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In der Ville Basse

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In der Ville Basse

In die Unterstadt führt von der Terrasse Dufferin aus eine Zahnradbahn. Zu Fuß über die Côte de la Montagne und die Casse-Cou-Treppen runterspazieren. Letzteres ist natürlich Französisch, bedeutet wörtlich "Halsbrechertreppe" und im übertragenen Sinn "draufgängerisch, tollkühn, waghalsig". Wieder ´was gelernt.

Maison Louis-Jolliet: 16, Rue du Petit-Champlain (Plan D2). Darin untergebracht ist die Seilbahnstation. Errichtet 1683 für Louis Jolliet, den Entdecker des Mississippi. Er verbrachte hier die Tage bis zu seinem Tod im Jahr 1700.

Rue du Petit-Champlain: historische Straße, in die sich im 19. Jh. die Ärmsten der Armen zurückzogen, hauptsächlich irische Einwanderer. Heute vollständig aufgemöbelt und, wie unschwer zu erraten, von neugierigen Besuchern bevölkert. Dass uns einstige Armut aber auch immer als so etwas Malerisches wähnt.

Place Royale (Plan D2): architektonisches Kleinod, gekonnt restauriert. Es handelt sich ja auch um eines der ältesten geschlossenen Gebäudeensembles in Nordamerika. Auskunft in der Rue Notre-Dame 29, wo auch ein Diavortrag über das historische Viertel und über die Entwicklung des Handels während des 17. und 18. Jahrhunderts informiert. Hier errichtete Samuel de Champlain am 3. Juli 1608 angeblich das erste bescheidene Wohngebäude auf kanadischem Boden, dessen Grundfläche an gesondert ausgewiesenen Platten zu erkennen ist. Komisch: zusammen mit Pierre du Gua de Monts hatte er drei Jahre zuvor in Acadia, dem heutigen Neuschottland, schon Port Royal gegründet, als erste feste Siedlung von Europäern nach den Wikingern. Was stimmt denn nun?

Rundum beeindruckende Gebäude und Herrensitze aus dem 17. und 18. Jh.

Église Notre-Dame-des-Victoires: 1688 auf den Grundmauern des Maison de Champlain errichtet. Eines der ältesten Häuser Quebecs.

Von der Kirche aus folgen nacheinander die Häuser Maison Marianne Barbel, das höchste Gebäude (1754), Maison Veuve Rageot (1762), Maison Pierre Bruneau (1791), Maison Le Picart und - wo der Platz und die Rue Notre-Dame aufeinandertreffen - das Maison Lambert-Dumont (1689). In der Rue Notre-Dame das Maison Milot (auch von 1689) und dieser gegenüber die Grundmauern der Häuser Maison Soullard und Maison Gaillard. In einigen der genannten historischen Gebäude kann man sich über die jeweilige Geschichte unterrichten oder Broschüren und Andenken kaufen (darunter das Maison des Vins).

Batterie Royale: am Ende der malerischen Rue Sous-le-Fort wacht seit 1691 eine der Hauptbefestigungsanlagen über Quebec. Die zehn Kanonen sind ein Geschenk Frankreichs an die Stadt. Ob sich damit heute noch Angreifer beeindrucken lassen?

Maison Chevalier: elegantes Bürgerhaus, dessen Grundstein 1752 gelegt wurde. Heute birgt es eine lehrreiche Ausstellung über Völkerkunde, Geschichte und Gesellschaft in Quebec. Täglich von 10 bis 17h geöffnet, Eintritt frei.

Musée de la Civilisation: 85, Rue Dalhousie (Plan D2), T. 643-21 58. Vom 24. Juni bis zum 6. September täglich Publikumsverkehr von 10 bis 19h. Danach von 10 bis 17h (mittwochs bis 21h), außer samstags. Am 25. Dezember geschlossen. Nur dienstags ist der Eintritt frei; Studenten berappen aber nur den halben Preis. Zu festgelegten Stunden Führungen.

