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Für Stadtpoeten

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Streifzug nur für Stadtpoeten

Montreal ist eine im Wandel begriffene Stadt: innerhalb von zehn Jahren hat sich das Stadtbild stärker verändert als während des gesamten vorhergehenden Jahrhunderts. Alte Stadtteile ändern ihr Gesicht, Fabriken wechseln ihre Standorte ... Besonders deutlich zeichnet sich diese Entwicklung im Viertel Petite Bourgogne (»Klein-Burgund«) ab, einem alten Arbeiterviertel um den Lachine-Kanal und rund um die hier angesiedelten Fabriken. Als Grenzen gelten im Norden die Rue St.-Antoine, im Osten die Rue de la Montagne, im Westen die Av. Atwater und im Süden der Lachine-Kanal. Erreichbar über die U-Bahn-Stationen »Lucien-L´Allier« und »Lionel-Groulx«; ideal ist diese Ecke mit dem Fahrrad zu erkunden, da sich der Verkehr in Grenzen hält. Im Hintergrund zeichnet sich die wuchtige Fassade der O´Keefe-Brauerei gegen den Horizont ab. Fast alle alten Sozialwohnungsblocks und Arbeiterhäuser mußten adretten Backsteinhäuschen weichen. Die Geburtsstunde der Rue Notre-Dame schlug um 1660, womit sie eine der ältesten Straßen Montreals ist. Ein stattliches Gebäude aus dem 19. Jh. mit elegantem flandrischem Giebel fällt in der Rue Notre-Dame Ouest auf (Nr. 1850), heute die Banque de Montréal: der verwendete Sandstein wurde eigens aus Schottland importiert. Weiter geht´s die Rue des Seigneurs entlang bis zum Canal Lachine. Rund um die Écluse 3, die Schleuse, wurden liebevoll Fußgängerzonen und Radwege angelegt. Einige Fabrikgebäude sind im Begriff, sich in Luxusappartements zu verwandeln. Der Lachine-Kanal wurde 1825 gegraben, um die Stromschnellen des Lorenzstroms zu bändigen. Über hundertdreißig Jahre wurde der Kanal benutzt und war maßgeblich am wirtschaftlichen Aufstieg des Landes beteiligt, bis schließlich der Seezugang Montreals ausgebaut wurde.

Zurück zur Rue des Seigneurs, oberhalb der Rue St.-Jacques. Das Inselchen Ilot Saint-Martin erweist sich als lobenswertes Beispiel intelligenter Stadtsanierung. Den restaurierten Häusern hat man ihre Eigenart gelassen; alte Bausubstanz und moderne Architektur stehen einträchtig nebeneinander. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Rue Coursol, eine der letzten Straßen mit dem für das Petite Bourgogne typischen Stadtbild. Die fachgerecht restaurierten Arbeiterhäuser bilden zusammen mit einigen aus dem 19. Jh. übriggebliebenen Gebäuden ein in sich geschlossenes Stadtbild.

Zahlreiche schwarze Familien – Nachfahren jener Schwarzen, die am Bau der Eisenbahnstrecke um 1850 beteiligt waren – und Einwanderer aus Haiti wohnen in dieser Gegend. Die Verlängerung der Rue Coursol, nach dem Boulevard Georges-Vanier, bietet ein lohnendes Fotomotiv mit ihren für Montreal typischen bunten Häuschen, die sich romantisch wie Perlen auf einer Schnur aneinanderreihen.

Unser Streifzug endet schließlich, nach einem Bummel abwärts über die Avenue Atwater, am Marché Atwater (Plan I, B5), dem letzten Markt der Stadt zusammen mit dem Markt von Jean-Talon im Norden Montreals. Die wuchtige und protzige Architektur hätte Mussolini wahrscheinlich sehr gefallen ... In der Brasserie Vimy, Ecke Notre-Dame und Atwater, fließt preiswertes Bier. Ein Musiker spielt das, was von der Klientel gewünscht wird. Bisweilen schieben die Gäste auch schon mal spontan die Tische zur Seite, um zu tanzen. Dabei stört zwar hier und da ein Pfeiler, der Stimmung tut das aber keinen Abbruch.

Für Romantiker, große und kleine Kinder ...

