St. James´s Park

Body: 

St. James´s Park

Läßt man das Westminster-Viertel hinter sich, so gelangt man zu dem wunderschönen
Queen Anne´s Gate im reinsten Baustil des 18. Jahrhunderts, und dann auf den
Birdcage Walk, dessen Name an die riesige Vogelvoliere erinnert, die König Karl
II. dort konstruieren ließ. Weiter geht es entlang St. James´s, dem kleinsten
Londoner Park, Verbindungsstück zwischen dem politischen Stadtteil Westminster
und der königlichen Residenz, Buckhingham Palace, am Rande des aristokratischen
Viertels Pall Mall, so genannt nach dem französischen Spiel »Paille Maille«
- eine Art Krocket ~, dem hier früher gehuldigt wurde. Von dem winzigen Steg
im St. James´s Park genießt man den Blick auf Buckingham Palace; eine Fahne
kündet davon, wann die Königin zu Hause ist.

Der Zweck des Königtums besteht darin, distanziert zu wirken und dennoch bewundert
werden zu können: »Sein Geheimnis ist sein Daseinsgrund; laßt kein Licht diesen
Zauber zerstören«, schrieb der Historiker Walter Bagehot im vergangenen Jahrhundert.
Andere haben seither gesagt, dass die königliche Familie ein »Königtum im Rolls«
darstelle. Tatsächlich gehört ihr ein märchenhaftes Privatvermögen (allerdings
werden die Einnahmen zum größten Teil für verschiedene wohltätige Zwecke ausgegeben),
wozu noch Spesen in Höhe von eineinhalb Millionen Pfund kommen. Dreihundertfünfzig
Menschen werden in Buckingham vollzeitbeschäftigt. Aber lieben denn die Engländer
nicht den Prunk des »Royal Business«, wie Georg VI. zu sagen pflegte, ob es
sich nun um die Fernsehübertragung der Hochzeit von Prinz Charles und Diana
oder von Prinz Andrew und Sarah Ferguson handelt?

Was die Distanz betrifft, so geht sie bei der jüngeren Generation allmählich
verloren. Prinz Charles ist ein besonderer Fall. Ebenso wie der Sohn von Königin
Victoria, der nach seinen Worten »beschwert mit einer ewigen Mutter« sechzig
Jahre lang warten mußte, bevor er den Thron besteigen durfte, hat auch Charles
ein reifes Alter erreicht, ohne eine bestimmte Funktion oder einen Beruf auszuüben.
Aus diesem Grund ist oft vorgeschlagen worden, dass Elisabeth II. zugunsten ihres
Sohnes zurücktritt, doch würde eine derartige Neuerung die Engländer wohl zu
sehr durcheinanderbringen und womöglich das »wunderbare Geheimnis« des Königtums
schmälern. So ist Prinz Charles allmählich eine Art »volkstümlicher Prinz« oder
Robin Hood geworden; er unterstützt Werkstätten zur Wiedereingliederung von
Drogenabhängigen, Randgruppen und Verwahrlosten, versäumt keine Gelegenheit,
sich zum Anwalt rassischer Minderheiten zu machen und bricht regelmäßig eine
Polemik vom Zaun mit seiner Kritik an den Auswüchsen der modernen Architektur.
Was die jüngeren Mitglieder der Königsfamilie angeht, so findet man sie gelegentlich
in Nachtbars, wo Journalisten ihre einfältigen Äußerungen aufgreifen. Die Sensationspresse
breitet derlei »gewöhnliche« Geschichten wohlgefällig aus, während sie sich
gleichzeitig über die Herabwürdigung des königlichen Amtes empört.