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Eine archetypische Reise

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Eine archetypische Reise

Die ausländische Literatur beginnt zunächst bei den Berichten Forschungsreisender, deren älteste Zeugnisse weit in das menschliche Gedächtnis zurückreichen. Bereits bei Homer scheint die ägyptische Fatamorgana durch. Von Euripides erfährt man später, dass die schöne Helena sich wegen des Trojanischen Krieges beim König Proteus aufhielt.

Von Plato will die Überlieferung wissen, er habe seine Ägyptenreise als eine Art Pilgerfahrt zu den Quellen der Weisheit verstanden. In den sokratischen Reden und platonischen Dialogen jedenfals wird dem Land ein unbestrittener Ehrenplatz eingeräumt, denn es verkörpert zugleich ein archetypisches Gesellschaftsmodell und den Ort, an dem die Schrift erfunden wurde. Herodot endlich brachten seine ethnographischen Ambitionen dazu, als erster einer langen Reihe griechischer und später römischer Historiker die geschichtliche und religiöse Realität dieses Landes genauer zu erforschen; ein Land, dessen Schriftkultur und Tierverehrung sie gleichermaßen faszinierten und erschreckten; ein Land, das ihnen als die Wiege der Zivilisation erschien. Wir verdanken ihnen die Überlieferung von Beobachtungen vor Ort sowie von Erlebnisberichten ägyptischer Informanten.

Dies war es wohl auch – abgesehen von seinem grenzenlosen Eroberungsdrang – was Alexander nach Ägypten lockte und in ihm den Wunsch wachrief, sich vom Zeus-Amun-Orakel in der Siwa-Oase als Gottessohn proklamieren zu lassen. Denselben Traum nährte Bonaparte, der es seinem berühmten Vorbild gleichtun wollte. Aber zwischen diesen beiden reißt die Karawane der Reisenden nicht ab. Kreuzfahrer und Pilger auf dem Weg nach Jerusalem machten dort Halt, nicht immer freiwillig, wie das Beispiel Ludwigs IX. zeigt: ihn ließ man in einem Verließ in Mansura dahinschmachten. Wieder andere trieb einfach die Neugier, so Jean Thévenot im 17. und Paul Lucas im 18. Jh., oder die wissenschaftlichen Expeditionen eines Karsten Niebuhr ebenfalls im 18. Jh. Damals hielt man die Pyramiden für Josephs Kornspeicher; in Sakkara deckte man sich mit pulverisierten Mumien ein, denen man unglaubliche Heilkräfte zutraute; die geheimnisvollen Hieroglyphen boten Anlaß zu den wildesten Interpretationen – man denke nur an den Jesuiten Athanasius Kircher, der seiner geistigen Verwandtschaft mit Hermes Trismegistos alle Ehre machte.

In der deutschen Literatur, die sich mit Ägypten beschäftigt, ist für das 19. Jh. vor allem Mechmed Alis Reich von Fürst Pückler-Muskau, 1785-1871, zu erwähnen. Der im letzten Jahrhundert vielgelesene Reiseschriftsteller hat seine persönlichen Begegnungen mit Mohammed Ali in einem amüsanten Schreibstil gekonnt beschrieben. Der Bericht seiner Ägyptenreise bietet höchsten Lesegenuß. Zur selben Zeit erschien die Reisebeschreibung der Gräfin Ida von Hahn-Hahn; nach all den vielen Männerberichten endlich eine Frauensstimme, die sich zu Ägypten zu Wort meldet.

Das zwanzigste Jahrhundert ist durch Ingeborg Bachmann vertreten: Der Fall Franza aus dem Todesarten-Zyklus.