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Ammassalik

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Ende der Inuit?

Kalte grönländische Ostküste

Selbstzerstörung im grünen Land

Der Inselname wirkt wie Spott. Grönland, "Grünes Land" tauften Wikinger die Insel, auf der sie um das Jahr 1500 etwa fünfhundert Jahre lang siedelten, bis sie ausstarben. Ab und an entdeckt man noch halbverfallene Siedlungen. Vor, während und nach ihnen lebten die Inuit in Grönland, die mutig den eisigen Temperaturen trotzen. Wer hier lebt, lernt Geduld. Schmilzt das Eis diese Woche nicht, warten wir eben auf die nächste. Oder auf den nächsten Monat. Der (kurze) Sommer kommt bestimmt.

Inuit nennen die Ostküste Grönlands "Hintern" (Tunu) und behandeln sie manchmal auch so: 1970 schlug jemand nach dem Sturm Piteraq vor, die Außenstelle einfach aufzugeben. Erst 1884 kam Gustav Holm als erster Däne nach Ammassalik (damals 314 Einwohner), ein Jahrzehnt später errichteten die Dänen dort eine Handelsstation und Mission.

In den 1950ern begannen die Dänen mit dem Ausbau von Ammassalik. Heute erblickt man dort farbige Holzhäuser mit Satellitenschüsseln (Wohlstandssymbol). Einige Dänen blieben als Oberschicht in der Stadt, andere reisten wieder ab, weil sie die Sprache nicht verstanden.

Hier an der Ostküste herrscht oft Trübsinn, besonders im langen Winter. Dann gibt´s wenig Arbeit, und die Einwohner flüchten sich in Stumpfsinn. Wen wundert´s, wo doch binnen Jahrzehnten die uralten Rituale an Bedeutung verloren? Selbstzerstörung, Drogen und Gewalt prägen das Leben - hier wie bei anderen Inuit. Pro dreitausend Einwohner ereignen sich in Ammassalik drei Morde, was zehnmal mehr sind als in deutschen Metropolen. Jeder dritte Mann verliert das Leben durch Unfall, Mord oder Selbstmord. Das Bildungsniveau ist gering, die Arbeitsmoral ebenfalls.

Die Jagd hat durch Tierschutzbewegungen natürlich an Bedeutung verloren, kaum jemand kann noch von ihr leben. Der Tourismus, als Erwerbsankurblung gedacht, stellt sich als zweischneidiges Schwert heraus. Freilich lässt sich die Entscheidung zur Tourismusförderung der dänischen Regierung nachvollziehen, der die teuren Unterstützungen Grönlands lästig wurden. Die Touristen freuen sich über Gletscher und Fjorde, weiße Weiten, Schlittenhunde … Aber vermutlich schleppen sie den Grönländern noch mehr Probleme ins Land, als Entdecker und Zuwanderer ohnehin schon mitbrachten.