Sydney

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Sydney (Vorwahl 902)

Größere Verwaltungs- und Industriestadt an einem breiten Fluß. Gäbe es hier nicht Unterkünfte, Restaurants und Kneipen, wir zögen sogleich wieder unserer Wege. So nutzen wir die Gelegenheit zu einem kurzen Eintauchen ins städtische Leben, wenngleich man dieses auch als zutiefst provinziell bezeichnen muß, vor (oder nach) dem Erlebnis der unendlichen Weite des Kap Breton. Die Innenstadt ist sogar nicht mal häßlich. Sydney wurde 1785 von amerikanischen Loyalisten gegründet, die der englischen Monarchie verbunden waren und sich mit der Unabhängigkeit ihrer Heimat nicht abfinden konnten. Bis auf den heutigen Tag trifft man in manchen Läden auf das Konterfei der englischen Königin. Ach, wären doch alle Untergebenen auf der Insel ihrem Königshaus so treu ergeben wie die Menschen hier, weit weg von Charles, Diana und mißliebigen Boulevardblättern!

Kost & Logis

Park Place Bed & Breakfast:

Gathering House Bed & Breakfast: bei Jean und Ken Philips, 148 Crescent Street, T. 539-71 72. Wieder in einem Wohnviertel, nur fünf Minuten zu Fuß vom Geschäftszentrum. Die Crescent Street verläuft zwischen Kings Road und Argyle Street, in der Nähe dreier kleiner Seen, gar nicht weit vom Gericht (Court House). Das große viktorianische Gebäude könnte mit seiner Säulenveranda auch in Louisiana stehen. Radler sind besonders willkommen. Nur wenig höhere Preise, was man von außen nicht vermuten würde. Die Aufnahmeformalitäten erledigt eine nette Dame.

Royal Hotel: 345 Esplanade, T. 539-21 48; mitten in Sydney, an der Flußavenue und daher leicht zu finden. Baujahr 1898, frankophone Leitung. Am Eingang ein Elchkopf und ein Titanic-Gemälde. Die altfränkischen Zimmer haben durchaus was und gehen teilweise zur Straße, teilweise aber auch nach hinter hinaus (nachts angenehmer).

Paul´s Hotel: Pitt Street, Ecke Esplanade Avenue; also ganz zentral. T. 562-57 47. Hier scheinen viele Franzosen abzusteigen - liegt wahrscheinlich am Chef des Hauses, Colin, der akadischer Abstammung ist. Durch die Flure weht der Charme der Jahrhundertwende. Zimmer wahlweise mit oder ohne Dusche / WC. Nur eine Nuance teurer als ein B & B.

Daniel´s Bar and Restaurant: 456 Charlotte Street; gemütliches Lokal - zugleich Bar und Restaurant - in der Parallelstraße zur Esplanade Avenue und zum Fluß. Bewirtung von 11-22h. Billardtische, Ventilatoren an der Decke, Musik, Video und ein diskretes Eckchen für Glücksspiele. Serviert werden Suppen, Salate, Natchos, Steaks, Sandwiches und Hummergerichte. Besonderheit des Hauses: Awson Blossom, eine Riesenzwiebel, in Pflanzenöl fritiert.

Einen heben

Smooth Hermans: große Bar unter dem Restaurant Joe´s Warehouse; 424 Charlotte Street. Im unteren Teil der Kneipe eine Bühne für lokale Rockgruppen. Bekanntschaft mit einheimischen jungen Leuten schließt man hier eher am Wochenende.

Anfänge der Telekommunikation am Ende der Welt

Marconi National Historical Site: Timmerman Street, Table Head; in Glace Bay, 23 km nordwestlich von Sydney. Vom 1. Juni bis 15. September täglich von 10-18h geöffnet. Eintritt frei. Das kleine Museum ist G. Marconi; gewidmet, dem "Vater der drahtlosen Kommunikation". Der am 25. April 1874 im norditalienischen Bologna geborene Tüftler träumte schon als Jugendlicher davon, Nachrichten drahtlos übermitteln zu können. In der Schule ein Faulpelz, vom Charakter her Autodidakt: nirgendwo anders als in der elterlichen Scheune unternahm er seine ersten physikalischen Experimente. Dort war er wenigstens ungestört. Wie man es aus schlechten Filmen kennt, brachte es der introvertierte Visionär im Alter von 22 Jahren bis nach London, wo sich die Ingenieure der British Post für seine ersten Erfindungen interessierten. Mehrere Versuchsreihen an der Küste Cornwalls folgten. Dann setzt Marconi zum Sprung über den Großen Teich an ... und landete auf dem Signal Hill; bei Saint John; / Neufundland. Wieso ausgerechnet in dieser Einöde? Ganz einfach deshalb, weil es sich um jenen Punkt der nordamerikanischen Küste handelt, der dem Alten Kontinent am nächsten kommt. Heureka! Am 12. Dezember 1901 konnte Guglielmo (so hieß der begabte Knabe mit Vornamen) das dreiteilige Morsezeichen für den Buchstaben "S" hören, das von der Station Poldhu (Cornwall) übermittelt wurde. Die Sensation war perfekt: zum ersten Mal war es gelungen, zwischen Amerika und Europa, über den Atlantik hinweg, eine Nachricht ohne Draht zu übertragen! Marconi verläßt Neufundland und errichtet hier, in Table Head, seine hohen Metallmasten, mit deren Hilfe im Oktober 1902 die Übertragung einer richtigen, verständlichen Nachricht möglich war. Mit 28 Jahren hatte Marconi also seinen Lebenstraum wahr gemacht, die schnurlose Telegraphie war erfunden. Die Anfänge des modernen Telekommunikationszeitalters liegen demnach hier, am Ende der Welt, auf dem Kap Breton. Treppenwitz der Wissenschaftsgeschichte: angeblich soll Marconi alles andere als ein mitteilsamer, "kommunikativer" Zeitgenosse gewesen sein, eher distanziert, verschlossen, ja hochmütig!


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