Barris

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Die Barris: Die Viertel von Barcelona

Barcelona-Zoom

Barcelona liegt zwischen den »Collserola«-Bergen und dem Mittelmeer eingebettet und von zwei Flüssen eingezwängt – wenn diese überhaupt diese Bezeichnung verdienen: dem »Besós«, ein dünnes, vom Stadtteil »Sta. Coloma« auslaufendes Rinnsal im Norden, und dem »Llobregat«, einem toten Industriefluß im Süden. Der alte Stadtkern am Meer wurde in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit den im Umkreis von Barcelona liegenden und von der Metropole unabhängigen Dörfern verbunden. Dies über eine monumentale, planmäßige Stadterweiterung mit rechtwinkligem Straßennetz und immer gleichgroßen Häuserblocks, dem sogenannten »Pla Cerdá«. Dadurch wurden diese langsam in das Stadtgewebe aufgenommen und verwandelten sich in die heute für ihre Buntheit und eigene lebendige Stadtteilkultur beliebten »barris«, die alle ihren eigenen Charakter besitzen, obgleich vollkommen in die Stadt integriert. Eigentlich besteht Barcelona, wenn man von der »Eixample« und einigen Luxusvillenvierteln am oberen Ende absieht, gänzlich aus solchen »barris«.

Im Folgenden eine kurze Beschreibung jedes dieser Viertel. In dem Maße, in dem sie Sehenswertes und Monumente beinhalten, werden sie schon im Kapitel Sehenswert, »Rundgänge«, näher unter die Lupe genommen.

Gràcia

»Gràcia« ist ein Viertel mit kleinen Straßen und vielen Plätzen. Es entstand als Dorf im letzten Jahrhundert, als kleine Gäßchen und Straßen diese als Wohneinheiten angelegten Plätze untereinander verbanden. Zu jener Zeit war »Gràcia« ein Arbeiterviertel mit einer starken Arbeiterbewegung. Überall standen die Lokale der verschiedenen Anarchisten- und Gewerkschaftsverbände. Die »Casals de Cultura« waren Mittelpunkte öffentlicher und kostenloser kultureller Veranstaltungen für jedermann. Die Einwohner des Viertels konnten sich auch an Theateraufführungen oder Poesievorlesungen aktiv beteiligen. Für eine Weile schien hier die sozialistische Utopie ausgebrochen zu sein. Auch heute noch ist der besondere Hauch dieses Viertels zu spüren, das außer den »graciencs« großenteils junge Menschen bewohnen. Darunter auch viele ausländische Künstler, die in der bohemehaften Atmosphäre dieses bar-, kneipen- und restaurantgespickten Viertels untertauchten. Im Sommer sind die Straßen und vor allem die Plätze besonders belebt, und das beliebte Stadtteilfest wird Treffpunkt aller in der Stadt Zurückgebliebenen.

Barceloneta

Dieses Viertel wurde von dem französischen Militärarchitekten Prosper Verboon, nach dem Auftrag des absolutistischen Herrschers und Barcelona-Besiegers Philipp V. errichtet, und zwar als Bleibe für all die durch den Bau der Zitadelle, dem ein ganzer Teil des »Ribera«-Viertels zum Opfer gefallen war, obdachlos gewordenen Fischerfamilien. Es wurde als planmäßiger und übersichtlicher Stadtteil auf einer einige Jahrhunderte zuvor bei Ausgrabungsarbeiten des Hafenbeckens entstandenen Landzunge errichtet.

Heute ist »Klein-Barcelona« für sein Fischerambiente und die stadtbekannten Fischrestaurants beliebt. Auf seinen engen Straßen begegnet man den kleinen Wohnungen der hier unter ziemlich erbärmlichen Bedingungen lebenden Fischerfamilien und auch einer prächtigen Barockkirche auf dem »Barceloneta-Platz« Die Restaurants reihen sich auf dem bis an den »St. Sebastiá«-Turm der Hafengondelbahn herabführenden »Passeig Nacional« und in den kleinen Gassen gleich hinter dem Strand. Die meisten fielen dem olympischen Säuberungsprojekt zum Opfer, da sie Teile des öffentlichen Strandes einnahmen.

Auf der hinteren Seite der »Barceloneta« beginnt die lange Strandpromende, die den Hausstrand Barcelonas säumt und bis an den Rand des Stadtbezirks am »Besós«-Fluß reicht. Diese lange Promenade kann mit dem »Moll de la Fusta« über den »Passeig Nacional« verbunden werden und ermöglicht so einen vier oder sieben Kilometer langen Spaziergang am Meer entlang, je nachdem ob man noch die »Rambla Catalunya« und die »Ramblas« hinzuzählt. Der »Barceloneta«-Strand wurde in den letzten Jahren gesäubert – Wasser und Sand – und für die Stadt zurückgewonnen und wird zu jeder Zeit, aber besonders im Sommer, von den Barcelonesen zum Sonnen und Baden gerne genutzt.