Modernes Museum, großzügig bemessen, wirklich beeindruckend, spielerisch angelegt und mit einer ganz und gar revolutionären Konzeption. "Civilisation" steht für Geschichte, Archäologie, Soziologie, Ethnologie und Technologie. Überall kann sich der Besucher selbst mit Hilfe von Videofilmen und per Computer weiterinformieren, so dass ein regelrechter Dialog zwischen Museum und Besucher entsteht! Drei Dauerausstellungen ("Aus der Gesellschaft", "Erinnerungen" - auf Quebec bezogen - und "Botschaften") werden durch Wechselausstellungen zu allen erdenklichen Themen ergänzt (z.B.: Ernährung, Indianer, Fotografie ... ). Man könnte hier also jedes Jahr reinschauen, ohne zweimal das Gleiche anschauen zu müssen, was freilich auch kein Schaden wäre. Unmöglich, das Museum in allen Einzelheiten zu beschreiben: hier bewegt und verändert sich stets etwas, womit es ganz unzweifelhaft auf der Höhe der Zeit ist. Ein lobenswertes Gegenstück zu den häufig verstaubten und irgendwie stehengeblieben wirkenden traditionellen Einrichtungen: hier herrscht keine gähnende Langeweile, jeder scheint sich zu amüsieren und auf seine Kosten zu kommen. An alle Bevölkerungs- und Altersgruppen wurde gedacht: Akademiker, Kinder, Touristen auf der Durchreise, Hausfrauen, Schöngeister, Sportler oder Studenten ...

Jede Ausstellung ist ein Kunstwerk für sich, ein Räumelabyrinth, in dem sich Bilder und Geräusche, alte Exponate und Avantgarde-Objekte, Hinweistafeln, Kunstwerke, bunt zusammengewürfelte Gegenstände und die Thematik erhellende Zeitungsartikel zu einem Gesamtbild ergänzen. Kaum hat der Besucher einen Saal betreten, findet er sich schon in einer Art Ali-Baba-Höhle des 21. Jahrhunderts wieder. Beträchtliche finanzielle und organisatorische Mittel wurden aufgebracht, um wirklich jeden Besucher - jeder einzelne wird als Teil der Ausstellung betrachtet, sogar als gleichwertig zu den ihn umgebenden Exponaten - instinktiv und spontan zur entsprechenden Thematik hinzuführen. Dabei helfen uns ergänzende Texte und Zeichen, die alle untereinander durch einen roten Faden verknüpft sind (dem Thema der Ausstellung). Erstaunlicherweise "erschlägt" diese Methode den Museumsbesucher keineswegs: die spielerische Konzeption ermöglicht es jedem, sich ohne offensichtliche Anstrengung einzubringen und unmerklich neue Erkenntnisse zu gewinnen! Vor diesem Hintergrund läßt sich der umwerfende Erfolg dieses ersten "denkenden Museums" der Museumsgeschichte nachvollziehen, mit einer einer Million Besucher im Eröffnungsjahr ... statt der erwarteten dreihunderttausend! Museumsfachleute pilgern von überall her, um dieses Phänomen zu untersuchen und natürlich möglichst am Erfolg anzuknüpfen. Nichts wie hin also! Es wäre ein Jammer, diesen außergewöhnlichen Ort links liegen zu lassen und nicht in dieser der Menschheit gewidmeten "Hexenküche" zu experimentieren.

Rue Sous-le-Cap: bis vor kurzem hausten in dieser Straße noch die Ärmsten der Stadt. Obendrein war dies die schmalste Gasse in ganz Quebec, wenn nicht sogar in Amerika. Jedenfalls sind nur hier jene seltsamen, außen angebrachten hölzernen Treppen und Stege zu sehen. Ursprünglich standen die der Straße zugewandten Häuser so nahe aneinander, dass die obersten Stockwerke mit kleinen Holzbrücken verbunden werden konnten. Heute sind die meisten Behausungen an der abfallenden Seite verschwunden (abgesehen von einer einzigen sowie einigen Mauerresten); lediglich die Durchgänge sind übriggeblieben. Von der Rue des Remparts bietet sich übrigens ein reizvoller Blickwinkel! Die reizvollen, von den neuen Bewohnern - hauptsächlich Antiquitätenhändler - angebrachten Terrassen beachten.


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