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Frauen an die Urnen

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Zeitungskampagnen und zerschlagene Fenster

Ziel: Das Wahlrecht für Frauen

Von den Iren im Stich gelassen

1876 hatte Anna Haslam, eine Quäkerin, den Verein für weibliches Wahlrecht (Dublin Women’s Suffrage Association) gegründet. Mit gewaltlosen Mitteln (Petitionen, Zeitungsartikel) gelang es dieser Gruppe, für die Frauen das Wahlrecht bei Lokalwahlen zu erstreiten, sowie bei den Kommissionen, die die Armenfürsorge kontrollierten. Fehlten nur noch die Parlamentswahlen ...

Manche der Frauen wünschten sich aktivere Methoden, und 1908 gründeten Hanna Sheehy Skeffington und Margaret Cousins die Irish Women’s Franchise League. Nach dem Vorbild der englischen Frauenrechtlerinnen und insbesondere dem der Pankhursts veranstalteten sie Treffen: 1909 wendete sich Christabel Pankhurst in Dublin an eine Menge von mehr als dreitausend Menschen. Drei Jahre später gründeten Louie Bennett und Helen Chevenix ihrerseits die Irish Women’s Suffrage Federation, um die verschiedenen übers Land verstreuten Mitstreiterinnen zu vereinen.

Die Kampagne sollte gewaltfrei und unpolitisch sein, doch in den Augen der irischen Nationalisten handelte es sich um eine „englische“ Kampagne, und manche Frauen aus diesem Lager weigerten sich, daran teilzunehmen.

Von 1912 bis 1920 (als die berüchtigten Black and Tans die Druckerpressen zerstörten) hatte die Frauenrechtsbewegung ihre eigene Zeitung, den Irish Citizen, dessen Chefredakteur Francis Sheehy Sheffington war, ein sozialistischer Schriftsteller, überzeugter Pazifist und Feminist, der, als er Hanna Sheehy heiratete, bewußt den Namen seiner Frau angenommen hatte.

Als der Gesetzentwurf für den Home Rule vorbereitet wurde, versuchten die irischen Frauenrechtlerinnen, darin einen Artikel über das Wahlrecht für Frauen unterzubringen. Doch die irischen Abgeordneten in Westminster, die befürchteten, so den Erfolg des Home Rule zu gefährden (und im Übrigen zu großer Mehrheit gegen ein Wahlrecht für Frauen waren), stimmten dagegen. Die Aktivistinnen empfanden dies als Verrat, und einige unter ihnen beschlossen, sich mit Gewalt aufzulehnen: Am 13 Juli 1912 griffen acht mit Stöcken bewaffnete Frauen frühmorgens offizielle Gebäude an – das Zollhaus, das Schloß von Dublin und die Hauptpost -, wobei sie alle Fensterscheiben auf ihrem Weg zertrümmerten. Hanna Sheehy Sheffington, die zeitgleich mit den anderen gefaßt wurde, berichtet, dass sie von einem Beamten heftig am rechten Handgelenk gepackt wurde; doch da sie Linkshänderin war, gelang es ihr mit ihrer freien Hand, einigen Schaden anzurichten, ehe sie fortgeschleppt wurde ...

Im Irish Citizen vom 12. April 1912 schrieb eine Vorkämpferin, Miss Majorie Hasler, bereits:

„Wir lieben das Einschlagen von Fensterscheiben nicht mehr, als Männer es lieben, Schädel zu zertrümmern; aber mir scheint, dass in beiden Fällen eine sehr starke Überzeugung dahintersteckt, dass etwas zertrümmert werden muß, um ein Unrecht wieder gutzumachen.“

  • Die Black and Tans waren Paramilitärs, die die britischen Streitkräfte in Irland unterstützen sollten. Viele von ihnen waren Veteranen des 1. Weltkriegs. Ihre Brutalität trat in den Jahren 1920-1921 klar zutage. Noch heute gebraucht man in Irland den Ausdruck „Black and Tan" oder „Tan", um Engländer abschätzig zu bezeichnen.