Essen wie ein Grieche

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Essen wie ein Grieche

Die herkömmliche Mahlzeit des Griechen nimmt sich bescheiden aus: gewöhnlich
begnügt er sich mit einem einzigen Gang (im yakhni-Verfahren behandeltes Gemüse,
Fisch, oder seltener, Fleisch) und einem Tomatensalat oder einer Scheibe feta.
Fehlt der Käse, ist er auch damit zufrieden, seinem fai (Hauptgericht) ein paar
Oliven hinzufügen zu könne.

Während der Sommermonate, wenn kaum jemandem der Sinn nach »schweren« Speisen
steht, erfüllt ein khoriatiki genannter Salat (Tomaten, Gurken, feta, Oliven),
reichlich mit Öl angemacht und von einem harzigen Wein begossen, schon ganz
für sich alleine den Griechen mit Freude. Übrigens handelt es sich sehr oft
um einen Gemeinschaftssalat: am Familientisch, ja sogar in der Taverne, bedient
sich jeder aus einer großen Schüssel in der Mitte.

Überall und in allen Lebensumständen essen die Griechen für ihr Leben gerne
mezes (Appetithäppchen): dolmadakia (gefüllte Weinblätter), taramosalata (eine
Art Mayonnaise aus Fischeiern und Brotkrumen), tzatziki (Joghurt mit Gurken
und Knoblauch), ferner die unerläßlichen Oliven und der feta, stehen in Reih
und Glied auf kleine Schälchen verteilt, damit niemand ungeduldig wird. Und
nicht selten ist der erste Hunger schon verflogen, wenn das Hauptgericht hereingetragen
wird.

Fleisch

Seit der Antike liebt der Grieche nichts so sehr wie einen Braten. Man braucht
nur einige Seiten der Ilias und Odyssee zu lesen, um sich dessen bewußt zu werden,
dass nicht allein die Götter vom Duft eines ihnen zu Ehren auf dem Altar gebratenen
Kalbs entzückt waren. Vor den Festungswällen von Troja fanden sich Agamemnon,
Odysseus, Diomedes und die anderen des abends oft um ein sich am Spieß drehendes
Lamm oder einen in der Glut schmorenden jungen Ziegenbock zusammen. Und die
Bewerber um die Hand Penelopes vertrieben sich die Zeit mit Schlemmen, bis die
Frau des Odysseus ihre Entscheidung kundtat. Sie dezimierten kurzerhand die
Schafherde des Königs von Ithaka.

Die Tradition scheint fortzubestehen, denn die Griechen heben sich den Braten
für die Feiertage auf; an ganz normalen Tagen ziehen sie kokinisto (geschmortes
Kalb- oder Lammfleisch mit Tomaten und Kräutersoße), keftedes (Fleischbällchen
mit Brotkrumen, Oregano, Minze und Zwiebeln) oder soutzoukakia, mit Reis angereicherte
Fleischklößchen, vor.

Die größte kulinarische Überraschung indes harrt vielleicht in Gestalt der
kokoretsi (am Spieß gebratene Leber- und Herzstücke in Schafsdarm), boxas (Leberstücke
in Netz vom Schwein) und natürlich eines Lamms bzw. Hammels am Spieß.

Fisch

Gegrillt wird für Fisch in den Tavernen gewöhnlich ein recht hoher Preis verlangt.
Aber es lohnt sich, einmal von den kleinen Rotbarben, den mit skordalia (einer
Art Knoblauchmayonnaise mit Brotkrumen) servierten xifias (Schwertfischfilets)
oder den fritierten calamarakia (kleinen Tintenfische) zu kosten. Was die Restaurants
anbelangt, merklich preiswerter als die Tavernen, so führt deren Speisekarte
psari plaki (gebackener Fisch mit oder ohne Tomatensoße), marides (fritierter
Fisch) oder bakaliaros tiganitos (panierter und fritierter Stockfisch).

Spezialitäten und Traditionsgerichte

Zwar erfreut sich moussakas (abwechselnd Auberginen- und Hackfleischschichten
mit Béchamelsoße) des höchsten Bekanntheitsgrads, ist aber deshalb nicht unbedingt
das beste und leichteste Gericht. Imam baïldi-Auberginen (aus dem Ofen, gefüllt
mit Zwiebeln, Tomaten, Petersilie und Knoblauch) sind origineller, sprechen
auch den feineren Gaumen an und gefährden weniger die Linie!

Im Gegensatz zu »Champignons auf griechische Art« - eine Vorspeise, die mit
Griechenland nur ihren Namen gemein hat und so wie der syrtaki nur außerhalb
des Landes anzutreffen ist - stellen Artischocken auf griechische Art eine leckere,
landestypische Mahlzeit dar. Gereicht zu jungen Erbsen, grünen Bohnen, Zwiebeln
und einigen Kartoffeln, verströmen sie einen feinen Duft, was auf Dillsoße und
den mit etwas Pfeffer gewürzten Zitronensaft zurückgeht.

Nicht zu vergessen das griechische Nationalgericht, die fassolada (Trockenbohnen
in roter Soße, abgeschmeckt mit Sellerie und Karotten): das besonders nahrhafte
Gericht wird unter den einfachen Leuten hoch geschätzt, sollte vorzugsweise
aber im Winter genossen werden.