Sehenswertes

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Sehenswertes

In der Festung

Nächtigen unmöglich, aber zu beißen gibt´s was:

Maison Destouches: am Hafenkai, mit Blick auf die Bucht. Eignet sich für einen schnellen, preiswerten Imbiß zwischendurch.

Marine Hotel: auf Vordermann gebrachte einfache Herberge aus dem 18. Jh. Die Bedienungen stecken in zeitgenössischen Trachten, was dem Ganzen eine gemütliche Tavernenatmoshäre verleiht (nur den Zigarettenqualm muß man sich dazudenken). Anglo- und Frankokanadier hocken auf Holzbänken um einen runden Holztisch einträchtig nebeneinander. Von den Wänden grüßen ungewöhnliche Graffiti, z.B. Bacchus, auf einer Tonne thronend. Auch die Küche orientiert sich bei ihren Rezepten am 18. Jh.: Suppe, Würstchen mit Kraut, Bohnen, Fisch, Geflügel. Gegessen und getrunken wird aus zinnenen Schälchen, Tellern und Pokalen. Gabeln fehlen, die gab´s damals noch nicht, sondern nur Löffel. Das erschwert die Sache teilweise und entlockt amerikanischen Gästen auf der Durchreise schon mal ein verstohlenes Grinsen. Ist ja fast so exotisch wie in einem Indianerreservat! Geschröpft wird niemand, und wenn man zu einem Schwätzchen mit seinem Tischnachbarn bereit ist, kann man sich richtig wohlfühlen.

L´Épée Royale: schickes Lokal gleich neben dem Marine Hotel, wo schon zu Zeiten der französischen Kolonisten die Vornehmen und Betuchten einkehrten. Vorbildlich bis in kleinste Detail restauriert. Hier lassen wir nur unsere Leser mit guten Manieren rein (Äj Kalle, tuste mir mal den Senf?).

Geschichte zum Anfassen

Festung Louisbourg: auf einer die Bucht von Louisbourg abschließenden Felsnase, 4 km südlich der Stadt. Im Hinterkopf behalten, dass hier von den Sechzigern bis in die achtziger Jahre unseres Jahrhunderts alles rekonstruiert wurde (wer hat denn da wieder unsere einleitenden Bemerkungen überblättert)! In Kanada, ja vielleicht sogar weltweit, das größte Projekt dieser Art. Noch überraschender ist, dass sich die Festung nicht in totem Stein erschöpft, sondern Leben in den Mauern herrscht: über hundert einheimische Kostümierte stellen den Alltag in der Festungsstadt dar - im 18. Jh. immerhin das Symbol für die französische Präsenz in der Neuen Welt! - wie er um 1744 herum ausgesehen haben dürfte. Es ist gerade so, als betrete man eine überdimensionale Filmkulisse, nur dass Kameras und Regisseure fehlen. Eine Reise in die Vergangenheit, so realistisch, dass der Bezug zur Gegenwart seltsam verschwimmt. Zumal die Besichtigung "interaktive" Elemente enthält: jedesmal, wenn wir uns bei einem der "Darsteller" nach etwas erkundigten, lautete die Antwort so, wie sie bei einem Besucher Louisbourgs Anno 1744 angemessen gewesen wäre. Die Wachsoldaten hier wirken mit ihrem Dreispitz völlig natürlich, Schildwachen kommen und gehen durch die Gassen, lassen ihr Tambourin erklingen, verkünden öffentliche Bekanntmachungen wie in der guten alten Zeit - "av‚ l´assent", darf ich bitten! - ergreifen einen entflohenen Häftling und laden ihre Musketen beim Zeremoniell der Wachablösung. Ein paar Schritte weiter, in einem vornehmen Bürgerhaus, spielt eine elegante Dame auf dem Spinett, setzt ein perückenbewehrter Notar mit der Gänsefeder ein Schriftstück auf, backt ein Bäcker Brot wie zu Olims Zeiten und verkauft es an die Touristen, hüpfen und spielen kostümierte Knirpse in den Gärten herum ... Ein Freilichtmuseum also, wie man es sich lebensechter nicht vorstellen kann. Einer Handvoll engagierter Einheimischer ist es zu verdanken, dass die Erinnerung an den wichtigsten Hafenplatz Neufrankreichs und Hauptort der Kolonie Kap Breton wachgehalten wird. Unseren französischen Bekannten hat das ungemein imponiert, und sie waren des Lobes voll. Kein Wunder, können sie sich hier, sechstausend Kilometer jenseits des Großen Teichs, doch so richtig heimisch fühlen. Und mit der Entfernung von Zuhause steigt bekanntlich der Kurs alles Vertrauten. So erinnern die Bootsmasten und dicken Hauswände am Hafen an Saint Malo, die Hafenmauern aus Stein und Holz an La Rochelle. Obwohl nur ein Fünftel der ehemaligen Festungsstadt wieder aufgebaut wurde, ist die Illusion perfekt.

