Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Silvio Berlusconi

Body: 

Silvio Berlusconi und der "Pol der Freiheit und der Guten Regierung"

"Gute und kurze Regierung"

Die Regierung Berlusconi hatte eine Dauer von neun Monaten und liegt damit sogar unter italienischem Durchschnitt. Der "Cavaliere", wie Berlusconi sich nennen läßt, legte sein Amt im Dezember 1994 nieder, weil sein Koalitionspartner Lega Nord, unter anderem wegen seiner Interessenkonflikte zwischen Politik und Unternehmertum, drohte, die Regierung zu stürzen. Berlusconi hatte also nicht viel Zeit, um zu zeigen, was er kann und das Versprechen, eine Million Arbeitsplätze zu schaffen, konnte auch mit einer "Guten Regierung" nicht in neun Monaten erfüllt werden. Wenn man einen Politiker und seine Partei jedoch daran mißt, welche Koalitionspartner sie wählen, dann schneidet Forza Italia nicht gut ab.

Koalitionspartner 1: Postfaschisten

Im Süden verbündete sich Berlusconi mit den Postfaschisten unter Fini, die in der Öffentlichkeit v. a. mit der Forderung nach einer Präsidialrepublik (also mehr zentrale Macht) auftreten. Schon die Entscheidung für die Nachfolgepartei der Faschistischen Partei Mussolinis als Koalitionspartner spricht nicht für sehr viel politisches Feingefühl, auch im Hinblick auf die europäische Geschichte und Empfindlichkeiten im Ausland. Spätestens als in der Alleanza Nazionale Stimmen von Politikern laut wurden, die die Aufhebung des 1975 zwischen Italien und Jugoslawien geschlossenen Vertrags von Osimo forderten, reagierte das Ausland empört.

Koalitionspartner 1: Laute Föderalisten

Im Norden war Berlusconi mit Bossis Lega Nord vereint, die sich für einen Fiskalföderalismus und die Aufteilung Italiens in drei Makroregionen einsetzt. Die Feindseligkeiten zwischen Berlusconi und Bossi begannen allerdings nicht erst beim regieren, sondern schon vor den Wahlen, mitten im Wahlkampf. Sie beschimpften sich heftig, schlossen erneut Frieden, streiteten wieder. Die Kommunikation vor und nach der Wahl ging dermaßen unsachlich vor sich, dass es nicht möglich war, konstruktive Politik zu betreiben.

Zentrifugales Bündnis

Die Koalition Forza Italia/AN/Lega ist deswegen aus deutscher Sicht ein Kuriosum gewesen, weil sie drei völlig verschiedene Parteien mit teilweise sich widersprechenden Zielen (Zentralismus vs. Föderalismus, Euroskeptizismus vs. Europabegeisterung) in sich aufnahm, was allerdings ein seit der Einheit 1861 für Italien typisches Phänomen ist.

Falls Berlusconi zur nächsten Wahl antritt, so wird sein wichtigster und treuester Partner die Nationale Allianz sein. Die Lega Nord ist in ihrer Unterstützung gespalten, ebenso die ehemaligen Christdemokraten. Es muß sich also noch zeigen, wie das künftige Wahlbündnis des Pols aussieht.

Brave new Italy: Mit Medien an die Macht

Zur Person Silvio Berlusconi kann man sehr viel sagen, aber bei ihm genügt vielleicht auch schon wenig. Er besitzt drei der meistgesehenen Fernsehkanäle Italiens und in Beteiligung weitere im Land, außerdem in Deutschland und in Frankreich, des weiteren Italiens größten Verlag Mondadori mit rund 60 Zeitschriften, Werbeagenturen, die 50% des italienischen Werbemarktes kontrollieren, 300 Kinos, Lizenzen für ca. 6000 Spielfilme, eine Produktionsfirma für Fernsehsendungen, eine Kaufhauskette, zwei Supermarktketten, ein Bauunternehmen, Immobilien, eine Versicherung, Finanzgesellschaften und last but not least einen Hockey-, einen Volleyball-, einen Rugby- und einen Fußballklub von nationaler Bedeutung.

Schon allein aus diesem Grund ist Berlusconi völlig ungeeignet, den Beruf eines Regierungschefs auszuüben. Selbst dann, wenn man ihn für grundanständig hält. Über die Frage, ob es möglich ist, ein solches Vermögen in einer freien oder sozialen Marktwirtschaft mit legalen Mitteln zu erwirtschaften, kann diskutiert werden. Auch kann darüber diskutiert werden, ob es überhaupt möglich sein darf. Doch, dass die ausführende Gewalt über Staatsgeschäfte und die über Medien sich in einer Demokratie nicht in einer Personalunion vereinen dürfen, ist zu einsichtig.