Sants

Ehemaliges Dorf, im 18. Jh. industrialisiert, später Groß-Barcelona einverleibt und zu Anfang unseres Jahrhunderts, genauso wie »Gràcia«, wichtiger Schauplatz der Arbeiterbewegung. Heute ist es in der Umgebung des alten Hauptbahnofs »Sants«, mit der »Plaça dels Països Catalans« und dem »Parc de la Espanya Industrial«, ein Mittelpunkt moderner Stadtplanung geworden. Die Hauptstraße des Viertels, die Ausfallstraße »Carretera de Sants«, ist die längste Geschäftsstraße Barcelonas und am Wochenende geschäftig und lebhaft. Ansonsten hat dieses Viertel abgesehen von seinen zwei Markthallen wenig für uns auf Lager.

Sarriá

Einst ein Dörfchen an den Ausläufern der »Collserola«-Berge, gewachsen im Verlaufe der Jahrhunderte um die hier von altersher ansässigen, weltabgeschiedenen Klöster. Obschon heute mit den Wohlstandsvierteln »Pedralbes« und »Bonanova« zusammengewachsen, ist in einem Teil von »Sarriá« noch das alte Dorf mit seinen schönen Plätzchen, Häusern und Kirchen zu erkennen. Allen zu empfehlen, die so weit hinausgekommen sind – hierhin führt die »Sarriá«-Linie der FFCC-U-Bahn – ist die Barockkirche an der »Plaça de Sarriá« am oberen Ende der Hauptstraße mit dem dazugehörigen Plätzchen »Placeta del Roser«, die alten Häuserpassagen wie die des »Passatge Mallofré«, der für seine botanische Vielfalt bekannte Park »Quinta Amelia« und natürlich das Kloster »Pedralbes«, das inzwischen die renommierte Thyssen-Gemäldesammlung beherbergt – siehe Sehenswert, »Weitere Monumente«. Montjuïc

Hausberg der Stadt und auch ihr privater Olymp, da hier der wichtigste Teil der Olympiaanlangen untergebracht ist. Ansonsten sind auf diesem Berg ein Vergnügungspark, das Kastell, der »Magische Brunnen« und das von der Expo von 1929 vererbte Messegelände, mehrere Museen, die sehenswerte Regionalarchitekturreplik des »Spanischen Dorfes«, ein großer botanischer Garten, Paläste, Aussichtspunkte und mehrere Parks zu finden. Die Barcelonesen verbringen gerne ihre Freizeit auf diesem noch grünen Berg, der unter anderem auch einen schönen Blick aufs Meer und das südliche »Llobregat«-Delta freigibt.

An seinem Fuße paßt sich das Arbeiterviertel »Poble Sec« harmonisch den auslaufenden Hängen des »Montjuïc« an. Es hat nichts zu bieten, und die Atmosphäre ist auch nicht gerade die gesundeste.

Vila Olímpica

Ebenfalls am Meer gelegen ist der letzte und als Unterkunft während der Olympischen Spiele für Athleten und Presse angelegte Stadtteil Barcelonas. Es wird noch einige Jahre dauern, ehe dieses auf dem Reißbrett entworfene, größtenteils noch leerstehende Viertel richtig zum Leben erwacht. Es wurde als zukunftweisendes und modernes Wohnviertel mit Blick aufs Meer von den besten Architektenteams Barcelonas geschaffen und mit modernen Einkaufszentren, Park- und Strandanlagen, sowie auch Strandpromenade, einem vornehmen Sporthafen, der mittlerweile zum neuen Modetreff avancierte, Luxushotel, Bürogebäude und einem Gotteshaus an Barcelonas neuer Uferzone angelegt.

Sein Wahrzeichen sind zweifelsohne die aus jeder Ecke in der Stadt erkennbaren und jedes andere Gebäude überragenden neuen High-Tech Zwillingstürme und gleichzeitig auch Frank Gehrys monumentale Fischskulptur. Die Vila Olímpica ist z. Z. ein beliebter Freizeittreff der Barcelonesen und gleichzeitig auch ein neues und mondänes Nachtlokalzentrum.

Außer diesen existieren in Barcelona noch andere Viertel, die aber für den Touristen entweder zu abgelegen oder ohne Belang sind und hier unbesprochen bleiben. Anderseits sind die Altstadt und ihre verschiedenen Teile im Kapitel Sehenswert, »Rundgänge«, eingehend behandelt worden.