Öffnungszeiten: von Juni bis September täglich von 9.30-17h; im Mai und Oktober zur gleichen Zeit, nur ohne Statisten; während der übrigen Zeit des Jahres ist eine Besichtigung nur im Rahmen einer Führung möglich. Erfreulich niedrig sind die Eintrittspreise: umgerechnet knapp 10 DM für Erwachsene, unter 5 DM für Schüler und Studenten. - Für die Besichtigung der Festung mindestens einen ganzen Tag, besser zwei, vorsehen! - Die Eintrittskarte gilt auch für die obligatorische Anfahrt mit dem Bus vom Visitor Reception Center aus, wo man seinen fahrbaren Untersatz stehenlassen muß, und selbstverständlich für alle Gebäude bzw. Führungen. Ersteht man seine Eintrittskarte erst zwei Stunden vor Toresschluß, darf man am folgenden Tag noch mal umsonst rein. - Visitor Reception Center: sich den Festungsplan besorgen. Einzelheiten sind einer Broschüre zu entnehmen (4 $).

Rundgang durch die Festung: wir versuchen erst gar nicht, alle Sehenswürdigkeiten einzeln aufzulisten, und beschränken uns auf persönliche Highlights:

Residenz des Kommissars und Zahlmeisters Bigot: von hier aus wurde die Kolonie regiert, und hier befand sich auch die Staatskasse. Francois Bigot, höchster Verwaltungsbeamter auf der Ile Royale von 1739 bis 1745, genoß einen ausgezeichneten Ruf und war der letzte Intendant Neufrankreichs. In den sorgfältig restaurierten Räumlichkeiten begegnet man den bereits erwähnten spinettspielenden Dame und dem federschwingenden Notar, der gerade Eintragungen in ein dickes Rechnungsbuch vornimmt.

Haus De la Plagnes: hier läuft ein Film über Louisbourg; zugleich Treffpunkt bei Führungen. Im Garten bauen Darsteller Gemüse an.

Haus Carrerot: sehenswert wegen der damals üblichen Bauverfahren.

Marine Hotel: rekonstruierte Herberge aus dem 18. Jh., wo man wie zur damaligen Zeit verköstigt wird (s.o., Kap. "Essen in der Festung").

Haus De Gannes: lüftet die Geheimnisse der Kochkunst auf offener Feuerstelle und weiht uns in die Spitzenklöppelei ein.

Haus Étienne Verriers: hier logierte der königliche Baumeister. Vater Verrier ist leider verhindert, weshalb sein Sohn, Claude Verrier, die Baupläne der Festung erläutert. Auch bei den Festungsbautechniken steckt der Teufel im Detail.

Königsbastion: Clou der Festung Louisbourg in Gestalt einer Minizitadelle im Inneren der Festungsmauern. In der schönen Kapelle, den Soldatenunterkünften und einem Museum erfährt man Einzelheiten über den Wiederaufbau.

Königliche Bäckerei: nur über Sommer geöffnet; hier erhält man die Tagesration Brot eines damaligen Soldaten.

Ruinenpfad: führt aus der Festung hinaus und schlängelt sich gemütlich zwischen Dünen an der Küste entlang. Zwischen den nicht wiederaufgebauten Mauerresten kann man so richtig tief durchatmen. Los geht´s hinter dem Haus De La Plagne, Nähe Museum.


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