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Die Finnen

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Die Finnen

Ab in die Sauna

Woher sie kommen, weiß niemand so recht zu sagen. Aller Wahrscheinlichkeit nach von der Ostküste der Ostsee, wo die Wiege der finnisch-ugrischen Bevölkerung vermutet wird, was die sprachliche Verwandtschaft ja nahelegt.

Später sollten sich Menschen aus Schweden unter die Ureinwohner mischen. Wie auch immer, heute zählt Finnland 5 Mio. Einwohner, 15 pro km2, und von denen leben 60 % in Städten. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich die Finnen eine unverwechselbare Persönlichkeit und Kultur zugelegt. Dabei mußten sie sich ständig gegen territoriale Begehrlichkeiten ihrer Nachbarn wehren, besonders der Russen, und hatten mehrere Jahrhunderte unter dem Joch der Schweden zu leiden. Dennoch fanden sie die Zeit, ihrer kuturellen Eigenständigkeit Kontouren zu verleihen und an einem ausgeprägten Unabhängigkeitssinn zu zimmern. Zwischen zwei hartnäckigen Werbern eingezwängt, blieb ihnen nichts anderes übrig, als beiden einen Korb zu geben, mit anderen Worten: als sich standhaft zu weigern, sich den Lebensstil der Schweden oder Russen aufzwingen zu lassen. Daraus ergab sich die natürliche Grundhaltung der Finnen: nationalistisch angehaucht, bisweilen schüchtern, stets jedoch überraschend freundlich und höflich. Sicher braucht´s seine Zeit, bis das Eis geschmolzen ist – wen wundert´s in diesen Breitengraden? – bis man mit den Finnen wirklich ins Gespräch kommt, herzensguten Leuten, die ihr Temperament jedoch auf kleiner Flamme kochen und deren Charakter alles Verschwenderische und Ausschweifende fremd ist. Ihr Individualismus, nicht als persönlicher Makel zu verstehen, erklärt sich aus der ganz banalen Tatsache, dass die Finnen häufig auf sich alleine gestellt sind, besonders im Norden. Das Wort Einsamkeit besitzt für sie also eine ganz andere Qualität. An beinharte, endlose Winter gewöhnt, sich in nicht enden wollenden, stillen Ebenen heimisch fühlend, schöpfen die Finnen ihre Lebenskraft aus dem Alleinsein, aus dem innigen Zwiegespräch mit der Natur. Uns Mitteleuropäern scheint die natürliche Umwelt oft im Gegensatz zur Stadt zu stehen. Nicht so in Finnland. Hier verliert der Bürger niemals den Kontakt zu seinem eigentlichen Element. Rufen wir uns doch nur in Erinnerung, was der mittlere Angestellte nach Büroschluß im Winter zu tun pflegt: er schwingt sich auf seine Langlaufskier und zieht ein bis zwei Stunden lang seine Spuren durch Parks, keine Viertelstunde vom Stadtzentrum, um frische Luft zu tanken. Seine unabhängige Wesensart wie ein Banner vor sich hertragend, den Seinen nahe aber häufig allein (ausgenommen die wenigen Großstädte), verfolgt unser idealer Finne seinen Weg zur Identifikation. Nur zu oft bekommt man als Antwort auf die Frage, ob er denn Schwede sei, zu hören: »Nein, ich bin Finne« ... um sogleich hinzuzufügen: »Nun ja, das ist eigentlich dasselbe«. Greifen wir also nicht daneben und zeigen wir unseren Gastgebern, dass wir den Unterschied sehr wohl begreifen. Sie werden es uns zu danken wissen. Wo man die Einheimischen am besten kennen und verstehen lernt? In der Sauna! Hierbei handelt es sich nämlich um ihre liebste Freizeitbeschäftigung. Und dann erwärmen sie sich auch für die Kultur ihrer südwestlichen Nachbarn jenseits der Ostsee. Kontakte knüpfen, Freundschaft schließen – keine Hexerei! Man muß es nur wollen.


Finnlands neue Parkbänke

Zum Thema Berührungsängste der Finnen passt vielleicht das hier:

Eine neue „Erfindung“ des liberalen Stadtrats Sture Gadd in Helsinki soll den Sonntagsspaziergang der Finnen angenehmer machen. Die alten Bänke mit theoretisch drei Sitzplätzen sollen nun durch kleinere ersetzt, die vorhandene Anzahl der Plätze auf mehr Bänke verteilt werden. Grund für diesen Vorschlag ist das Sozialverhalten der Finnen in der Öffentlichkeit: sich die Bank mit einem Fremden zu teilen, wird als unbeliebt erachtet, lieber wartet man, bis eine Bank frei wird. (Eine Ausnahme bildet da bemerkenswerterweise die Sauna ...)

Angeblich ist es ziemlich unfinnisch, nach einem freien Platz zu fragen, zumindest empfindet das BZ-Skandinavienkorrespondent Hannes Gamillscheg so. In südlicheren Ländern sei man viel eher bereit, sich zu Mehreren nebeneinander zu quetschen und womöglich sogar ein Gespräch zu beginnen. Das kann ich zwar aus eigener Erfahrung nicht uneingeschränkt bestätigen – selbst in finnischen Bussen kann man auf überaus redselige Sitznachbarn stoßen - aber dass die neue Idee aus Helsinki kommt und nicht aus Rom, liegt wohl wirklich nicht nur an der Höhe des Parkbankbudgets ...

Das neue Sitzmodell wird inzwischen auf der Ausflugsinsel Kulosaari auf Akzeptanz getestet. Die kleinen Bänke bieten gerade genug Platz für zwei sich nahestehende oder einen einzelnen Menschen und sollen dadurch mehr Parkbesuchern Sitzplatz ohne erzwungene persönliche Nähe bieten. Dieses Modell könnte durchaus auch in Deutschland ein Kassenknüller werden.

Den Jugendlichen, die in Finnland wie in Deutschland gerne in größeren Gruppen umherziehen, wird diese Idee nicht sonderlich gefallen, aber das wird bei Parkverwaltungen sicher als positiver Nebeneffekt gehandelt.