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Papst und Kaiser – Wunder über Wunder

Anbetung von Winden und Wolken – freiwabbernde Libido

Als darnach an einem Morgen der Papst, in Gegenwart des Kaisers und des ganzen Adels, selbst hohes Amt gehalten, haben auf einmal die Glocken der ganzen Stadt Rom wie zu einem vornehmen Todtengeläute zu läuten angefangen; wie nun jedermänniglich darüber erstaunt, so ist dem Papste eine Offenbarung geschehen, dass dieses Wunder den Tod des heiligsten Mannes in der ganzen Stadt anzeige, der in dem Hause des Patricii so eben verschieden sei. Der Vater des Alexis fiel auf Befragen selbst auf den Bettler. Er ging nach Hause und fand ihn unter der Treppe wirklich todt. In den zusammengefalteten Händen hatte der heil. Mann ein Papier stecken, welches ihm der Alte, wiewohl vergebens, herauszuziehen suchte. Er brachte diese Nachricht dem Kaiser und Papst in die Kirche zurück, die alsdann mit dem Hofe und der Klerisei sich aufmachten, um selbst den heil. Leichnam zu besuchen. Als sie angelangt, nahm der heil. Vater ohne Mühe das Papier dem Leichnam aus den Händen, überreichte es dem Kaiser, der es sogleich von seinem Kanzler vorlesen ließ. *

Es enthielte dieses Papier die bisherige Geschichte dieses Heiligen. Da hätte man nun erst den übergroßen Jammer der Eltern und der Gemahlin sehen sollen, die ihren theuren Sohn und Gatten so nahe bei sich gehabt und ihm nichts zu Gute thun können, und nunmehro erst erfuhren wie übel er behandelt worden. Sie fielen über den Körper her, klagten so wehmüthig, dass niemand von allen Umstehenden sich des Weinens enthalten konnte. Auch waren unter der Menge Volks, die sich nach und nach zudrängten, viele Kranke die zu dem heil. Körper gelassen und durch dessen Berührung gesund wurden.*

Die Erzählerin versicherte nochmals, indem sie ihre Augen trocknete, dass sie keine erbärmlichere Geschichte niemals gehört habe; und mir kam selbst ein so großes Verlangen zu weinen an, dass ich große Mühe hatte, es zu verbergen und zu unterdrücken. Nach dem Essen suchte ich im Pater Cochem die Legende selbst auf, und fand, dass die gute Frau den ganzen reinen menschlichen Faden der Geschichte behalten und alle abgeschmackten Anwendungen dieses Schriftstellers rein vergessen hatte. Wir gehen fleißig in´s Fenster und sehen uns nach der Witterung um, denn wir sind jetzt sehr im Fall, Winde und Wolken anzubeten. Die frühe Nacht und die allgemeine Stille ist das Element, worin das Schreiben recht gut gedeiht, und ich bin überzeugt, wenn ich mich nur einige Monate an so einem Orte inne halten könnte und müßte, so würden alle meine angefangenen Dramen eins nach dem andern aus Noth fertig. Wir haben schon verschiedene Leute vorgehabt und sie nach dem Übergange über die Furka gefragt, aber auch hier können wir nichts Bestimmtes erfahren, ob der Berg gleich nur zwei Stunden entfernt ist.

Wir müssen uns also darüber beruhigen, und morgen mit Anbruch des Tages selbst recognosciren und sehen, auch sonst bin, so muß ich gestehen, dass mir´s höchst verdrießlich wäre, wenn wir zurückgeschlagen würden. Glückt es, so sind wir morgen Abend in Realp auf dem Gotthard und übermorgen zu Mittage auf dem Gipfel des Bergs bei den Kapuzinern; mißlingt´s, so haben wir nur zwei Wege zur Retirade offen, wovon keiner sonderlich besser ist als der andere. Durch´s ganze Wallis zurück und den bekannten Weg über Bern auf Luzern; oder auf Brieg zurück und erst durch einen großen Umweg auf den Gotthard! Ich glaube, ich habe Ihnen das in diesen wenigen Blättern schon dreimal gesagt. Freilich ist es für uns von der größten Wichtigkeit. Der Ausgang wird entscheiden, ob unser Muth und Zutrauen, dass es gehen müsse, oder die Klugheit einiger Personen, die uns diesen Weg mit Gewalt widerrathen wollen, Recht und Muth, das Glück über sich erkennen müssen. Nachdem wir vorher nochmals das Wetter examinirt, die Luft kalt, den Himmel heiter und ohne Disposition zu Schnee gesehen haben, legen wir uns ruhig zu Bette.