Mont Royal: der Aufstieg zum Aussichtspunkt mit einzigartigem Blick über Montreal ist Pflicht (Plan I, A-B2-3). Ein schöner Spazierweg beginnt zum Beispiel an der Jugendherberge. Ansonsten mit der U-Bahn bis zur Station »Mont-Royal« rauschen, dann Bus 11 bis zum Lac des Castors (den Fahrschein am besten gleich bis zum Endpunkt lösen). An den Hang der 233 m hohen Anhöhe schmiegt sich seit langem ein zweihundert Hektar großer Park; ein beliebtes Ausflugsziel für Familien-Picknicks. Schöpfer des Parks war F.L. Olmsted, der auch den New Yorker Central Park entworfen hat. Die am unteren Ende des Parks angelegten Gärten locken jeden Sonntag Straßenmusiker an sowie jede Menge teilweise schriller Gestalten. In entspannter Atmosphäre wird getrommelt und getanzt; dazu gibt´s Snacks aus biologischem Anbau – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit!

Jardin Botanique (Botanischer Garten): im Park Maisonneuve, 4101, Rue Sherbrooke Est (Plan I, C1), T. 872-14 00, M. Pie-IX. Kostet Eintritt. Geöffnet von 8h bis zur Dämmerung. Die Gewächshäuser sind nur bis 18h zugänglich. Zu bewundern sind sechundzwanzigtausend Pflanzenarten auf dreiundsiebzig Hektar; nur der botanische Garten in London ist größer. Von den eintausendzweihundert verschiedenen Orchideensorten gelten einige als äußerst selten. Tropisches Gewächshaus, Teiche mit Wasserpflanzen, japanischer Garten, ein neuangelegter, ungewöhnlicher chinesischer Garten und ein gut bestücktes Insektarium. Was will man mehr? Samstags gegen 15h findet hier gewöhnlich der Fototermin der Frischverheirateten statt: Rüschenkleider in zartem Blau oder Violett, Brautjungfern zuhauf – nix wie weg hier ...

Ile Notre-Dame: die Nachbarinsel der Ile Sainte-Hélène hat einiges zu bieten, unter anderem einen Blumenpark, Strände, Bootsausflüge und Sportanlagen. Im Winter steigt ein »Schnee-Fest« und Schlittschuhläufer drehen ihre Pirouetten mehr oder weniger gekonnt auf dem zugefrorenen See. Auskünfte unter T. 872-60 93.

Parc Olympique: Zugang über 4141, Av. Pierre-de-Coubertin; Auskünfte unter T. 252-86 87, M. Pie-IX oder Viau (Plan I, C1). Im Sommer kostenloser Pendelverkehr zwischen dem Parc Olympique (ab U-Bahn-Station »Viau« oder von der Eingangshalle des Turmes aus) und dem Botanischen Garten (via Insektarium). Wer Sport oder Beton liebt, ist hier recht am Ort: beim Bau des Olympiazentrums wurden vierhunderttausend Kubikmeter Beton verwendet, weitere vierhunderttausend Tonnen Stahl und etwa 250 km Kabel ... Die Anlage ist dementsprechend gigantisch ausgefallen. Der geneigte Turm ist der höchste seiner Art in der Welt. Eine Fahrt zur Turmspitze per Fahrstuhl beschert denn auch einen lohnenswerten Rundblick. Im Stadion kann beobachtet werden, wie der für Fußballspiele gedachte künstliche Rasen innerhalb von einigen Stunden entfernt wird und die olympische »Arena« zutage tritt. In kurzer Zeit kann die Fläche wiederum in ein Baseball-Feld verwandelt werden.

Baseball- oder Hockeybegeisterte wissen, dass Montreal erfolgreiche Mannschaften aufzuweisen hat (die Baseball-Mannschaft Expos und die Hockey-Mannschaft Canadiens z.B.). Jedes Spiel findet breite Beachtung und bietet mit Sicherheit eine außergewöhnliche Atmosphäre! Auskunft zu den Baseball-Spielen unter T. 253-34 34.

Forum: Hockey-Stadion mit achtzehntausend Plätzen (2313, Rue Ste-Catherine Ouest, Ecke Atwater). Häufig auch Schauplatz von Popkonzerten, da hier alle amerikanischen Stars auf Tournee vorbeikommen. Zum Forum führt die U-Bahn Atwater. Termine der Hockeyspiele von April bis September unter T. 932-25 82 erfragen.

Biodome: 4777 av. Pierre-de-Coubertin, T. (514) 868-30 00; im Olympiapark, neben dem Stadion. Täglich von 9-18h geöffnet. Das Biodome stellt verschiedene Ökosysteme nach – vom tropischen Regenwald über arktische Verhältnisse, dazwischen eine Höhle voller Fledermäuse ... Die Besucher können sich über die aktuelle Flora und Fauna in unterschiedlichen Erdregionen unterrichten, darunter auch über die Region um den Lorenzstrom ... Eine Art futuristischer Zoo also, getreu nach dem Motto: »und wenn die Natur den Bach runtergeht, dann gehn wa eben ins Biodome ...«. Oder doch eher ein Disneyland für Umweltbewegte?



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