging wie vorher hinter einander fort, und der vorderste, der die Bahn brach, saß oft bis über den Gürtel darin. Die Geschicklichkeit der Leute, und die Leichtigkeit womit sie die Sache tractirten, erhielt auch unsern guten Muth; und ich muß sagen, dass ich für meine Person so glücklich gewesen bin, den Weg ohne große Mühseligkeit zu überstehen, ob ich gleich damit nicht sagen will, dass es ein Spaziergang sei. Der Jäger Hermann versicherte, dass er auf dem Thüringerwalde auch schon so tiefen Schnee gehabt habe, doch ließ er sich am Ende verlauten, die Furka sei ein S.. .r. Es kam ein Lämmergeier mit unglaublicher Schnelle über uns hergeflogen; er war das einzige Lebende was wir in diesen Wüsten antrafen, und in der Ferne sahen wir die Berge des Ursner Thals im Sonnenschein. Unsere Führer wollten in einer verlassenen, steinernen und zugeschneiten Hirtenhütte einkehren und etwas essen, allein wir trieben sie fort um in der Kälte nicht stille zu stehen. Hier schlingen sich wieder andere Thäler ein, und endlich hatten wir den offenen Anblick in´s Ursner Thal. *

Wir gingen schärfer und, nach viertehalb Stunden Wegs vom Kreuz an, sahen wir die zerstreuten Dächer von Realp. Wir hatten unsere Führer schon verschiedentlich gefragt, was für ein Wirthshaus und besonders was für Wein wir in Realp zu erwarten hätten. Die Hoffnung, die sie uns gaben, war nicht sonderlich, doch versicherten sie, dass die Kapuziner daselbst, die zwar nicht, wie die auf dem Gotthard, ein Hospitium hätten, dennoch manchmal Fremde aufzunehmen pflegten. Bei diesen würden wir einen guten rothen Wein und besseres Essen als im Wirthshaus finden. Wir schickten einen deßwegen voraus, dass er die Patres disponiren und uns Quartier machen sollte.*

Wir säumten nicht ihm nach zu gehen und kamen bald nach ihm an, da uns denn ein großer ansehnlicher Pater an der Thür empfing. Er hieß uns mit großer Freundlichkeit eintreten und bat noch auf der Schwelle, dass wir mit ihnen vorlieb nehmen möchten, da sie eigentlich, besonders in jetziger Jahrszeit, nicht eingerichtet wären, solche Gäste zu empfangen. Er führte uns sogleich in eine warme Stube und war sehr geschäftig, uns, indem wir unsere Stiefeln auszogen und Wäsche wechselten, zu bedienen. Er bat uns einmal über das andre, wir möchten ja völlig thun, als ob wir zu Hause wären. Wegen des Essens müßten wir, sagte er, in Geduld stehen, indem sie in ihrer langen Fasten begriffen wären, die bis Weihnachten dauert. Wir versicherten ihm, dass eine warme Stube, ein Stück Brot und ein Glas Wein, unter gegenwärtigen Umständen, alle unsere Wünsche erfülle.*

Er reichte uns das Verlangte, und wir hatten uns kaum ein wenig erholt, als er uns ihre Umstände und ihr Verhältniß hier auf diesem öden Flecke zu erzählen anfing. Wir haben, sagte er, kein Hospitium, wie die Patres auf dem Gotthard; wir sind hier Pfarrherrn und unser drei: ich habe das Predigtamt auf mir, der zweite Pater die Schullehre und der Bruder die Haushaltung. Er fuhr fort zu erzählen, wie beschwerlich ihre Geschäfte seien, am Ende eines einsamen, von aller Welt abgesonderten Thales zu liegen, und für sehr geringe Einkünfte viele Arbeit zu thun. Es sei sonst diese, wie die übrigen dergleichen Stellen, von einem Weltgeistlichen versehen worden, der aber, als einstens eine Schneelauwine einen Theil des Dorfs bedeckt, sich mit der Monstranz geflüchtet; da man ihn denn abgesetzt und sie, denen man mehr Resignation zutraue, an dessen Stelle eingeführt habe. Ich habe mich, um dieses zu schreiben, in eine obere Stube begeben, die durch ein Loch von unten auf geheizt wird. Es kommt die Nachricht, dass das Essen fertig ist, die, ob wir gleich schon einiges vorgearbeitet haben, sehr willkommen klingt.