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Wirtschaftsflaute

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Italien: Rezession schlimmer als erwartet

Wirtschaft steckt in der Krise

Besorgnis in der EU

Italiens Wirtschaft hat einen nie da gewesenen Tiefpunkt erreicht. In den letzten drei Monaten ist das Bruttosozialprodukt um 0,5 Prozent gesunken. Da dies schon der zweite Rückgang in Folge ist, sprechen die Ökonomen von einer »technischen Rezession«.

Die Daten, die das Statistikamt ISTAT dieser Tage bekannt gab, hatte wirklich auch der größte Pessimist nicht erwartet: ein rückläufiges Wachstum um 0,5 Prozent und dazu auch noch ein Rückgang der Industrieproduktion um 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Betroffen sind in erster Linie die typisch italienischen Branchen: Chemie (-5,4 Prozent), Möbel (-8,1), Textilien (-11) und Schuhe (-16,6). Wenn man dazu noch weiß, dass der italienische Export stark abnimmt und selbst der Konsum nur noch Negativzahlen zu verbuchen hat, erscheint die Wirtschaftslage im Mittelmeerland so, wie sie ist: dramatisch. So negative Zahlen gab es seit den siebziger Jahren, vielleicht seit 1945 nicht mehr.

Auch die EU zeigt sich äußerst besorgt. Denn nun steht offiziell fest, dass nach Deutschland und Frankreich auch Italien ein europäischer Defizitsünder ist: Laut revidierten EU-Zahlen betrug die Neuverschuldung 2003 und 2004 jeweils 3,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Und beim Wirtschaftswachstum leibt Italien das Schlusslicht in der Union, in der man 2005 mit einem Wachstum von 1,6 Prozent rechnet. Die von Rom noch kürzlich angestrebten 1,2 Prozent sind in unerreichbare Ferne gerückt, was sich negativ auf alle anderen Wirtschaftsdaten auswirkt – angefangen bei der Staatsverschuldung.

Auf Italien – darin sind sich Analysten einig – kommen schwierige Zeiten zu: Betriebe, die schließen, steigende Arbeitslosigkeit, geringere Einkünfte und damit wohl auch soziale Spannungen. Die wichtigsten Gründe für diesen wirtschaftlichen Verfall sind aus Brüsseler Sicht: Das Land hat seine Produktion in keiner Weise erneuert, beharrt – vor allem in der Bekleidungsbranche – auf dem »Made in Italy«, obwohl die Konkurrenz aus Asien übermächtig geworden ist. Auch habe Italien keine technologischen Innovationen vorgenommen und weder in Infrastruktur noch in Forschung oder Bildung investiert. Man hat die Dinge laufen lassen, obwohl die Anzeichen der Krise seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren sichtbar waren.

Aber auch diesmal scheint die Regierung zu jeglicher Reaktion unfähig. Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Giovanni Vegas, sagte zu den neuesten Daten: Man dürfe »technische Definitionen« nicht »mit der Realität verwechseln«. Es handele sich lediglich um eine »momentane Schwierigkeit«. Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der 2001 mit dem Versprechen eines »neuen Wirtschaftswunders« angetreten war, schob die verheerenden Ergebnisse der ersten drei Monate dieses Jahres auf das Osterfest: »Wer ans Meer fährt und nicht arbeitet, kann auch nicht erwarten, dass das Bruttosozialprodukt steigt.«

Ein Nachtragshaushalt – noch vor wenigen Tagen von der Regierung ausgeschlossen – erscheint jetzt mehr als wahrscheinlich. Mit anderen, vorwärtsweisenden Maßnahmen rechnet indes kaum jemand. Der Wirtschaftsexperte Giulio Anselmi erwartet zwar, dass die rechte Regierung den politischen Preis für ihre unendlichen Fehler bezahlen werde. Aber man dürfe nicht zulassen, dass sich die Lage weiter verschlimmert. Sonst bleibe von Italien nur ein Schutthaufen

Mai 2005